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Verfahrenshindernis oder Strafmilderung bei unzulässigem Agent Provocateur? Und was ist das eigentlich?
Verfahrenshindernis oder Strafmilderung bei unzulässigem Agent Provocateur? Und was ist das eigentlich?
26. Juli 2023
3 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Gegen A besteht Anfangsverdacht wegen BtMG-Straftaten. Observationen bleiben ohne Ergebnis. Der verdeckte Ermittler P täuscht A bewusst wahrheitswidrig vor, dass P sich in Lebensgefahr befände, wenn er Dritten kein Ecstasy liefere. A beschafft die Droge in nicht geringer Menge. Er erhält keine Vergütung.
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Einordnung des Falls
Die Behandlung der Agent Provocateur Fälle, also eine unzulässige Tatprovokation durch verdeckte Ermittler, ist hoch umstritten. Während der erste Senat eine Strafmilderung vertritt, hält der zweite Senat ein Verfahrenshindernis für richtig. Aber wann liegt eigentlich eine solche unzulässige Tatprovokation vor? In dieser Entscheidung setzt der BGH Maßstäbe. Hiernach ist nötig, dass der Betroffene zur Begehung einer Straftat verleitet wird, die er ohne die Einwirkung nicht begangen hätte, mit dem Zweck, diese Straftat nachzuweisen. Dies sei dann der Fall, wenn die Tatprovokation im Verhältnis zum Anfangsverdacht „unvertretbar übergewichtig“ sei (BGH) bzw. der Ermittler sich nicht auf eine weitgehend passive Strafermittlung beschränke (EGMR). Maßgeblich seien das Ausmaß des Verdachts, Art und Intensität der Einflussnahme sowie die nicht fremdgesteuerten Aktivitäten des Verlockten.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist es nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Strafzumessung bei A strafmildernd zu berücksichtigen, wenn P den A rechtswidrig zur Tat provoziert hat?
Nein!
2. Folgt nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH ein umfassendes Beweisverwertungsverbot, wenn P den A rechtswidrig zur Tat provoziert hat?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Hat P den A rechtmäßig provoziert, weil der Anfangsverdacht gegen A stärker wog als die Einwirkungen des P auf den Tatentschluss des A?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Hat A den Tatbestand der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§§ 29 Abs. 1 S. Nr. 1 Var. 3 BtMG, 27 Abs. 1 StGB) erfüllt?
Ja!
5. Liegt eine rechtswidrige Provokation des A durch P vor, wenn die Einwirkungen des P den Anfangsverdacht gegen A deutlich überwiegen?
Genau, so ist das!
6. Wenn P den A rechtswidrig zur Tat provoziert hat, kann A nicht verurteilt werden. Wird das Verfahren dann eingestellt (Verfahrenshindernis nach § 206a, 260 Abs. 3 StPO)?
Ja, in der Tat!
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