K.-o.-Tropfen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T verabreicht O "K.-o.-Tropfen", damit dieser in einen komatösen mehrstündigen Schlaf fällt und ihn bei seinem Vorhaben, Os Freundin zu verführen, nicht stört. O wird für drei Stunden bewusstlos.
Einordnung des Falls
K.-o.-Tropfen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T dem O "K.-o.-Tropfen" verabreichte, hat er ihn an dessen Gesundheit geschädigt (§ 223 Abs. 1 Var. 2 StGB).
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Genau, so ist das!
2. Die von T genutzten K.-o.-Tropfen stellen einen "anderen gesundheitsschädlichen Stoff" (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB) dar.
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Ja, in der Tat!
3. T hat O "mittels eines anderen gefährlichen Werkzeuges" an der Gesundheit geschädigt (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB).
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Nein!
4. T hat dem O die K.-o.-Tropfen nach h.M. "beigebracht" (§ 224 Abs. 1 StGB).
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Tigerwitsch
22.5.2021, 11:34:42
1) U.U. könnte man in der SV-Darstellung noch einfügen, dass es sich nur um eine geringe Dosierung handelt.

Tigerwitsch
22.5.2021, 11:36:46
2) Außerdem stellt sich für mich die Frage, ob man nicht doch § 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB annehmen müsste. So hat der BGH in der zitierten Entscheidung (B. v. 27.01.2009 - AZ.: 4 StR 473/08) unter Rn. 2 ausgeführt: „Auch die durch das Verabfolgen der ‚K.O.-Tropfen‘ verursachte Körperverletzung [Bewusstseinsverlust] hat der Angeklagte demgemäß [zwar] nicht mittels eines gefährlichen Werkzeugs […], sondern durch Beibringung gesundheitsschädlicher Stoffe […] begangen.“

Lukas_Mengestu
28.5.2021, 17:10:15
Hallo Tigerwitsch, vielen Dank für Deine Hinweise. In der Tat hatte der BGH in dem Ausgangsfall die gefährliche Körperverletzung mit dem Argument bejaht, hier sei ein gesundheitsschädlicher Stoff beigebracht worden - ohne dies jedoch weiter zu subsumieren. Wir haben den Fall entsprechend angepasst. Im Schrifttum (zB MüKo-StGB/Hardtung, 4. A. 2021, § 224 Rn.7) wird dagegen vielfach dafür plädiert, dass man den Begriff der "erheblichen" gesundheitlichen Beeinträchtigung enger versteht, insbesondere um eine trennschärfere Abgrenzung zu § 223 Abs. 1 StGB zu ermöglichen und um das Verhältnis zu den übrigen Tatbeständen des § 224 zu wahren. Nimmt man das Merkmal insoweit ernst, so spricht vieles dafür, bei geringer Dosierung und für den Fall, dass mit Ausnahme des dreistündigen Schlafes keine weiteren gesundheitlichen Nebenwirkungen dazukommen, die Schwelle der Erheblichkeit noch nicht überschritten ist. Aber wie Du zurecht eingewandt hast, ist der BGH hier eben deutlich strenger. Beste Grüße, Lukas
Anonym
16.11.2023, 10:41:31
Warum wird hier überhaupt nicht thematisiert, dass K.O. Tropfen auch ein Gift darstellen könnten? Das muss doch zumindest angesprochen werden!
Leo Lee
19.11.2023, 09:51:21
Hallo Tatbestand, ohne jetzt auf die wissenschaftlichen Aspekte eingehen zu wollen: K.O.-Tropfen wurden von der Rspr. als andere gesundheitsschädliche Stoffe eingestuft und gerade nicht als Gift. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, auch hier auf die zweite Var. Abzustellen, um allen voran Verwirrung mit „zu viel Subsumtion“ zu vermeiden. Jedoch finde ich, dass bei entsprechender Begründung auch K.O.-Tropfen unter „Gift“ subsumiert werden kann (was jedoch keine Auswirkung auf das Ergebnis hätte). Wir würden dich insofern um Verständnis bitten und können i.Ü. die Lektüre von Fischer StGB 70. Auflage, § 224 Rn. 5 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo