Tatsächliches Treueverhältnis, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB – 2


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Handelsvertreter H zieht trotz Kündigung und Widerruf der Inkassovollmacht Forderungen ein, um sich zu bereichern, indem er den fortwirkenden Rechtsschein ausnutzt.

Einordnung des Falls

Tatsächliches Treueverhältnis, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB – 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB lässt als Entstehungsgrund für Vermögensbetreuungspflichten ein tatsächliches Treueverhältnis genügen.

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Genau, so ist das!

§ 266 Abs. 1 Alt 2 StGB nennt ein Treueverhältnis als mögliche Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht, was in Abgrenzung zu den anderen Grundlagen (Gesetz, behördlichen Auftrag und Rechtsgeschäft) auch als sog. tatsächliches Treueverhältnis bezeichnet wird. Eine faktische Herrschaft über fremde Vermögensinteressen eines anderen liegt insb. in zwei Fallgruppen vor: (1) zivilrechtlich nicht wirksam entstandene Betreuungsverhältnisse, bei denen aufgrund tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens der Beteiligten und tatsächlicher Pflichtenübernahme dennoch ein faktisches, fremdnütziges Herrschaftsverhältnis über fremdes Vermögen entstanden ist und (2) zivilrechtlich erloschene Betreuungsverhältnisse, bei denen nach dem (mutmaßlichen) Willen der Beteiligten das Betreuungsverhältnis tatsächlich fortbesteht.

2. H obliegt hier im Rahmen eines tatsächlichen Treueverhältnisses eine Vermögensbetreuungspflicht (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB).

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Ja, in der Tat!

Die Beendigung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses führt grundsätzlich auch zum Erlöschen der Treupflicht. Für die früheren Handlungspflichten gilt uneingeschränkt, dass sie mit der Beendigung des Rechtsverhältnisses zu dem Geschäftsherrn erlöschen. Demgegenüber können hinsichtlich der Unterlassungspflichten in begrenztem Umfang Treupflichten im Sinne eines Schädigungsverbots nachwirken. H war fortwirkend verpflichtet, die Firma nicht zu schädigen.

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Simon

Simon

28.3.2023, 22:16:01

Ich dachte immer eine Rechtsscheinvollmacht reicht nicht für eine Vermögensbetreuungspflicht, da der Rechtsschein den Vertragspartner, nicht aber den Vertretenen schützen soll?


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