Doppelter Erlaubnistatbestandsirrtum
13. Mai 2023
29 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B belästigt die Freundin des A. A bittet ihn, sie in Ruhe zu lassen. B tritt mit vorgeschobener Brust auf ihn zu und sein Freund C kommt in der Absicht dazu, ihm zu helfen. D will schlichtend eingreifen. A fühlt sich durch alle drei Männer bedroht. Er weiß nicht, ob Fäuste ausreichen, und greift zu seinem Messer. Er schlägt B, wobei er ihm einen Schnitt hinzufügt und auch C und D verletzt.
Diesen Fall lösen 80,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Diese Konstellation des doppelten Erlaubnistatbestandsirrtums (ETBI) ist besonders klausurrelevant. Während bei einem Opfer ein einfacher ETBI vorlag, da die Notwehrhandlung nicht erforderlich war, lag gegenüber einem Opfer weder eine Notwehrlage vor, noch war die Notwehrhandlung erforderlich. Im Fall des einfachen ETBI schließt sich der BGH der eingeschränkten Schuldtheorie an, welche gem. § 16 Abs. 1 StGB analog einen Vorsatzausschluss annimmt. Währenddessen ist der Doppelirrtum wie ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB) behandelt. Denn hier hätte sich der Täter nicht einmal im Falle des Vorliegens der irrig angenommenen Notwehrlage rechtskonform verhalten.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat A den Tatbestand der Körperverletzung verwirklicht, wenn er vorsätzlich eine andere Person misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt hat (§ 223 Abs. 1 StGB)?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat A den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)?
Ja!
3. Ist eine Tat, die durch Notwehr gerechtfertigt, ist nicht strafbar (§ 32 Abs. 1 StGB)?
Genau, so ist das!
4. Hat A sich in einer Notwehrlage befunden (§ 32 Abs. 1 StGB)?
Ja, in der Tat!
5. War As Notwehrhandlung erforderlich?
Nein!
6. Handelt der Täter nicht (schuldhaft) vorsätzlich (§ 16 Abs. 1 StGB analog), wenn er über das Vorliegen der Umstände irrt, die eine Rechtfertigung begründen?
Genau, so ist das!
7. Befand A sich in einem Erlaubnistatbestandsirrtum und handelte er nicht (schuldhaft) vorsätzlich (§ 16 Abs. 1 S. 1 analog)?
Ja, in der Tat!
8. Hat sich A gegenüber D in einem Doppelirrtum befunden?
Ja!
Fundstellen
Prüfungsschema
Wie baust Du den <b>Erlaubnistatbestandsirrtum</b> in deine Prüfung ein?
- Strafbarkeit wegen (versuchten) Vorsatzdeliktes (z.B. § 223 Abs. 1 StGB)
- Tatbestand (+)
- Rechtswidrigkeit (+)
- Erlaubnistatbestandsirrtum
- Voraussetzungen: hypothethische Rechtfertigungsprüfung
- Rechtsfolge: Darstellung der verschiedenen Theorien
- Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung (z.B. § 229 StGB)
- Bestehen eines Fahrlässigkeittatbestands und Erfolgseintritt
- Beruhen des Erlaubnistatbestandsirrtums auf Fahrlässigkeit
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Real Thomas Fischer Fake 🐳
8.10.2020, 13:54:14
2 Aspekte machen mich hier bezüglich der Ablehnung der Notwehrlage stutzig: 1. Bleibt tatsächlich genug Zeit zur An
drohung, wenn eine Person von drei Personen umgeben ist? Sobald die Drei von dem Messer hören liegt eine hohe Wahrscheinlichkeit vor, dass der A (heimtückisch) entwaffnet wird. 2. Ein
gegenwärtiger Angriffkönnte hier in einer zum Tatzeitpunkt schon bestehenden Nötigung (§ 240), bei Umzinglung wohl auch einer Freiheitsberaubung (§ 241) bestehen. Der Einsatz des Messers würde bei einer milden Verwendung wie hier wohl auch nicht krass außer Verhältnis stehen. Was meint ihr?
gelöscht
18.3.2021, 19:31:00
Hallo real Thomas Fischer Fake, unter anderem Dein Kommentar hat uns veranlasst den Fall nochmal zu überarbeiten. Schau Dir die neue Version doch bitte noch einmal an. Wenn danach noch Bedenken bleiben fände ich es klasse, wenn du uns mitteilst welche Fragen noch offen geblieben sind. Viele Grüße Adrian, für das Jurafuchs-Team

