Einführungsfall: Schadensersatz statt und neben der Leistung

19. Mai 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K kauft von V einen Zuchtkater. Dieser leidet unter einer Pilzinfektion und steckt Ks restliche Katzen an. K bringt alle Tiere zum Arzt. Die tierärztliche Behandlung des Katers kostet €200, die Behandlung Ks übriger Katzen kostet €1.000.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall: Schadensersatz statt und neben der Leistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Art des Schadens ist entscheidend für die Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage im Leistungsstörungsrecht.

Ja, in der Tat!

Grundtatbestand ist § 280 Abs. 1 BGB. Ob zu den dort geregelten Voraussetzungen, noch weitere treten, bestimmt sich maßgeblich nach dem eingetretenen Schaden. Beeinträchtigungen des Leistungsinteresses (Schaden statt der Leistung) sind nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 3, 281-283 BGB bzw. § 311a Abs. 2 S. 1 BGB ersetzbar. Diese sollen den Schuldner davor schützen, dass der Gläubiger ihn vorschnell auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Sie dienen damit der Sicherung des Vorrangs des Anspruchs auf Erfüllung. Bei Beeinträchtigungen des Integritätsinteresses (Schaden neben der Leistung) bedarf es dagegen - außer beim Verzögerungsschaden (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB) - keiner weiteren Voraussetzungen.In der Klausur ist für jede Schadensposition gesondert zu ermitteln, ob ein Schaden statt oder neben der Leistung vorliegt!
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2. Bei den Kosten für die Behandlung des Katers handelt es sich um einen Schaden statt der Leistung.

Ja!

Zum Schadensersatz statt der Leistung gehören nach h.M. alle Schadensposten, die durch eine Nacherfüllung im letztmöglichen Zeitpunkt entfallen würden.Die Krankheit des Katers stellt eine Schlechtleistung in Form eines Mangel (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB nF = übliche Beschaffenheit) dar. Hätte V den Kater selbst behandeln lassen, so wären K hierfür keine Tierarztkosten angefallen. Bei den aufgewendeten €200 handelt es sich somit um einen Schaden statt der Leistung.

3. K kann die Behandlungskosten des Katers in Höhe von €200 nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB als Schaden statt der Leistung ersetzt verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Wechsel von der Erfüllung zum Schadensersatz statt der Leistung ist nur möglich, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB, auch die besonderen Voraussetzungen des jeweiligen Tatbestandes erfüllt sind. Im Falle der Schlechtleistung (§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB) muss eine vom Gläubiger gesetzte, angemessene Nachfrist erfolglos abgelaufen sein.K hat den Kater direkt zum Tierarzt gebracht und V keine Frist gesetzt. Dadurch hat sie V die Möglichkeit genommen, nachzuerfüllen. Mangels Fristsetzung ist ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen.

4. Bei den Kosten für die Behandlung der anderen Katzen handelt es sich um einen Schaden statt der Leistung.

Nein, das trifft nicht zu!

Zum Schadensersatz statt der Leistung gehören alle Schadensposten, die durch eine Nacherfüllung im letztmöglichen Zeitpunkt entfallen würden.Selbst wenn V den Kater noch behandeln ließe, würde dadurch die Pilzinfektion der übrigen Katzen nicht mehr geheilt.

5. Bei den Kosten für die Behandlung der anderen Katzen handelt es sich um einen Schaden neben der Leistung.

Ja!

Zum Schadensersatz neben der Leistung gehören alle Beeinträchtigungen der Rechtsgüter des Gläubigers, die auch bei einer Leistungserbringung zum spätestmöglichen Zeitpunkt nicht mehr entfielen.Auch wenn V den Kater hätte behandeln lassen, so wären dadurch die übrigen Katzen nicht gesund geworden.Der Schadensersatz neben der Leistung tritt neben den Erfüllungsanspruch. Da der Schuldner weiterhin seine geschuldete Leistung erbringen darf, bedarf es hier - anders als beim Schadensersatz statt der Leistung - keiner weiteren Voraussetzungen zum Schutz des Schuldners.

6. K kann die Behandlungskosten der Katzen in Höhe von €1.000 nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB als Schaden neben der Leistung ersetzt verlangen.

Genau, so ist das!

Der Anspruch setzt voraus: (1) Schuldverhältnis (=Kaufvertrag), (2) Pflichtverletzung (=Mangel), (3) Vertretenmüssen, (4) Schaden.K und V haben einen Kaufvertrag geschlossen. Durch die Lieferung des infizierten Katers hat V mangelhaft geleistet. Das Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) und ein Schaden in Form der Infizierung der übrigen Katzen ist eingetreten. Die Behandlungskosten kann K nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersetzt verlangen.
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