Geeignetheit
18. April 2025
33 Kommentare
4,7 ★ (45.966 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A entführt B und sperrt ihn in seinem (As) Haus ein. B versucht, die Tür einzutreten, um zu fliehen. Dabei beschädigt er die Tür, bekommt sie jedoch nicht auf.
Diesen Fall lösen 94,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Geeignetheit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Durch die Tritte gegen die Tür hat B den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt (§ 303 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Tritte gegen die Tür sind gerechtfertigt (§ 32 Abs. 1 StGB), wenn B sich in einer Notwehrlage befand und eine gebotene Notwehrhandlung vorgenommen hat.
Ja, in der Tat!
3. B befand sich in einer Notwehrlage (§ 32 Abs. 2 StGB).
Ja!
4. Die Notwehrhandlung des B war erforderlich, insbesondere geeignet (§ 32 Abs. 2 StGB).
Genau, so ist das!
5. Die Notwehrhandlung des B richtete sich gegen ein Recht des Angreifers A.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

I-m-possible
24.7.2021, 22:44:10
Ich tue mich hier schwer mit der
Notwehrlage- da der Angriff -das Einsperren-beendet ist aber das Eingesperrt -Sein als Folge nachwirkt-also noch andauert
Jose
10.8.2021, 20:03:48
Würde das nicht aufteilen. Zum Einsperren gehört das Eingesperrtsein. Der Angriff ist demnach nicht beendet. Es gibt ja auch diese Ansicht, nach der ein Einsperren erst bejaht wird, wenn es mindestens die Zeit eines Vater-unser anhält.
Jose
10.8.2021, 20:01:23

Dave K. 🦊
14.11.2021, 19:57:14
Genau ist es :)

Isabell
2.4.2022, 12:49:07
Auch so ein Satz, der es so gut auf den Punkt bringt und den ich mir in dieser Einfachheit und Klarheit von irgendeinem meiner Dozenten gewünscht hätte.
Findet Nemo Tenetur
31.10.2024, 10:56:22
Danke für diese Klarstellung, vielleicht könnte man das noch in die Erklärungen aufnehmen (bei der
Notwehrlage wurde es glaube ich nicht erwähnt). Und zusätzlich vielleicht noch, aus wessen Perspektive jeweils beurteilt wird.
Notwehrlage: ex post aus objektiver Sicht (?).
Notwehrhandlung: ex ante aus Sicht des Angegriffenen oder aus objektivierter Sicht des Angegriffenen?

Charles "Chuck" McGill
13.2.2025, 11:34:45
@[Findet
Nemo Tenetur](254807) Die
Erforderlichkeit Notwehrhandlung wird aus Sicht eines besonnen Dritten ex ante Beurteilt. Es kommt also nicht auf die völlig subjektive Wahrnehmung des Verteidigers an, sondern darauf, wie ein besonnener Mensch mit dem Wissen des Verteidigers in der jeweiligen Situation die Lage beurteilt hätte.

Isabell
2.4.2022, 12:50:28
Irgendwie schräg bei einer offenbar erfolglosen
Notwehrhandlungdie Geeignetheit zu bejahen 😅 auch wenn ich weiß warum.
Faby
21.4.2023, 20:59:47
Andererseits wäre es auch schräg, wenn man in dieser Situation wegen Sachbeschädigung bestraft wird :D