Real Thomas Fischer Fake 🐳
18.3.2021, 20:00:13
Jetzt passt das alles für mich. Danke euch, ihr seid die besten :)
Jonas S.
1.12.2020, 10:20:18
Der BGH vertritt doch die
rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie. Damit handelt der Täter eigentlich
vorsätzlichaber ent
schuldigt (die
Vorsatzschuldentfällt). Die Lösung hier klingt aber nun sehr nach
Vorsatztheorie.
gelöscht
18.3.2021, 18:39:43
Hallo lieber Jonas, du hast Recht damit, dass der 2. Strafsenat des BGH der rechtsfolgenverweisenden eingeschränkten
Schuldtheorie folgt, beziehungsweise gefolgt ist. Der 4. Strafsenat hat in diesem
Urteilder Rechtsprechung des 2. eine Absage erteilt und ist der
vorsatzunrechtverneinenden Theorie (
Vorsatztheorie) gefolgt. Wie die Linie der Rechtsprechung weitergeht bleibt wohl abzuwarten. Insbesondere wenn ein
Erlaubnistatbestandsirrtumin Verbindung mit strafwürdigen Teilnehmern zu entscheiden ist, wird das Ergebnis spannend. Nach der
Vorsatztheorie wären diese nicht strafbar, mangels
vorsätzlicher Haupttat. Viele Grüße Adrian, für das Jurafuchs-Team
Yazzz
8.7.2021, 15:24:08
Hallo! Auch dieser Fall ist ein Examenstreffer in der aktuellen SI Klausur im 2. Staatsexamen in Hessen (Juli 2021). Lieben Dank dafür! 😊

Marilena
8.7.2021, 16:03:41
Hallo Yazzz, der Hammer, sehr cool!!! Freut uns sehr zu hören!! Wünschen Dir weiterhin ganz viel Erfolg!!🍀
- tsch
27.9.2021, 20:59:03
Hallo zusammen:) mir fällt es etwas schwer, die Thematik von § 33 StGB abzugrenzen. Ist der Unterschied, dass bei § 33 der Täter alles richtig erkennt und eigentlich wüsste, dass ein weniger hartes Notwehrmittel ausreichen würde, wenn er nicht so verwirrt/panisch etc wäre. Hingegen der
ETBIbezogen auf die Erforderlichekeit bereits den Täter nicht erkennen lässt, dass sein Handeln zu viel ist und dies auch unabhängig von asthenischen Affekten erfolgt?

Lukas_Mengestu
8.10.2021, 18:12:51
Hallo tschali, genau so ist es. Der
ETBIzeichnet sich dadurch aus, dass der Täter sich eine Lage vorstellt, bei deren Vorliegen sein Handeln tatsächlich gerechtfertigt wäre. Tatsächlich liegt diese Lage aber nicht vor. Bei § 33 StGB überschreitet der Täter dagegen in Kenntnis aller objektiven Umstände die Notwehrgrenzen im Hinblick auf die Intensität der
Verteidigung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

lennart20
28.4.2023, 08:35:20
Könntet ihr nochmal ausführlicher erklären, warum A sich ggü. B in einem
ETBIbefindet und ggü. dem schlichtend eingreifenden in einem
Doppelirrtum?

lennart20
28.4.2023, 08:46:45
mE befindet sich A in einem Erlaubnisgrenzirrtum ggü. B und seinem hinzutretenden Freund, da ja wirklich von ihnen ein gegenwärtiger,
rechtswidriger Angriff ausgeht und A sich nur über die Reichweite eines anerkannten Rechtfertigungsgrund irrt, da er glaubt in einer Notwehrsituation gleich mit dem Messer sich zu verteidigen. Ggü. dem Schlichtenden, von dem kein Angriff ausgeht, irrt sich A darüber, dass dieser mit angreift und gleichzeitig über die Reichweite des anerkannten Rechtfertigungsgrunds. Dadurch befindet er sich ggü. ihm in einem
Doppelirrtum. Wo ist mein Denkfehler? Oder ist meine Sachverhaltsauslegung falsch?

