Freibleibendes Angebot (Spezialfall)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T bittet L am 1.3. um ein Angebot zum Chartern eines Flugzeugs in der ersten Augustwoche. L teilt T am 3.3. mit, sie biete „freibleibend entsprechend unserer Verfügbarkeit“ am 02.8. eine Caravelle als Tagesflug (10.000 €) an. T reserviert das Flugzeug am 5.3. Am 30.06. teilt L der T mit, dass doch kein Flugzeug verfügbar sei.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Je nach Auslegung im Einzelfall kann ein "freibleibendes Angebot" eine invitatio ad offerendum oder ein Angebot mit Widerrufsvorbehalt darstellen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Vorliegend musste T davon ausgehen, dass das „freibleibende Angebot“ der L vom 03.03. nur eine Aufforderung an T war, ein Angebot abzugeben (invitatio ad offerendum).
Nein, das trifft nicht zu!
3. Die Mitteilung der Nichtverfügbarkeit des Flugzeugs durch L vom 30.06. stellt einen rechtzeitigen Widerruf ihres Angebots dar.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
kleinerPadawan
20.3.2023, 06:52:49
Was, wenn man hier, wenn auch schlecht vertretbar, von einer
invitatio ad offerendumausgegangen wäre? Dann hätte T ein Angebot abgegeben, welches die L nie angenommen hat? Also kein Vertrag?
Nora Mommsen
20.3.2023, 11:36:14
Hallo kleiner Padawan, wenn man von einer
invitatio ad offerendumder L ausgeht dann läge in der Reservierung das Angebot. Der Sachverhalt gibt dazu natürlich keine Informationen her, aber in der Realität bleibt eine Reservierung selten unkommentiert. Es könnte z.B. eine Reservierungsbestätigung ausgegangen sind, Infos zu Gate oder Abflugzeit oder ähnlichem. Dann wäre darin die Annahme eines Angebots zu sehen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
FW
1.9.2023, 18:49:37
Wäre es auch vertretbar, wenn man hier ein Angebot unter einer auflösenden Bedingung nach § 158 II annimmt? Grundsätzlich hat L ja auch den genauen Zeitpunkt, das konkrete Flugzeug und auch den Preis genannt und bekundet somit auch den generellen Willen, sich rechtlich binden zu wollen. Nur für den Fall, dass ausnahmsweise kein Flugzeug zur Verfügung stehen sollte, will L seine Verbindlichkeit durch die auflösende Bedingung aufheben. Somit würden ja auch Nebenpflichten, insbesondere die Pflicht zur rechtzeitigen Absage bereits von Anfang an bestehen.
§🗿
23.1.2024, 02:27:49
Moin zusammen, es wäre super, wenn sich noch jemand zu FWs Ansatz äußern könnte. Kann das Nicht-Vorhandensein eines Flugzeugs eine auflösende Bedingung iSd Paragraphen 158 II darstellen? Demnach hätte T, anders als in der Musterlösung, ja keinen Primäranspruch mehr, oder?
Blotgrim
18.3.2024, 09:17:57
Also ich kann die Frage glaube ich nicht vollständig beantworten. Was ich sagen kann ist dass eine Bedingung egal wäre, wenn L deren Eintritt aktiv herbeiführt, dann würde alles bleiben wie es ist. Von dem Szenario abgesehen bin ich mir nicht sicher habe aber ein gewisses Störgefühl. Die hier beschriebene Bedingung beschreibt ja mehr oder weniger den § 275 I. Unterschied wäre nur, dass ich in dem einen Fall Schadensersatz verlangen kann im anderen wenn überhaupt über cic, aber das wäre wesentlich schwieriger als über 280 ff. Man würde also die Folgen von § 275 I etwas umgehen und sich etwas leicht von seinen Verpflichtungen freimachen können. Wahrscheinlich kann man es so machen, dann wäre die Verpflichtung halt nicht mehr existent, aber die Grenze zu Treu und Glaube dürfte nicht allzu weit weg sein.
JuJu13406
3.7.2024, 18:40:19
Bei einem
Widerrufsvorbehaltmuss der Antragende ja spätestens unverzüglich nach Zugang der Annahmeerklärung widerrufen, um den Vertragsschluss zu verhindern. Geht man in einem anderen Fall nach der Auslegung von einer
invitatio ad offerendumaus, muss der Empfänger, hier also die Charter-Firma, dann auch unverzüglich auf das Angebot des Fluggastes antworten, sodass in einem Schweigen über den Ablauf der Unverzüglichkeit hinaus eine Annahme gesehen werden könnte oder kommt der Vertrag ganz normal nur zustande, wenn wirklich positiv die Annahme erklärt wird innerhalb der gesetzlichen
Annahmefrist?