Haftungsmilderung, § 521 BGB

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S schenkt ihrem Bekannten B ein Topfset. Als S dem B das in einem großen Paket verpackte Set übergeben will, fällt ihr das Paket leicht fahrlässig aus der Hand auf eine Vase des B. Dem B entsteht dadurch ein Schaden in Höhe von €100. B verletzt die S bei der Geschenkübergabe ebenfalls leicht fahrlässig.

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Einordnung des Falls

Haftungsmilderung, § 521 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat gegen S einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 524 BGB.

Nein!

Die §§ 523 ff. BGB enthalten ein eigenes, vom allgemeinen Schuldrecht abweichendes Haftungssystem für Sach- und Rechtsmängel. Beruht der Schaden nicht auf der Mangelhaftigkeit der Sache ist auf das allgemeine Schuldrecht zurückzugreifen. Der Schaden des B an der Vase beruht nicht auf der Mangelhaftigkeit des Geschenks, sondern auf einer Nebenpflichtverletzung der S auf die Rechtsgüter des B Rücksicht zu nehmen. B könnte daher gegen S einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB haben.
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2. Die Nebenpflichtverletzung hat S nach § 276 Abs. 1 BGB zu vertreten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schuldner hat nach § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, soweit eine strengere oder mildere Haftung nicht bestimmt ist. Im Schenkungsrecht bestimmt § 521 BGB zu Gunsten des altruistisch handelnden Schenkers, dass dieser nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet. Einfache Fahrlässigkeit hat der Schenker daher nach h.M. nicht zu vertreten, wenn die Schädigung mit dem Schenkungsgegenstand zusammenhängt. In § 521 BGB ist eine mildere Haftung für den Schenker auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vorgesehen. Diese findet auch Anwendung, da die Schädigung des S im Sachzusammenhang mit dem Geschenk steht. S hat das Paket nur leicht fahrlässig fallengelassen, sodass sie die Nebenpflichtverletzung nicht nach § 276 Abs. 1 BGB iVm. § 521 BGB zu vertreten hat.

3. S hat gegen B einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen der leicht fahrlässigen Körperverletzung.

Ja, in der Tat!

Die Haftungsmilderung des § 521 BGB gilt nur für den Schenker und für Schädigungen, die mit dem Geschenk im Sachzusammenhang stehen, da der altruistisch Handelnde milder haften soll. Der Beschenkte haftet nach dem allgemeinen Grundsatz des § 276 BGB, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. B hat den S bei Vertragsdurchführung verletzt, was eine Nebenpflichtverletzung darstellt. Diese hat er auch nach § 276 Abs. 1 BGB leicht fahrlässig zu vertreten, da § 521 BGB auf den Beschenkten keine Anwendung findet. S hat daher einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB gegen B.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

jeci

jeci

15.4.2024, 20:57:55

In der Lösung wird S von der Studentin plötzlich zum Studenten. Aber vor allem ist in der Aufgabe etwas missverständlich formuliert, wer hier wen verletzt. Ich hatte es aufgrund des Wortes "ebenfalls" so verstanden, dass S den B verletzt. Laut der Aufgabenlösung ist es andersherum. Vielleicht könnte man hier sprachlich etwas nachbessern. :)

MAS

Mar St

13.7.2024, 09:23:52

Das sehe ich genauso; zumal das Bild auch zeigt, dass B verletzt würde.

Julian

Julian

23.8.2024, 17:05:07

Vorliegend wird ein Anspruch aus Nebenpflichtverletzung nach §§ 280 I, 241 II BGB angenommen. Aber ein solcher würde doch ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzen. Hier wurde das Geschenk weder übergeben noch geöffnet. Müsste man insofern nicht vielmehr einen Anspruch aus c.i.c. in Erwägung ziehen?


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