Nora Mommsen
8.5.2023, 17:39:34
Hallo lennart20, danke für deine Frage. Der
ETBIals Erlaubsnis
tatUmstandsirrtumerfasst Irrtümer über alle
Tatumstände, die das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes betreffen. Das heißt der Irrtum kann sich nicht nur auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Notwehrlage, sprich eines Angriffs beziehen - auch wenn dies wahrscheinlich die bekannteste Konstellation ist. Vielmehr können auch die anderen Elemente des Rechtfertigungsgrundes betroffen sein. Dies ist vorliegend mit Blick auf die Erfoderlichkeit der Notwehrhandlung der Fall. Er irrt zwar nicht über das Vorliegen einer Notwehrlage mit Blick auf A und C, aber über die richtige Notwehrhandlung. Dies begründet dann einen
ETBI. Das Vorliegen des
Doppelirrtums bezüglich D hast du genau richtig beschrieben. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

lennart20
11.5.2023, 12:03:30
Nougatring
25.5.2023, 10:09:31
Hallo :) könntet ihr mir bitte erklären, warum der Irrtum bzgl. D anders als bzgl. C zu behandeln ist? Ich habe den Sachverhalt so verstanden, dass D in der Vorstellung des As auch ein Angreifer ist, der B unterstützen möchte. Ich verstehe nicht warum das einen Irrtum nach § 17 StGB darstellt. Ist ein Irrtum über die Notwehrlage nicht auch ein
ETBI? Und warum sind es dann nicht zwei
ETBIs?
DSAction
16.6.2023, 12:35:38
Dieselbe Frage stelle ich mir auch. Inwiefern soll § 17 hier eine Rolle spielen?
Geldhatmanzuhaben
12.9.2024, 19:50:46
Ich erklär es mir so: - §16 I findet bei Irrtum über tatsächliche Umstände Anwendung - § 17 l bei Irrtum über rechtliche Umstände -
ETBIbei C: Täter irrt in tatsächlicher Hinsicht, da er verkennt, dass bereits An
drohungzur Beendigung des Angriffes führt (Erforderlichkeit) -
ETBIbei D: Täter irrt über Notwehrlage, also den Angriff. -> § 17 l bei D: Täter irrt hier nicht in tatsächlicher Hinsicht, da er bei Angriff von D erst
Drohungaussprechen müsste. (Er verkennt die Reichweite) Ich finde es aber überzeugender § 17 l zu verneinen und die Gesamtkampflage zu betrachten. Würden wirklich alle drei angreifen, wäre es nicht zumutbar Täter auf
Drohungzu verweisen.

