Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Der öffentlich-rechtliche Vertrag
Subordinationsrechtliche und koordinationsrechtliche Verträge
Subordinationsrechtliche und koordinationsrechtliche Verträge
19. Mai 2025
6 Kommentare
4,8 ★ (15.841 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Behörde B verpflichtet sich vertraglich gegenüber Unternehmerin U, ihr eine Baugenehmigung für eine neue Fabrik zu erteilen, wenn U drei Ausbildungsplätze pro Jahr in ihrem Unternehmen schafft.
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Einordnung des Falls
Subordinationsrechtliche und koordinationsrechtliche Verträge
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B und U haben einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. § 54 S. 2 VwVfG nennt den subordinationsrechtlichen Vertrag als spezielle Form des öffentlich-rechtlichen Vertrags.
Ja, in der Tat!
3. Bei einem koordinationsrechtlichen Vertrag stehen die Vertragspartner in einem gleichwertigen Rangverhältnis zueinander. Ist dies vorliegend der Fall?
Nein!
4. Scheidet ein subordinationsrechtlicher Vertrag aus, wenn der Vertrag lediglich den späteren Erlass eines Verwaltungsakts verspricht?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FW
23.11.2024, 15:03:29
Wäre hier nicht die Zusicherung nach § 38 VwVfG spezieller?
hardymary
4.12.2024, 16:42:55
push
P K
16.12.2024, 14:50:40
Würde sagen nein, weil auch die Zusicherung letztlich ein einseitiges - wenn auch begünstigendes -
Behördenhandeln ist. Entsprechend wird sie zumindest wie ein VA behandelt (§ 38 Abs. 2 VwVfG). Bei einem Vertrag einigen sich zwei Parteien auf eine bestimmte Regelung. Selbst wenn der Vertragsinhalt faktisch eine Zusicherung ist, ist er doch Ergebnis einer übereinstimmenden Willensbildung. Dadurch soll eine höhere Akzeptanz erreicht werden, was auch bei einer Zusicherung relevant sein kann, etwa bzgl. den Details und etwaigen
Nebenbestimmungen eines VA.
_Andor_
16.1.2025, 13:50:16
Ich würde auch sagen, dass kein Fall von Spezialität, sondern eher ein Fall von Parallelität vorliegt; Stichwort: Formwahlfreiheit der Verwaltung. Handelt es sich um etwas einseitiges, könnte eine Zusicherung gegeben sein, handelt es sich um zwei ausgetauschte Willenserklärungen, kommt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag in Betracht. 
Findet Nemo Tenetur
31.1.2025, 17:41:59
Ich verstehe irgendwie nicht so richtig, weswegen man die Figur des verwaltungsaktvorbereitenden Vertrags überhaupt braucht, wenn es die Zusicherung gibt, die ein VA ist und es demnach auch einfach ein Fall vom verwaltungsaktersetzender Vertrag wäre?

Sebastian Schmitt
15.5.2025, 09:59:43
Hallo @[FW](139488), hallo @[hardymary](202321), @[P K](196201) und @[Andor](184372) haben die Frage schon genau richtig beantwortet: Eine Zusicherung iSd § 38 VwVfG haben wir nur bei rein einseitigem
Behördenhandeln. Hier haben wir aber auch eine versprochene Gegenleistung, nämlich die Schaffung von 3 Ausbildungsplätzen pro Jahr. Deswegen sind hier nur §§ 54 ff VwVfG einschlägig. Inhaltlich läuft das Versprechen einer
Behördebei einem Verpflichtungsvertrag aber natürlich auf eine Zusicherung hinaus. Die Abgrenzung ist deswegen nicht immer einfach, wir müssen im Zweifelsfall eben auslegen, was gewollt ist (näher zur Abgrenzung Schoch/Schneider/Schröder, VerwR, Werkstand 6. EL November 2024, § 38 VwVfG Rn 32 f). Und Deine Frage, @[Findet
Nemo Tenetur](254807), verstehe ich leider nicht ganz. Der verwaltungsaktvorbereitende Vertrag ist ja letztlich keine "Figur", sondern eine Bezeichnung für öffentlich-rechtliche Verträge, bei denen die Verpflichtung der
Behördezum Erlass eines konkreten VA eben zeitlich aufgeschoben ist. Die Abgrenzung zur Zusicherung ergibt sich aus meinem ersten Absatz. Wenn gleichzeitig eine Verpflichtung des Bürgers festgeschrieben werden soll, kann sich ein öffentlich-rechtlicher Vertrag anbieten, anderenfalls eine Zusicherung. Beim verwaltungsaktersetzenden Vertrag trifft die
Behördedie Regelung über den begehrten VA-Inhalt dagegen schon unmittelbar im Vertrag. Es kann aber eben aus verschiedenen Gründen für die
Behördesinnvoll sein, den VA letztlich erst später zu erlassen (zB wegen verbleibender interner Abstimmungs- oder Umsetzungsfragen), die Verpflichtung des Bürgers aber schon jetzt festzuhalten. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team