Einbruch in die Wohnung eines Verstorbenen - Konkurrenz zwischen versuchtem schweren Wohnungseinbruchsdiebstahl und Wohnungseinbruchsdiebstahl
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T dringt durch das verschlossene Fenster in Rs Einfamilienhaus ein. Sie geht davon aus, dass es bewohnt ist. Sie nimmt ein wertvolles Gemälde mit. Tatsächlich ist der alleinige Bewohner R wenige Tage zuvor gestorben. Alleinerbin E hatte das Haus bislang nur gesichtet, nicht aber ausgeräumt.
Einordnung des Falls
Einbruch in die Wohnung eines Verstorbenen - Konkurrenz zwischen versuchtem schweren Wohnungseinbruchsdiebstahl und Wohnungseinbruchsdiebstahl
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T könnte sich des Wohnungseinbruchsdiebstahls strafbar gemacht haben (§§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB).
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Genau, so ist das!
2. Ist Rs Gemälde durch seinen Tod herrenlos geworden, sodass ein Diebstahl ausscheidet (§ 242 Abs. 1 BGB)?
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Nein, das trifft nicht zu!
3. Auch die Frage, ob ein Erbe Gewahrsamsinhaber ist, bestimmt sich nach den zivilrechtlichen Regelungen.
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Nein!
4. Hat T das Bild durch die Mitnahme „weggenommen“ (§ 242 Abs. 1 StGB)?
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Genau, so ist das!
5. Ist die Wohnungseigenschaft des Hauses iSv § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nach der Rechtsprechung des BGH entfallen, weil R zum Zeitpunkt der Tat schon verstorben war?
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Nein, das trifft nicht zu!
6. Hat sich T damit auch des Einbruchs in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung strafbar gemacht (§ 244 Abs. 4 StGB)?
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Nein!
7. T hat sich allerdings des versuchten Einbruchs in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung strafbar gemacht (§§ 244 Abs. 4, 22, 23 Abs. 1 StGB).
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Genau, so ist das!
8. Verdrängt der versuchte Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung den vollendeten Wohnungseinbruchsdiebstahl im Wege der Gesetzeskonkurrenz?
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Nein, das trifft nicht zu!
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Rubinho
7.11.2023, 11:24:56
Die Ausführungen zur Wegnahme verstehe ich so, dass - sofern die Alleinerbin das Haus nicht zumindest gesichtet hätte - eine Wegnahme mangels Gewahrsamsbruch gescheitert wäre. Ist das richtig? Es erscheint mir unlogisch, dass der Erbe die Wohnung betreten oder sichten muss, um Gewahrsam zu begründen.
Ani
11.1.2024, 09:57:27
Das würde mich auch interessieren. Wie wäre zu entscheiden, wenn die E das Haus noch nicht betreten oder vllt. sogar noch gar nichts vom Tod des Erblassers wusste?
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ahimes
27.1.2024, 22:02:45
Dieselbe Frage beschäftigt mich auch. Das alleinige Sichtigen fand ich merkwürdig.
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Charliefux
8.4.2024, 16:28:36
Der BGH hat das 2020 folgendermaßen beurteilt: Gewahrsamsinhaber war ja ursprünglich der Tote. Nach dem Tod kann er keinen mehr Gewahrsam haben, da ihm die Fähigkeit fehlt den natürlichen Gewahrsamswillen zu bilden. Der Gewahrsam kann an den Erben über gehen, wenn dieser den Willen zur Sachherrschaft hat. (Im Falle der in der Wohnung befindlichen Gegenstände kann man den über die Zugänglichkeit bzw Schlüsselinhaberschaft begründen) In diesem Fall wäre von einem generellen Gewahrsam auszugehen (also alle Gegenstände in der Wohnung) ,da sich der Herrschaftswille des Erben auf den gesamten Nachlass und somit auf die gesamte Wohnung und dessen Bestandteile erstreckt. Eine genaue Kenntnis über den Inhalt der im Gewahrsam stehenden Sachen ist nicht erforderlich. Jedoch übt der Erbe keine tatsächliche Sachherrschaft über die Sachen aus. Solange aber die grundsätzliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache besteht, das heißt, dass der Gewahrsamsinhaber die Möglichkeit hat, ohne Hindernisse das Gewahrsam ausüben zu können (bsp. durch Wohnungsschlüssel) und den grundsätzlichen Herrschaftswillen über die Sache hat, kann die Sachherrschaft aufgrund einer Gewahrsamslockerung angenommen werden. Auch wenn der Erbe keine tatsächliche Sachherrschaft ausübt, hat er Willen zur Sachherrschaft an den Sachen, die sich im Nachlass der Wohnung des befinden. Damit kann der Dieb diesen Gewahrsam dann brechen. Sofern der Erbe nicht weiß, dass der Erbfall eingetreten ist, kann er auch kein gelockerter Gewahrsam bestehen, der WILLE zur Sachherrschaft fehlt ja. Hoffe das hilft :) Hier gehts zum BGH Beschluss: BGH, Beschluss vom 22.1.2020 – 3 StR 526/19
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Sambajamba10
14.4.2024, 16:11:25
Wie @[Charliefux](56873) bereits ausgeführt hat, ist dies auch logisch. Gewahrsam besteht objektiv aus einer tatsächlichen Sachherrschaft und subjektiv aus einem Herrschaftswillen. Diese kann ein Toter nicht mehr ausüben. Der Erbe wird zwar zivilrechtlich mit dem Todesfalle Besitzer (§ 857 BGB), allerdings ist der Gewahrsamsbegriff nicht zivilrechtsakzessorisch, sondern enger als der Besitz im Zivilrecht. Das lässt sich bspw. Daran erkennen, dass das Strafrecht die §§ 855, 868 BGB so nicht kennt. Mit dem Todesfall hat auch der Erbe zunächst keine Sachherrschaft. Er muss diese erst bspw. durch einen Hausbesuch dokumentiert haben. Daraufhin entsteht bei ihm Gewahrsam, der durch den Dieb gebrochen werden kann.