anias🦊
23.12.2023, 16:11:33
ist Eigentum nicht ein Recht und kein Rechtsgut?
Leo Lee
24.12.2023, 20:38:47
Hallo anias, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat ist Eigentum ein Recht, weshalb wir den Text nunmehr entsprechend angepasst haben :). B
esinnliche Feiertage und einen guten Rutsch wünscht dir das Jurafuchsteam!
Bastian P.
16.1.2024, 20:42:59
Hallo, kann mir einer sagen, weshalb die
Notwehrhandlunggeeignet ist? Meines Wissens nach ist die Handlung geeignet, wenn sie den Angriff sicher und sofort beendet. Der B hat den Angriff hier nicht beendet. Daher wäre doch auch die Handlung nicht geeignet oder?
L.Goldstyn
19.8.2024, 16:43:15
Hallo Bastian, die Geeignetheit ist viel weniger streng zu verstehen, als Du sie formulierst. Eine gängige Definition ist z.B. „Die
Notwehrhandlungist zur Angriffsabwehr geeignet, wenn die Maßnahme grundsätzlich in der Lage ist, den Angriff zu beenden, abzuschwächen oder ihn wenigstens zu erschweren.“ Oder kürzer: „Die
Notwehrhandlungist geeignet, wenn sie die Abwehr zumindest fördern kann“. Die von Dir genutzte Formulierung findet sich demgegenüber im Rahmen der
Erforderlichkeit. Dort sagt man z.B. bei der Fallkonstellation der Nutzung eines potentiell tödlichen Verteidungsmittels, dass zwar grundsätzlich ein abgestuftes Vorgehen erfolgen muss (1. Warnen, 2. Verletzen, 3. Töten), dieses abgestufte Vorgehen dem Täter aber auch zumutbar sein muss. Der Täter muss sich keinem hohen eigenen Risiko aussetzen oder sich einem Kampf mit ungewissem Ausgang stellen, sondern darf das Verteidigungsmittel wählen, dass „den Angriff sicher und sofort beendet.“

Gruttmann
17.1.2024, 10:44:43
Liebes Jura-Fuchs Team. Könntet Ihr einen Fall zu der Problematik mit dem recht-/ unrechtmäßigen B
esitz bezüglich des Rechtsgut machen, bei der Verteidigungshandlung gegenüber dem Angreifer oder einen seiner Rechtsgüter. Es gibt verschiedene Ansichten dazu, eine vertritt, dass es vom
Notwehrrecht noch gedeckt ist, die andere nicht. Ich finde hier auch diesbezüglich noch keinen Fall. Also wie ist es, wenn der Angreifende eine einem anderem gehörende Sache für seinen Angriff verwendet und der Angegriffene diese Sache zerstört oder beschädigt, ob das noch vom
Notwehrrecht gedeckt ist. LG

Linne_Karlotta_
24.10.2024, 10:10:12
Hallo Gruttmann , vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team
Jeremy Tölle
18.5.2024, 14:41:28
Ist es nicht so, dass zwar geprüft wird, welche anderen Mittel dem Angegriffenen zur Abwehr zur Verfügung stehen, dieser sich jedoch auch aus einer ex ante Sicht nicht auf das mildeste Mittel verlassen muss, wenn von zwei Mitteln dasjenige die Sicherheit des Angegriffenen sicherer schützt ? Hier findet natürlich eine Abwägung der Rechtsgüter statt (Beispiel: Ich werde von jemandem mit einem Messer verfolgt der mich töten will, ich habe eine Pistole mit nur einem Schuss geladen dabei. Ich schieße dem angreifer direkt auf die Brust, ohne meinen Schuss für einen Warnschuss zu verschwenden oder einen schwierigen Schuss auf eine Extremität des Angreifers aufzuwenden) --> Wird, wenn zulässig, diese gesamte Argumentation in der Geeignetheit durchgeführt ?

Neal Caffrey
11.6.2024, 11:53:41
Hallo Jeremy, bei der Prüfung der
Erforderlichkeitder
Notwehrhandlungwürdest du zuerst die Geeignetheit des Tatmittels bejahen und deine restlichen Überlegungen dann im 2. Unterpunkt der
Erforderlichkeit, dem relativ mildesten Mittel ansprechen. Hier muss der Täter bei mehreren gleich wirksamen Mitteln das Tatmittel auswählen, was bei den Rechtsgütern des Angreifenden den geringsten Schaden hinterlässt. Sind mildere Tatmittel also weniger erfolgsversprechend, muss der Angegriffene nicht das Risiko eingehen diese auszuprobieren. Beim Verwenden von lebensgefährlichen Tatmitteln sind, genau wie du schon beschrieben hast, grundsätzlich die 3 Stufen (Warnen, Verletzen und erst dann Töten) einzuhalten. Auch hierbei muss allerdings die konkrete Lage berücksichtigt werden. Der BGH hat es mal so formuliert: „Ein nicht bloß geringes Risiko, daß das mildere Mittel fehlschlägt und dann keine Gelegenheit für den Einsatz des stärkeren bleibt, braucht der Verteidiger zur Schonung des
rechtswidrigAngreifenden nicht einzugehen.“. Hier ging es explizit auch um dem Fall, dass dem Angegriffenen nur eine Patrone im Revolver zur Verfügung steht. Ist dem Angreifer die Existenz der zur Verfügung stehenden Waffe allerdings unbekannt muss die Verwendung regelmäßig angedroht werden. Ich hoffe das hilft dir weiter :)
benjaminmeister
25.3.2025, 17:42:58
Im letzten Antworttext: "Maß der Verteidigungshandlung der drohenden Gefahr entsprechen" Das ist so nicht richtig. Bei der
Erforderlichkeitwird grundsätzlich keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt (Ausnahme: im Rahmen der
Gebotenheitbei ganz krasser
Unverhältnismäßigkeit). Davon zu sprechen, dass das Maß der Verteidigungshandlung der drohenden Gefahr entsprechen muss, halte ich für falsch und stimmt auch nicht mit dem darauf folgenden Satz überein, dass geprüft wird, ob das mildeste von gleich effektiven zur Verfügung stehenden Mitteln eingesetzt wird.

