Gegenwärtig (fortdauernd)

3. Juni 2025

10 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat O bei seinem Chef angeschwärzt. Davon stark erzürnt, will O dem T so richtig die Meinung sagen. Dabei gerät O in einen beleidigenden Wortschwall. Noch bevor O seine Ausführungen beendet hat, gibt T dem O eine kräftige Ohrfeige.

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Einordnung des Falls

Gegenwärtig (fortdauernd)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den Tatbestand der Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) verwirklicht.

Ja!

Eine körperliche Misshandlung (§ 223 Abs. 1 StGB) ist jede üble, unangemessene Behandlung, durch die die körperliche Unversehrtheit oder das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird. Eine kräftige Ohrfeige stellt regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Integrität dar.
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2. Die Beleidigungen des O stellen einen "Angriff" (§ 32 Abs. 2 StGB) auf T dar.

Genau, so ist das!

Ein Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen. Darunter fallen strafrechtlich geschützte Rechtsgüter, sowie sonstige rechtlich geschützte Interessen. Die Beleidigungen stellen eine Verletzung des Ehrgefühls von T dar.

3. Der Angriff war "gegenwärtig" (§ 32 Abs. 2 StGB), als T dem O eine Ohrfeige gab.

Ja, in der Tat!

Ein Angriff ist gegenwärtig wenn er unmittelbar bevorsteht, bereits stattfindet oder noch fortdauert. Der Angriff dauert fort, bis die Gefahr abgewendet oder die Rechtsgutsverletzung endgültig eingetreten ist. Hätte O den T vorliegend mit einem einzigen „Du Schwein!“ konfrontiert, so wäre die Rechtsgutsverletzung bei T gleichzeitig mit dem Angriff abgeschlossen gewesen. Hier war O jedoch gerade dabei, sich so richtig in Rage zu reden, wodurch sich T mit einem regelrechten Wortschwall von Beleidigungen konfrontiert sah. Da T den O ohrfeigte, bevor dieser seine Ausführungen beendet hatte, dauerte der Angriff noch fort.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

OFAC

omnimodo facturus

16.12.2021, 01:30:03

Geht die Prüfung der Notwehr dann auch insgesamt durch?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.12.2021, 12:53:59

Hallo

omnimodo facturus

, bei Bestehen der Notwehrlage, ist die Notwehr grundsätzlich zulässig, wenn es sich um eine

erforderlich

e und gebotene Verteidigungshandlung handelt. Es dürfen also keine gleichgeeigneten milderen Mittel zur Verfügung stehen und insbesondere die Verteidigung nicht völlig außer Verhältnis zum

Angriff

stehen. Gleichgeeignete Mittel sind im Sachverhalt jedenfalls nicht angelegt. Eine

Unverhältnismäßigkeit

zwischen dem

Angriff

auf die ehre und der Ohrfeige dürfte ebenfalls nicht bestehen, da die Eingriffsintensität der Ohrfeige begrenzt ist. Im Ergebnis dürfte die Notwehr zu bejahen sein. Das zeigt nochmal, dass es sich letztlich um eine "scharfes Schwert" handelt (vgl. zum intensiven

Notwehrexzess

bei Verteidigung gegen eine Beleidigung mit einem Messer, BGH NStZ-RR 2018, 272). Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

13.2.2025, 11:29:13

@[Lukas_Mengestu](136780) Ich weiß, so war es nicht gemeint, aber so wie der Text formuliert ist entsteht etwas der Eindruck, bei der Notwehr müsse allgemein Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Ich denke es ist empfehlenswert klarzustellen, dass es nicht auf eine "

Unverhältnismäßigkeit

" zwischen der Ohrfeige und der Beleidigung ankommt, sondern die Frage ist, ob im Rahmen sozialethischer Einschränkungen, also dem Prüfungspunkt der Gebotenheit, ein krasses Missverhältnis besteht (was natürlich zu verneinen ist). Wie gesagt, mir ist klar, dass das gemeint ist. Bei anderen Leuten könnte jedoch ein falscher Eindruck entstehen. Innerhalb der Notwehr eine reguläre Verhältnismäßigkeit zu prüfen (Gott bewahre - einen Prüfungspunkt so zu bennen) ist bekanntermaßen ein verbreiteter Fehler bei Anfängern.

CR7

CR7

10.5.2023, 11:40:37

Prüft man in dem Punkt

Angriff

inzident die Strafbarkeit des T?

Carl Wagner

Carl Wagner

10.5.2023, 21:35:58

Hallo (af)! Die Strafbarkeit prüfst du unter dem Prüfungspunkt "

rechtswidrig

er"

Angriff

, § 32 II StGB. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team

cSchmitt

cSchmitt

27.5.2025, 10:57:50

@[CR7](145419) @[Carl Wagner](209004) es geht doch beim

Angriff

um das Handeln des O? Abgesehen davon wäre die Bezeichnung als inzidente Strafbarkeitsprüfung doch auch über das Ziel hinaus geschossen. Immerhin muss ein

Angriff

„nur“

rechtswidrig

i.S.d. § 32 II StGB sein und noch keine konkreten Strafnormen erfüllen. Das wäre dann auch nicht in dem Punkt „

Angriff

“, sondern in dem Punkt „

Rechtswidrig

keit“ (im Rahmen der Notwehrlage) zu prüfen. Sollte es bei der Frage tatsächlich um T gehen, wird seine Strafbarkeit durch die Ohrfeige durchgeprüft (§ 223 I StGB) und dort im Punkt „

Rechtswidrig

keit“ (also nach dem Tatbestand) als Rechtfertigungsgrund die Notwehr geprüft.

NIC

Nico

15.5.2024, 10:16:31

Schön fanden ich es, wenn ihr in solchen Fällen vielleicht eine Vertiefung hinzufügt, wo ihr alles gedanklich zu Ende prüft. Denn gerade als Anfänger kann es sehr verwirrend sein, wenn nur der Anfang geprüft wird. Dann kommt der Gedanke auf, dass die Ohrfeige auf jeden Fall gerechtfertigt war, obwohl man ja noch

Erforderlich

keit etc. prüfen muss. Nur so als Gedanke 😄

WAYA

WayanMajere

13.5.2025, 20:58:08

Die Orhfeige ist in diesem Fall ja auch ziemlich sicher gerechtfertigt.


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