Zivilrecht

Kaufrecht

Minderung & Schadensersatz

Minderung des Kaufpreises bei unerheblichem Mangel

Minderung des Kaufpreises bei unerheblichem Mangel

9. Mai 2025

12 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Senior-Partner P kauft bei Mercedes-Händler M einen neuen Mercedes-AMG G 63 zum objektiven Wert von €200.000. Zu Hause angekommen bemerkt er, dass an einer Felge ein 1cm langer oberflächlicher Kratzer ist, dessen Behebung €50 kosten würde und den Wert des Autos um €50 mindert. Die von P gesetzte Frist verstreicht fruchtlos.

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Einordnung des Falls

Minderung des Kaufpreises bei unerheblichem Mangel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer unter weiteren Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten (§§ 437 Nr. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer nach den §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten (§ 437 Nr. 1 BGB). Dieser Rücktritt setzt grundsätzlich voraus, dass der Käufer (1) eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist, (2) den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB) und (3) der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB). Der Rücktritt ist kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsrecht, welches durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausgeübt wird. Der Vertrag wandelt sich nach wirksamer Ausübung des Rücktrittsrechts in ein Rückgewährschuldverhältnis um, aus welchem dann Ansprüche folgen..
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2. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt liegen vor (§§ 437 Nr. 2, 323 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Rücktritt setzt grundsätzlich voraus, dass der Käufer (1) eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist, (2) den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB) und (3) der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB). Der Rücktritt ist aber ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung (= Sachmangel) unerheblich ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Bei behebbaren Mängeln ist ein Beseitigungsaufwand bis zur Höhe von 5% des Kaufpreises in der Regel unerheblich. Hier beträgt der Beseitigungsaufwand 0,025%, der Mangel ist also unerheblich und der Rücktritt ausgeschlossen.

3. Statt zurückzutreten kann der Käufer auch den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2, 441 BGB).

Ja!

Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern (§ 441 Abs. 1 S. 1 BGB). § 441 Abs. 1 S. 1 BGB knüpft das Minderungsrecht an das Rücktrittsrecht an. Zur Begründung eines Minderungsrechts müssen also die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts nach §§ 437 Nr. 2, 323 BGB bzw. §§ 326 Abs. 5 iVm 323 BGB vorliegen. Das Minderungsrecht ist wie das Rücktrittsrecht ein Gestaltungsrecht, das durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausgeübt wird.

4. P könnte wirksam mindern (§ 437 Nr. 2, 441 BGB).

Genau, so ist das!

Die Minderung setzt voraus (1) einen Minderungsgrund, (2) eine Minderungserklärung und (3) keinen Ausschluss. Der Minderungsgrund verlangt dabei, dass die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts erfüllt sind (§§ 323, 326 Abs. 5 BGB). Ein Minderungsrecht besteht jedoch auch dann, wenn ein Rücktrittsrecht wegen 323 Abs. 5 S. 2 BGB wegen Unerheblichkeit des Sachmangels ausgeschlossen ist (§ 441 Abs. 1 S. 2 BGB). Denn durch den Ausschlusstatbestand soll nach dem Grundsatz der Vertragserhaltung lediglich die Vertragsauflösung, nicht aber die Minderung ausgeschlossen werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GO

GO

29.12.2023, 19:15:50

Hier besteht auch neben der Minderung ein Anspruch auf den kleinen

Schadensersatz statt der Leistung

aus §§437 Nr.3, 280 I, III, 281 iHv 50 Euro wegen den Reparaturkosten. Richtig?

LELEE

Leo Lee

30.12.2023, 13:14:01

Hallo GO, ein kleiner SE ist immer möglich neben der Minderung, da das Äquivalenzverhältnis durch diese Art von SE nicht berührt wird (insofern kommt der § 325 zur Anwendung, da man mindert „statt“ zurückzutreten). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von Müko-BGB 8. Auflage, Westermann § 441 Rn. 3 sehr empfehlen, in der auch der mittlerweile berühmte Fall des BVerfGs zur Minderung +

Schadensersatz statt der Leistung

teilw. Besprochen wird :). Einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht dir das Jurafuchsteam!

GO

GO

30.12.2023, 19:01:32

Super, vielen Dank für die schnelle Antwort! Euch auch einen guten Rutsch ins neue Jahr:D!

LO

Lorenz

17.4.2025, 15:04:58

Ganz so einfach ist es nicht. 280 erfordert nämlich ein Vertretenmüssen. Davon ist hier nicht die Rede.

ajboby90

ajboby90

30.4.2025, 10:43:53

Aber moment mal, dann würde er doch zweimal 50 Euro bekommen. Einmal durch die Minderung und dann noch als SE? Das kann doch nicht sein.

LO

Lorenz

30.4.2025, 10:50:31

Neben im Sinne von

Anspruchskonkurrenz

. Aber durchgehen würde nur einer. Wenn er gemindert hat, fällt der

Schaden

im 280 weg. Aber nochmal: ohne Vertretenmüssen, geht der 280 ohnehin nicht. Wenn der Gegner die PV aber zu vertreten hat, ist regelmäßig SE besser, da z.B. auch der entgangene Gewinn erfasst wird.

ajboby90

ajboby90

30.4.2025, 11:09:21

Danke. Aber zum

vertreten müssen

- es wird doch vermutet, daher sind keine besonderen Angaben im SV nötig.


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