Sebastian Schmitt
30.3.2025, 11:38:22
Hallo @[benjaminmeister](216712), ich verstehe, was Du meinst, und Du hast natürlich inhaltlich völlig Recht. Allerdings ist es iRd
ErforderlichkeitieS eine tatsächlich durchaus verbreitete Formulierung, zu sagen, dass "Art und Maß der Verteidigungshandlung der drohenden Gefahr entsprechen" müssen (so zB wörtlich OLG Düsseldorf, Beschl v 17.2.2015, Az 1 Ws 418/14, BeckRS 2015, 9115; Fischer, StGB, 70. Aufl 2023, § 32 Rn 30; vgl auch BGH NStZ-RR 2013, 305, 306). Das ist für sich keine feststehende Definition und gewisse Abweichungen sind häufig, gerade das "Art und Maß" liest man in diesem Zusammenhang aber regelmäßig, auch im Zusammenhang mit der Ergänzung des "relativ mildesten Mittels". Man kann darüber diskutieren, wie glücklich diese Formulierung ist, "falsch" wird sie aber dadurch nicht. Wir sind insoweit, wie auch sonst, gerne offen für Änderungswünsche. Ich sehe durchaus einen gewissen Sinn darin, verschiedene, aber verbreitete Formulierungen in unseren Aufgaben abzubilden. Dadurch kann man sich den Inhalt und das Wesentliche dahinter oft besser einprägen - und sei es nur, weil einem eine dazu gelesene Definition seltsam vorkommt und man sich deshalb Gedanken dazu macht, ob das denn "passt" (wie in Deinem Fall). Gleichzeitig ermöglicht das, sich unter verschiedenen üblichen und gut vertretbaren Formulierungen (so es sie denn gibt) diejenige herauszusuchen, mit der man am besten klar kommt. Erfahrungsgemäß führt das aber gerne mal zum Hinweis der Uneinheitlichkeit und dem Wunsch, immer dieselbe Formulierung zu benutzen. Liest man allerdings immer nur dieselbe Formulierung/Definition, kommt häufig früher oder später der Hinweis, dass man es in der Vorlesung oder sonstwo anders gehört/gelesen habe und was denn nun "richtig" oder "falsch" sei - worauf es bei Jura natürlich oft nicht wirklich eine Antwort gibt. So oder so auch für uns kein leichter Balanceakt... Vor diesem Hintergrund würde ich die Aufgabe gerne für den Moment so stehen lassen. Wir behalten Euer Feedback dazu aber im Auge. Wenn es hier vermehrt Änderungswünsche gibt, werden wir uns nochmal in Ruhe Gedanken dazu machen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
benjaminmeister
31.3.2025, 07:56:43
Okay, mir war nicht bewusst, dass in anderen Quellen diese Formulierung so tatsächlich genutzt wird! Dann ist meine Kritik an der Aufgabe natürlich unberechtigt 😅 Als private Notiz habe ich mir trotzdem mal sicherheitshalber als Erinnerung festgehalten, dass grundsätzlich keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt wird.