Der T drängt den verängstigten O durch mehrmaliges Schubsen in eine Ecke. (kein Erfolg, Nötigung (-))


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Der T drängt den körperlich stärkeren O durch mehrmaliges Schubsen in eine Ecke. O nimmt dies regungslos hin.

Einordnung des Falls

Der T drängt den verängstigten O durch mehrmaliges Schubsen in eine Ecke. (kein Erfolg, Nötigung (-))

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn T "einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt", verwirklicht er den objektiven Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB).

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Ja, in der Tat!

Geschütztes Rechtsgut ist nach h.M. die persönliche Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung. Der objektive Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) setzt voraus (1) ein Nötigungsmittel (Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel), (2) einen Nötigungserfolg (Handlung, Duldung oder Unterlassung) und (3) den nötigungsspezifischen Zusammenhang zwischen (1) und (2).

2. Indem T den O durch mehrmaliges Schubsen in eine Ecke gedrängt hat, hat T an O "Gewalt" ausgeübt (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

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Ja!

Der Begriff der Gewalt ist umstritten. Der klassische Gewaltbegriff ist die anerkannte Grundlage aller Definitionsversuche. Er setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Indem T den O schubst, entfaltet er körperliche Kraft, und übt dadurch auf O Zwang aus, um erwarteten Widerstand zu überwinden.

3. Auch der Nötigungserfolg (§ 240 Abs. 1 StGB) ist eingetreten.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Die Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) ist ein Erfolgsdelikt. Der Täter muss ein Opferverhalten, das in einer Handlung, Duldung oder Unterlassung liegen kann, herbeigeführt haben (Nötigungserfolg). Die Handlung meint ein positives Tun. Bei der Duldung wird das Opfer gezwungen, ohne eigene Entschließung die Tätereinwirkung über sich ergehen lassen zu müssen. Aus der Struktur des Nötigungstatbestandes ergibt sich, dass der erduldete Nötigungserfolg nicht mit der Erduldung der Gewalt gleichgesetzt werden darf. O hat nicht gehandelt. Er nimmt hier bloß die Gewalt hin. Eine Vollendung der Tat tritt erst mit dem abgenötigten Verhalten des Opfers ein.

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