Bedingter Tötungsvorsatz bei heftigen Tritten gegen den Kopf – Abgrenzung Eventualvorsatz / bewusste Fahrlässigkeit


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und B sind stark alkoholisiert und erregt. Sie streiten mit O. Mit der Innenseite ihrer Schuhe treten A und B beide mehrfach gegen den Kopf des am Boden liegenden O. O überlebt, erleidet aber zahlreiche Schädelfrakturen.

Einordnung des Falls

Bedingter Tötungsvorsatz bei heftigen Tritten gegen den Kopf – Abgrenzung Eventualvorsatz / bewusste Fahrlässigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A und B haben sich wegen gefährlicher Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB strafbar gemacht.

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Genau, so ist das!

Das Landgericht (erste Instanz) hat A und B jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB) zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dieser Schuldspruch hielt der rechtlichen Nachprüfung durch den BGH (zweite Instanz) stand.

2. Tritte des Täters gegen den Kopf des Opfers lassen automatisch den Schluss auf Tötungsvorsatz (§ 212 Abs. 1 StGB) zu. A und B haben sich auch wegen versuchter Tötung strafbar gemacht.

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Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liege das Vorliegen des Wissens und Wollens eines Totschlags nahe. Trotzdem sei eine Gesamtschau aller Tatumstände des Einzelfalles (insbesondere die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung und Motivationslage) notwendig. Gerade bei spontanen, in affektiver Erregung ausgeführten Handlungen unter Alkoholisierung wie im vorliegenden Fall könne aus dem Wissen um den Erfolgseintritt nicht stets auf das Vorliegen einer billigenden Inkaufnahme geschlossen werden. Diese sei bei A und B nicht ohne vernünftige Zweifel feststellbar.

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