Kündigung – Außerordentliche, § 627 BGB

13. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Anwalt A verteidigt Frau F in einem zivilrechtlichen Prozess vor Gericht. Da dem A nun aber eine lukrativere Prozessvertretung angeboten wird, will A den bestehenden Vertrag mit der F, einige Tage bevor der Termin zur mündlichen Verhandlung stattfindet, kündigen.

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Einordnung des Falls

Kündigung – Außerordentliche, § 627 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A steht ein fristloses außerordentliches Kündigungsrecht aufgrund Vertrauensstellung zu, da A für F Dienste höherer Art iSv. § 627 BGB erbringt.

Ja, in der Tat!

Nach § 627 BGB besteht ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht, wenn ein Dienstverhältnis ohne dauernde feste Bezüge vorliegt, welches Dienste höherer Art beinhaltet, die besonderes Vertrauen voraussetzen. Dienste höherer Art zeichnen sich dadurch aus, dass die Tätigkeit ein überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnissen erfordert. Hierunter fallen regelmäßig etwa Behandlungsverträge mit Ärzten und Heilpraktikern, Verträge mit Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Architekten und auch Partnervermittlungsverträge.A erbringt Anwaltstätigkeiten für F, die ein überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnissen voraussetzen. Ein Anwalt wird zudem aufgrund besonderen Vertrauens ausgewählt. Damit liegt ein Dienst höherer Art vor. Zudem besteht zwischen F und A auch kein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen, sodass A ein fristloses außerordentliches Kündigungsrecht nach § 627 BGB zusteht.
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2. A müsste einen wichtigen Kündigungsgrund haben, damit er nach § 627 BGB kündigen darf.

Nein!

Die § 627 unterfallenden Geschäfte können jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Ohne das Vorliegen eines wichtigen Grundes darf die Kündigung nur nach § 627 II 1 BGB nicht zur Unzeit erfolgen. Das Hauptmotiv für das Kündigungsrecht in § 627 BGB ist regelmäßig der einseitige oder beiderseitige Wegfall des Vertrauens, welches für Dienste höhere Art iSv. § 627 BGB notwendig ist. In Betracht kommt aber auch, dass der Dienstgläubiger es sich bloß einfach anders überlegt hat.A bedarf keines wichtigen Kündigungsgrundes, damit er nach § 627 BGB kündigen darf.

3. A kündigte aber zur Unzeit ohne wichtigen Grund, sodass er der F den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen hat (§627 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Der Dienstpflichtige darf gemäß § 627 Abs. 2 S. 1 BGB die Kündigung nicht zur Unzeit erklären, es sei denn dafür besteht ein wichtiger Grund. Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Dienstberechtigte nicht in der Lage ist, sich die Dienste anderweitig zu besorgen. Kündigt der Dienstpflichtige das Dienstverhältnis zur Unzeit ohne wichtigen Grund, so ist seine Kündigung zwar grundsätzlich wirksam. Sie verpflichtet ihn aber nach § 627 Abs. 2 S. 2 BGB zur Leistung von Schadensersatz. A kündigte F ohne wichtigen Grund, er wollte lediglich einen lukrativeren Prozess führen. Die Kündigung erfolgte auch zur Unzeit nämlich einigte Tage vor der mündlichen Verhandlung, sodass es für F schwierig wird Ersatz für seine Dienste zu finden. Die Kündigung bleibt grundsätzlich wirksam, aber A hat den der F aus der Kündigung entstehenden Schaden nach § 627 Abs. 2 S. 2 BGB zu ersetzen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

fuchs_

fuchs_

15.9.2024, 15:07:11

Ist §

627

II eine eigene AGL für Schadensersatz oder vielmehr ein Verweis innerhalb des Schuldrechts auf die §§280 ff? Dafür, dass es eine eigene AGL ist, könnte sprechen, dass durch die wirksame Kündigung (ähnlich

§546

a II) kein Schuldverhältnis iSd §280 I mehr besteht. Andererseits meine ich, bildet man zB bei

§546

a II ein nachwirkendes Schuldverhältnis bei verspäteter Rückgabe der

Mietsache

und daher verweist

§546

a II dann doch auf die §§280 ff. Das ist bei §

627

II dann vermutlich ähnlich bzw erst recht der Fall, da die Kündigung und der Schaden wahrscheinlich zeitlich noch mehr zusammenfallen als bei

§546

a II. Dient dann aber §

627

II vor allem der Klarstellung, dass die fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung

zur Unzeit

ohne wichtigen Grund eine Pflichtverletzung darstellt? Ähnliches frage ich mich bzgl. §536a I (hier gibt es ja noch das ursprünglich bestehende Schuldverhältnis): Ist auch §536a I lediglich ein Verweis auf die §§280 ff zur Klarstellung, dass das Vorhandensein eines Mangels oder dessen Nichtbeseitigung eine Pflichtverletzung darstellt? Sollte das so sein, dann fällt mir gerade zum ersten Mal so richtig auf, dass es im Schuldrecht für Schadensersatzansprüche lediglich Verweise auf den AT und die §§280 ff gibt und keine sonstigen eigenständigen AGL. Vielen Dank im Voraus für die Erhellung!


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