+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A entführt B und sperrt ihn in seinem (As) Haus ein. B versucht, die Tür einzutreten, um zu fliehen. Dabei beschädigt er die Tür, bekommt sie jedoch nicht auf.

Einordnung des Falls

Geeignetheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Tritte gegen die Tür hat B den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt (§ 303 Abs. 1 StGB).

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Genau, so ist das!

Indem B durch seine Tritte die Tür nicht unerheblich beschädigte, verwirklichte er in kausaler und zurechenbarer Weise den objektiven Tatbestand des § 303 Abs. 1 StGB. Dabei handelte B auch mit dem Willen, die Tür zu beschädigen und in Kenntnis der objektiven Tatumstände, wobei ihm insbesondere bewusst war, dass die Tür in fremdem Eigentum stand. Folglich erfüllte B auch den subjektiven Tatbestand und handelte mithin tatbestandsmäßig.

2. Die Tritte gegen die Tür sind gerechtfertigt (§ 32 Abs. 1 StGB), wenn B sich in einer Notwehrlage befand und eine gebotene Notwehrhandlung vorgenommen hat.

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Ja, in der Tat!

Eine Rechtfertigung durch Notwehr kommt nach § 32 Abs. 1 StGB bei einer gebotenen Notwehrhandlung in Betracht. Notwehrlage ist nach § 32 Abs. 2 StGB jeder gegenwärtige, rechtswidrige Angriff auf rechtlich geschützte Güter. Eine Notwehrhandlung ist dabei diejenige Handlung, die erforderlich ist, um diesen Angriff abzuwehren.

3. B befand sich in einer Notwehrlage (§ 32 Abs. 2 StGB).

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Ja!

Notwehrlage ist nach § 32 Abs. 2 StGB jeder gegenwärtige, rechtswidrige Angriff auf rechtlich geschützte Güter. Ein Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen. Indem A den B eingesperrt hat, hat B's Fortbewegungsfreiheit eingeschränkt. Die Beeinträchtigung ist auch rechtswidrig und dauert noch an.

4. Die Notwehrhandlung des B war erforderlich, insbesondere geeignet (§ 32 Abs. 2 StGB).

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Genau, so ist das!

Eine Notwehrhandlung ist erforderlich (§ 32 Abs. 2 StGB), wenn sie geeignet ist und dass Art und Maß der Verteidigungshandlung der drohenden Gefahr entsprechen, d.h. die vom Täter gewählte Verteidigung das mildeste der gleich geeigneten Mittel ist (sog. Erforderlichkeit im engeren Sinne). Die Geeignetheit ist aus einer ex-ante Sicht des Angegriffenen zu beurteilen. Zudem sind nach herrschender Meinung auch symbolische Verteidigungshandlungen ohne Aussicht auf Erfolg zulässig. Das Traktieren der Tür mit Tritten war aus ex ante Sicht nicht völlig aussichtslos. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich.

5. Die Notwehrhandlung des B richtete sich gegen ein Recht des Angreifers.

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Ja, in der Tat!

Die Notwehrhandlung des Täters ist eine „Verteidigung“, d.h. sie darf sich nur gegen den Angreifer selbst und dessen Rechte und Rechtsgüter richten, nicht aber gegen Rechte und Rechtsgüter unbeteiligter Dritter.Hier hat B die Tür des A und damit das Eigentum des Angreifers traktiert. In Fällen, in denen Rechte/Rechtsgüter Unbeteiligter verletzt werden, ist immer an den rechtfertigenden Notstand (§§ 228, 904 BGB und § 34 StGB) zu denken.

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