Sebastian Schmitt
4.1.2025, 10:21:07
Hallo @[Nougatring](209181), hallo @[DSAction](211384), keine leichte Frage, Details führen uns tief in die (komplexe!) allgemeine Irrtumslehre. Ich versuche mal, das auf das Wesentliche herunterzubrechen, bei tieferem Interesse mag zB Schuster, JuS 2007, 617 oder Becker/Rönnau, JuS 2022, 491 hilfreich sein. Inhaltlich geht die Antwort von @[Geldhatmanzuhaben](256626) schon genau in die richtige Richtung. Bei einem
ETBIstellt sich der Täter Umstände vor, bei deren tatsächlichem Vorliegen er gerechtfertigt wäre. Wäre er selbst bei Vorliegen dieser gedachten Umstände nicht gerechtfertigt, haben wir grds auch keinen
ETBI(manche nennen das eine "hypothetische Notwehrprüfung"). Bezogen auf unseren Fall wollten B und C den A tatsächlich angreifen. Der BGH behandelt allerdings auch den nicht erforderlichen Messerinsatz als Irrtum: "Ein analog § 16 I 1 StGB zum
Vorsatzausschluss führender
Erlaubnistatbestandsirrtumkann gegeben sein, wenn der
rechtswidrigAngegriffene zu einem objektiv nicht erforderlichen
Verteidigungsmittel greift, weil er irrig annimmt, der bereits laufende Angriff werde in Kürze durch das Hinzutreten eines weiteren Angreifers verstärkt werden, und das gewählte
Verteidigungsmittel in der von ihm angenommenen Situation zur endgültigen Abwehr des Angriffs erforderlich gewesen wäre." (BGH NStZ 2020, 725, Rn 13) Hinsichtlich D könnte der Fall anders liegen, weil A hier nicht nur insoweit irrt, als er zu einem objektiv nicht erforderlichen
Verteidigungsmittel greift, sondern auch dahingehend, dass D lediglich schlichtend eingreifen und nicht angreifen wollte. Problem: Selbst wenn die Annahme des Täters zuträfe und D ihn tatsächlich hätte angreifen wollen, könnte man annehmen, dass er ja immer noch nicht gerechtfertigt gewesen wäre, weil er nämlich ein objektiv nicht erforderliches
Verteidigungsmittel gewählt hat. Inhaltlich fehlt dem Täter also schlicht die Einsicht, Unrecht zu tun. Das ist aber ein Fall von § 17 S 1 StGB (mit der Folgefrage der
Vermeidbarkeit) und nicht mehr des
ETBIund das ist das, was man typischerweise als "
Doppelirrtum" bezeichnet. Nehmen wir hier allerdings mit dem BGH quasi einen "doppelten
ETBI" an, weil auch die Erforderlichkeit über den Messereinsatz uns zum
ETBIführt, haben wir keinen Fall von § 17 StGB. Dennoch halte ich es für sinnvoll, dass wir hier auf die grundsätzliche Konstellation des "
Doppelirrtums" hinweisen, weil die häufig recht unbekannt ist und man dann zu schnell direkt auf den
ETBIspringt. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Konrad1522
9.10.2023, 18:41:14
Vllt bin ich auch bloß verwirrt gerade, aber ist nicht der Irrtum bezüglich der Absicht des D gerade der klassische Anwendungsbereich des
ETBI? So wie ich das verstanden habe stellt auch die irrige Vorstellung der Erforderlichkeit der Notwehrhandlung laut BGH einen Fall des
ETBIdar, dann hätten wir hier aber doch zwei
ETBIund gerade keine Kombination von
ETBIund
Erlaubnisirrtum, wie der letzte Subsumtionstext behauptet?
Leo Lee
14.10.2023, 19:10:22
Hallo Konrad, beachte, dass ein
ETBIals ein Unterfall des
Tatbestandsirrtums lediglich Irrtümer bzgl. des Sachverhalts (also hier bzgl. der Notwehrlage) umfasst. Ein Irrtum über die RECHTLICHEN Voraussetzungen der Notwehr (also Rechtsirrtümer), sind sog. Erlaubnisirrtümer und sind dem § 17 StGB zuzuordnen. Wenn der Täter sich irrige Vorstellungen über die Erforderlichkeit macht, so irrt er sich nicht über den Sachverhalt, sondern über die rechtlichen Voraussetzungen der Notwehr. somit würde ein Erlaubnis(grenz)irrtum vorliegen, was nicht vom
ETBIerfasst wäre. Hierzu kann ich dir die Lektüre von Wessels/Beulke/Satzger AT 53. Auflage, Rn. 729 empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

Alfonso_Nitti
6.6.2024, 11:40:45
Danke, lang nicht mehr gelesen das Wort.
jannis21
22.10.2024, 11:22:46
Ihr sagt, dass die
Verteidigungshandlung (Nutzung des Messers) nicht erforderlich gewesen sei, weil er die Nutzung nicht angedroht hat. Allerdings ist dies erst eine Frage der
Gebotenheit der Notwehrhandlung. Erforderlich, also geeignet und das relativ mildeste Mittel kann es trotzdem gewesen sein. Zumindest passt eure Begründung dann nicht.

