[...Wird geladen]

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T bittet L am 1.3. um ein Angebot zum Chartern eines Flugzeugs in der ersten Augustwoche. L teilt T am 3.3. mit, sie biete „freibleibend entsprechend unserer Verfügbarkeit“ am 02.8. eine Caravelle als Tagesflug (10.000 €) an. T reserviert das Flugzeug am 5.3. Am 30.06. teilt L der T mit, dass doch kein Flugzeug verfügbar sei.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Je nach Auslegung im Einzelfall kann ein "freibleibendes Angebot" eine invitatio ad offerendum oder ein Angebot mit Widerrufsvorbehalt darstellen.

Genau, so ist das!

Grundsätzlich ist der Antrag für den Antragenden bindend (§ 145 BGB). Der Antragende kann die Bindungswirkung seines Antrags jedoch ausschließen (§ 145 Hs. 2 BGB). Bei Freiklauseln wie „freibleibend“, „unverbindlich“, „ohne Obligo“ liegt kein bindendes Angebot vor. Je nachdem was eine Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergibt (§§ 133, 157 BGB), handelt es sich um ein Angebot mit Widerrufsvorbehalt (§ 145 Hs. 2 BGB) oder um eine Aufforderung Angebote abzugeben (invitatio ad offerendum). Die Auslegung erfolgt danach, ob ein objektiver Empfänger das Verhalten des Erklärenden so verstehen muss, dass dieser sich unter allen Umständen noch die Entscheidung über den Vertragsschluss vorbehalten möchte. Dann läge bloß eine invitatio ad offerendum vor.

2. Vorliegend musste T davon ausgehen, dass das „freibleibende Angebot“ der L vom 03.03. nur eine Aufforderung an T war, ein Angebot abzugeben (invitatio ad offerendum).

Nein, das trifft nicht zu!

Zwar handelt es sich im Regelfall bei einem freibleibenden Vertragsangebot nur um eine invitatio ad offerendum (BGH NJW 1996, 919). Allerdings kommt hier eine Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB zu einem anderen Ergebnis. Vorliegend hat sich nämlich zunächst T am 01.03. an L gewandt und sie aufgefordert, ein Angebot für das Chartern eines Flugzeugs abzugeben. Daher kann die Antwort der L vom 03.03. nicht wieder als invitatio ad offerendum angesehen werden. Ein objektiver Empfänger in der Position der T geht bei dieser Vorgeschichte stattdessen von einem Angebot mit Widerrufsvorbehalt (§ 145 Hs. 2 BGB) aus. Dieses Angebot hat T mit ihrer Reservierung vom 05.03. angenommen (§ 147 BGB).

3. Die Mitteilung der Nichtverfügbarkeit des Flugzeugs durch L vom 30.06. stellt einen rechtzeitigen Widerruf ihres Angebots dar.

Nein!

Es ist umstritten, bis wann bei einem Angebot mit Widerrufsvorbehalt (§ 145 Hs. 2 BGB) dieses widerrufen werden kann. Eine Ansicht lässt dies nur bis zum Zugang der Annahmeerklärung zu (hier der Telefonanruf der T vom 5.3.). Eine andere Ansicht hält auch noch einen unverzüglichen (vgl. die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) Widerruf nach Zugang der Annahmeerklärung für möglich. Der Streitentscheid ist hier allerdings entbehrlich, da die Mitteilung der L vom 30.06. nicht unverzüglich nach Zugang der Annahmeerklärung der T am 5.3. erfolgte. Dieser verspätete Widerruf ist für die Wirksamkeit des Vertragsschlusses nicht mehr beachtlich.

Jurafuchs kostenlos testen


KLE

kleinerPadawan

20.3.2023, 06:52:49

Was, wenn man hier, wenn auch schlecht vertretbar, von einer invitatio ad offerendum ausgegangen wäre? Dann hätte T ein Angebot abgegeben, welches die L nie angenommen hat? Also kein Vertrag?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.3.2023, 11:36:14

Hallo kleiner Padawan, wenn man von einer invitatio ad offerendum der L ausgeht dann läge in der Reservierung das Angebot. Der Sachverhalt gibt dazu natürlich keine Informationen her, aber in der Realität bleibt eine Reservierung selten unkommentiert. Es könnte z.B. eine Reservierungsbestätigung ausgegangen sind, Infos zu Gate oder Abflugzeit oder ähnlichem. Dann wäre darin die Annahme eines Angebots zu sehen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

FW

FW

1.9.2023, 18:49:37

Wäre es auch vertretbar, wenn man hier ein Angebot unter einer auflösenden Bedingung nach § 158 II annimmt? Grundsätzlich hat L ja auch den genauen Zeitpunkt, das konkrete Flugzeug und auch den Preis genannt und bekundet somit auch den generellen Willen, sich rechtlich binden zu wollen. Nur für den Fall, dass ausnahmsweise kein Flugzeug zur Verfügung stehen sollte, will L seine Verbindlichkeit durch die auflösende Bedingung aufheben. Somit würden ja auch Nebenpflichten, insbesondere die Pflicht zur rechtzeitigen Absage bereits von Anfang an bestehen.

§🗿

§🗿

23.1.2024, 02:27:49

Moin zusammen, es wäre super, wenn sich noch jemand zu FWs Ansatz äußern könnte. Kann das Nicht-Vorhandensein eines Flugzeugs eine auflösende Bedingung iSd Paragraphen 158 II darstellen? Demnach hätte T, anders als in der Musterlösung, ja keinen Primäranspruch mehr, oder?

BL

Blotgrim

18.3.2024, 09:17:57

Also ich kann die Frage glaube ich nicht vollständig beantworten. Was ich sagen kann ist dass eine Bedingung egal wäre, wenn L deren Eintritt aktiv herbeiführt, dann würde alles bleiben wie es ist. Von dem Szenario abgesehen bin ich mir nicht sicher habe aber ein gewisses Störgefühl. Die hier beschriebene Bedingung beschreibt ja mehr oder weniger den § 275 I. Unterschied wäre nur, dass ich in dem einen Fall Schadensersatz verlangen kann im anderen wenn überhaupt über cic, aber das wäre wesentlich schwieriger als über 280 ff. Man würde also die Folgen von § 275 I etwas umgehen und sich etwas leicht von seinen Verpflichtungen freimachen können. Wahrscheinlich kann man es so machen, dann wäre die Verpflichtung halt nicht mehr existent, aber die Grenze zu Treu und Glaube dürfte nicht allzu weit weg sein.

JuJu13406

JuJu13406

3.7.2024, 18:40:19

Bei einem Widerrufsvorbehalt muss der Antragende ja spätestens unverzüglich nach Zugang der Annahmeerklärung widerrufen, um den Vertragsschluss zu verhindern. Geht man in einem anderen Fall nach der Auslegung von einer invitatio ad offerendum aus, muss der Empfänger, hier also die Charter-Firma, dann auch unverzüglich auf das Angebot des Fluggastes antworten, sodass in einem Schweigen über den Ablauf der Unverzüglichkeit hinaus eine Annahme gesehen werden könnte oder kommt der Vertrag ganz normal nur zustande, wenn wirklich positiv die Annahme erklärt wird innerhalb der gesetzlichen Annahmefrist?


© Jurafuchs 2024