Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Wirksamkeit von Verwaltungsakten

Gesetzliche Fiktion der Bekanntgabe (§ 41 Abs. 2 VwVfG) – VA kommt NACH Ablauf der 4-Tage-Frist beim Adressaten an

Gesetzliche Fiktion der Bekanntgabe (§ 41 Abs. 2 VwVfG) – VA kommt NACH Ablauf der 4-Tage-Frist beim Adressaten an

5. Februar 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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inkl. PostModG

Unternehmerin U beantragt wiederum eine Baugenehmigung für den Bau noch einer dritten Achterbahn für ihren Freizeitpark bei der zuständigen Behörde. Behördenmitarbeiter B gibt auch diese Genehmigung am 06.04.2020 bei der Post auf. Die Genehmigung geht der U am 14.04.2020 zu.

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Einordnung des Falls

Gesetzliche Fiktion der Bekanntgabe (§ 41 Abs. 2 VwVfG) – VA kommt NACH Ablauf der 4-Tage-Frist beim Adressaten an

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsaktes, der postalisch übermittelt wird, gilt grundsätzlich die Vier-Tages-Fiktion.

Ja, in der Tat!

Für die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt die gesetzliche Vier-Tages-Fiktion ab dem Tag der Aufgabe zur Post (§ 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG).Das Bekanntgabedatum ist insbesondere für die Berechnung der Widerspruchsfrist beziehungsweise der Klagefrist, für die jeweils der Tag der Bekanntgabe maßgeblich ist, relevant (§§ 70 Abs. 1 S. 1, 74 Abs. 1 S. 2 VwGO).
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2. B hat die Genehmigung am 10.04.2020 an U bekannt gegegeben.

Nein!

Die Vier-Tages-Fiktion aus § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn der Verwaltungsakt dem Adressaten zu einem späteren Zeitpunkt als vier Tage nach der Aufgabe des Verwaltungsakts bei der Post zugeht. In diesem Fall gilt der tatsächliche Zeitpunkt der Zustellung (§ 41 Abs. 2 S. 3 VwVfG). B hat Genehmigung am 06.04.2020 bei der Post aufgegeben. Der schriftliche Verwaltungsakt wurde zwar im Inland postalisch übermittelt. Die Genehmigung ist U tatsächlich aber erst am 14.04.2020 zugegangen, sodass die Bekanntgabe der Genehmigung erst am 14.04.2020, nicht am 10.04.2020, erfolgte. Mache dir den Sinn dieser Regelung bewusst: Der Beginn der Rechtsbehelfsfristen richten sich nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe (§§ 70 Abs. 1 S. 1, 74 Abs. 1 VwGO). Die Fristen dürfen sich nicht dadurch verkürzen, dass man auf die Fiktion abstellt, obwohl der Adressat erst (viel) später vom Verwaltungsakt Kenntnis erlangt hat. Die Fiktion darf sich nur zugunsten des Adressaten auswirken.

3. Die Vier-Tages-Fiktion gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt erst nach fünf Tagen beim Adressaten ankommt (§ 41 Abs. 2 S. 3 VwVfG).

Nein!

Für die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt grundsätzlich die gesetzliche Vier-Tages-Fiktion ab dem Tag der Aufgabe zur Post (§ 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG). