Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
Gesamtzusage - Rosenmontag
Gesamtzusage - Rosenmontag
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Karnevalistin K ist Handwerksmeisterin in Stuttgart. Um ihre heimischen Traditionen auch im Schwabenland zu verbreiten, veröffentlicht sie im Intranet folgende Nachricht: „Zum Besuch des Rosenmontagsumzuges wird die ganze Belegschaft ab 11:00 Uhr bezahlt freigestellt.“
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Einordnung des Falls
Gesamtzusage - Rosenmontag
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Bei der veröffentlichten Nachricht handelt es sich um eine „Gesamtzusage“.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Gesamtzusage wird nur gegenüber den Arbeitnehmerinnen wirksam, die die Nachricht im Intranet lesen.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Müssen die Arbeitnehmerinnen gegenüber K die Annahme der Gesamtzusage erklären?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Mit Annahme der Gesamtzusage wird das in der Zusage liegende Angebot ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Fuchsfrauchen
15.4.2022, 17:33:48
Gilt diese Gesamtzsage dann automatisch für alle kommenden Jahre (und später dazutretende Arbeitnehmer), wenn nicht näher spezifiziert?
Lukas_Mengestu
19.4.2022, 17:03:22
Hallo Fuchsfrauchen, auch bei der
Gesamtzusagehandelt es sich um eine Willenserklärung, die nach dem
objektiven Empfängerhorizontauszulegen ist. In dem Aushang wird man also zunächst einmal eine Freistellung im Hinblick auf den bevorstehenden Rosenmontag sehen können. Sollte K diese Freistellung aber in den folgenden beiden Jahren erneut vorbehaltlos gewähren, so kann hierdurch eine betriebliche Übung entstehen, die dann auch für die kommenden Jahre gilt und auch später Eintretende grundsätzlich erfasst. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
StellaChiara
2.9.2024, 11:39:52
bedeutet das, dass durch eine dreimalige vorbehaltlose
Gesamtzusageeine betriebliche Übung entsteht und man die
Gesamtzusageauch unter einen freiwilligkeitsvorbehalt stellen kann? Ist dann nicht ein aushang am schwarzen brett, wie in den lektionen hier, mit einem freiwilligkeitsvorbehalt eher eine
gesamtzusageanstatt einer betrieblichen übung ?
Barbara Salesch
21.12.2023, 23:06:40
Wenn es für das Wirksamwerden der Willenserklärung des Arbeitgebers wie üblich beim Zugang nur auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme ankommt, wie lässt sich dann aber eine Annahme dogmatisch begründen? Zwar verzichtet der Arbeitgeber iSd § 151 S.1 auf die Erklärung der Annahme, aber in irgendeiner „intrinsischen“ Form muss der Arbeitnehmer das Angebot ja trotzdem annehmen – kann er aber ja nicht, wenn er keine Kenntnis von dem Angebot hat?
Dogu
1.2.2024, 12:45:54
Das habe ich mich auch gefragt. 151 macht ja nur den Zugang, nicht aber die Abgabe der WE entbehrlich. Es ist aber wohl umstritten, ob die
Gesamtzusageüberhaupt unter 151 fällt oder dogmatisch nicht auch anders begründet werden kann. Es ist aber allgemein anerkannt, dass sie existiert und ihre Voraussetzungen sind unstrittig.
LS2024
20.6.2024, 12:42:51
Eine Begründung warum hier von den allgemeinen Regelungen abgewichen wird, gibt der BAG nicht (BAG AP BGB § 157 Nr. 36).
FW
18.10.2024, 15:38:25
Wir hatten das auch so im Rep gelernt, dass zwingend eine Annahme in Form einer gedanklichen Zustimmung vorliegen muss, jedoch die Annahmerklärung nach § 151 1 entbehrlich ist. Ich denke, dass BAG hat hier einfach praxisnah gedacht. Die „Annahme“ wird daher gesetzlich fingiert. Denn welcher Arbeitnehmer würde einer Lohnerhöhung oder einem ähnlichen Vorteil widersprechen. Ich würde das in einer Klausur mit den Grundsätzen der mutmaßlichen Einwilligung/ des mutmaßlichen Willens (vgl. § 683 BGB) begründen.