Sebastian Schmitt
29.10.2024, 12:32:25
Hallo @[jannis21](209311), vielen dank für Deinen Hinweis. Ich halte unsere Darstellung und Lösung hier aber für gut vertretbar. Die Verwirrung kommt möglicherweise daher, dass die Differenzierung zwischen der Erforderlichkeit einerseits und der
Gebotenheitbzw den sozialethischen Einschränkungen des NotwehrR andererseits nicht immer ganz einheitlich gehandhabt wird (vgl Schönke/Schröder/Perron/Eisele, StGB, 30. Aufl 2019, § 32 Rn 44). Jedenfalls heute wird die Frage, ob eine An
drohungdes (Messer- oder sonstigen Waffen-/Werkzeug-)Einsatzes erfolgen muss, aber häufig als Frage der Erforderlichkeit gesehen, nicht der
Gebotenheit(so zB Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl 2023, § 32 Rn 9; Schönke/Schröder/Perron/Eisele, StGB, 30. Aufl 2019, § 32 Rn 44; Matt/Renzikowski/Engländer, StGB, 2. Aufl 2020, § 32 Rn 28). Natürlich KANN ein sofortiger Messereinsatz unter gleich geeigneten
Verteidigungsmitteln das mildeste sein, das ist ja gerade unsere Frage. Es kann aber eben genau so gut sein, dass in bestimmten Fällen eine (kurze) vorherige An
drohunggleich geeignet, aber logischerweise milder und daher erforderlich iSd § 32 II StGB ist. IRd
Gebotenheitwerden dagegen üblicherweise die sog sozialethischen Einschränkungen des NotwehrR diskutiert, zB Fälle eines krassen Missverhältnisses der betroffenen Rechte/Rechtsgüter (Klassiker: der Rollstuhlfahrer, der auf die im Baum sitzenden, Kirschen klauenden Kinder in seinem Garten schießt),
Absichtsprovokation, stark alkoholisierte Angreifer etc. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

G0d0fMischief
19.1.2025, 11:12:36
Hallo bzgl. eurer Lösung hätte ich drei Fragen. 1. Wäre es nicht durchaus vertretbar im Hinblick auf die Messerattacke gegenüber B und C einen Notwehrexzess anzunehmen? Siehe dazu: „Die Vorschrift betrifft jedenfalls den intensiven Notwehrexzess, dh den Fall, dass die Abwehrhandlung des Täters gegenüber einem wirklichen
rechtswidrigen Angriff die Grenzen des Erforderlichen oder Gebotenen (Fischer Rn. 2) überschreitet (BGH NStZ-RR 2009, 70 (71); Berster GA 2016, 36).“ (Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 33 Rn. 2, beck-online) 2. Eure Prüfung wirkt ein bisschen „ungeordnet“. Wäre es nicht sinnvoller, wenn man die Körperverletzung (auch wenn sie auf EINER Handlung beruht) isoliert gegenüber JEDEM Angreifer zu prüfen? Meiner Meinung nach ist B hier derjenige gegenüber die Messerattacke am ehesten „noch“ gerechtfertigt sein könnte aufgrund seines Vorverhaltens. Gegenüber C fände ich es schon schwieriger und gegenüber D ist sie richtigerweise ausgeschlossen. 3. Problematisch finde ich auch, dass wir direkt von einem
Vorsatzdes A bzgl. einer KV gegenüber C und D ausgehen. Ich weiß der Sachverhalt gibt hier wenig her, aber kann man wirklich direkt darauf abstellen, dass A auch C und D verletzen wollte oder könnte man hier auch ggfs. im Hinblick auf die Un
schulds
vermutungdarauf abstellen, dass A nur den B verletzen wollte? Im Examen wird der Sachverhalt an dieser Stelle natürlich deutlich mehr hergeben mir stellt sich nur die Frage, wären diese Angaben schon genug um dem Täter einen
Vorsatzzu unterstellen?