Tatbestandsausschließendes Einverständnis | Diebesfalle


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

O vermutet, dass ihr Gärtner T ihre Werkzeuge stiehlt. Sie präpariert eine teure Rosenschere mit einer Substanz, durch die chemische Rückstände an den Händen eine Identifikation ermöglichen. Anschließend "verlegt" sie die Schere unauffällig im Gartenhaus. T nimmt sie erwartungsgemäß an sich und steckt sie in seine Jackentasche.

Einordnung des Falls

Tatbestandsausschließendes Einverständnis | Diebesfalle

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den Gewahrsam der O gebrochen (§ 242 Abs. 1 StGB).

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Nein!

Fremder Gewahrsam wurde gebrochen, wenn die Gewahrsamsverschiebung gegen oder ohne den Willen des Berechtigten erfolgt. Gewahrsam meint dabei die tatsächliche Sachherrschaft getragen von einem natürlichen Herrschaftswillen deren Reichweite sich nach der Verkehrsanschauung bestimmt. O war mit dem Gewahrsamswechsel einverstanden, damit die Überführung des T gelingt. Es liegt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor. Somit konnte der Gewahrsam der O nicht gebrochen werden. Da T aber entsprechenden Vorsatz hatte, ist er wegen versuchten Diebstahls (§ 242 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) strafbar.

2. O hat sich nach h.M. wegen Anstiftung zum versuchten Diebstahl (§§ 242 Abs. 1, 2, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Im Rahmen des objektiven Tatbestands der Anstiftung liegt ein versuchter Diebstahl als vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vor. Zu diesem müsste O den T bestimmt haben im Sinne von § 26 StGB. Dies bezeichnet nach herrschender Meinung das Hervorrufen des Tatentschlusses im Wege des geistigen Kontakts. Die Meinung, wonach bereits das Schaffen einer entsprechenden Gelegenheit, also auch die vorliegende Diebesfalle ausreichen würde, führt nach h.M. zu weit (so aber wohl Kühl, in: Lackner/Kühl § 26 RdNr. 2).

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