Kölner Müllskandal
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist Geschäftsführer von B, einem städtisch beherrschten Müllentsorger mit privater Sperrminorität. B plant den Bau einer Verbrennungsanlage. C möchte diese errichten. A lässt sich von C Schmiergeld zahlen, welches C im Angebot einkalkuliert. A manipuliert die Ausschreibung, damit C den Zuschlag erhält.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Der BGH entschied 2005 über einen Geschäftsführer eines öffentlichen Müllentsorgungsunternehmens, der für Schmiergeld eine öffentliche Ausschreibung manipuliert hatte. Dadurch hatte sich der Täter nicht nur der Untreue, sondern auch der Bestechlichkeit schuldig gemacht. Eine Amtsträgereigenschaft liege hingegen nicht vor.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat A sich wegen Untreue nach § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB strafbar gemacht?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist A wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar?
Ja, in der Tat!
3. Könnte A zudem wegen Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB strafbar sein, wenn A Amtsträger ist?
Ja!
4. Ist A Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 a) StGB?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Ist A Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 b) StGB, weil er als Geschäftsführer eines öffentlich beherrschten Unternehmens in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht?
Nein, das trifft nicht zu!
6. Setzt die Amtsträgereigenschaft gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 c) StGB voraus, dass der Täter dazu bestellt ist, bei einer oder für eine Behörde oder "sonstige Stelle" Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen?
Ja!
7. Ist A Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 c) StGB, weil er wegen seiner Geschäftsführerstellung dazu bestellt ist bei einer "sonstigen Stelle" Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Ist A gemäß § 332 Abs. 1 StGB strafbar?
Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
Prüfungsschema
Wie prüfst Du die Strafbarkeit wegen Untreue in der Missbrauchsvariante (§ 266 Abs. 1 Var. 1 StGB)?
- Tatbestandsmäßigkeit
- Subjektiver Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis
- Missbrauch der Befugnis
- Vermögensbetreuungspflicht
- Vermögensnachteil
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Strafzumessung: Besonders schwere Fälle (§ 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 StGB)
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
GingerCharme
4.5.2020, 12:00:40
Die Frage bezüglich: "der objektive Tatbestand der Bestechlichkeit setzt voraus, dass A Amtsträger ist" ist mMn falsch. Denn der Gesetzeswortlaut nennt sogleich Alternativen zum Amtsträger mit z.B. dem sonstig öffentlich Bestellten. Ergo setzt der Tatbestand nicht zwingend eine
Amtsträgereigenschaftper se voraus. Ich weiß zwar was gemeint war, doch wenn man die Frage gestellt bekommt vermutet man eine Falle und verneint potentiell, da man bei strengem Wortlaut nur zu diesem Schluss kommen kann.
Christian Leupold-Wendling
28.6.2020, 12:28:10
Vielen Dank für den berechtigten Hinweis! Haben wir korrigiert.
Real Thomas Fischer Fake 🐳
21.10.2020, 03:21:58
Der Sachverhalt enthält nicht genügend Angaben um einen Vermögensnachteil des Müllentsorgers B bejahen zu können. Ich bitte darum, den Sachverhalt entsprechend anzupassen.
Lukas_Mengestu
10.12.2021, 13:29:40
Vielen Dank für den Hinweis, Real Thomas Fischer Fake! Wir haben den Hinweis mit aufgenommen, dass der Schmiergeldaufschlag bereits in Cs Angebot einkalkuliert war, um deutlich zu machen, dass sich das Angebot dadurch verteurt hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jana-Kristin
26.1.2022, 08:05:59
Könnte A nicht ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter sein (11 I Nr. 4 StGB), wenn er nicht Amtsträger iSd Nr. 2 ist? Diese sind auch vom Tatbestand des
332 StGBerfasst.
Victor
26.1.2022, 13:32:48
Könnte er sein. Aber ich meine auch hier kommt es für die Stelle, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt oder Betriebe auch wieder darauf an, ob bei privatrechtlicher Organisation das Merkmal hinsichtlich „verlängerter Arm“ der Verwaltung vorliegt. Das ist ja gerade nicht gegeben.
Lukas_Mengestu
27.1.2022, 17:32:19
Hallo ihr beiden, in der Tat sollte nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/550, 211) das Merkmal nur erfüllt sein, wenn der besonders Verpflichtete gleichsam als "verlängerter Arm" der Verwaltung agiert, woran es hier fehlt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Camus
3.6.2022, 22:35:01
Warum wird hier der Missbrauchstatbestand des 266 I Alt. 1 nicht bejaht? Weil das Rechtsgeschäft wegen kollusivem Zusammenwirken von Geschäftsführer und Geschäftspartner unwirksam ist?
Nora Mommsen
7.6.2022, 16:52:24
Hallo Camus, genau richtig. Für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB ist der "Missbrauch der Befugnis" erforderlich und damit ein zivilrechtlich wirksames Rechtsgeschäft. Daran scheitert es hier, wie von dir beschrieben. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Camus
7.6.2022, 18:11:55
Danke:)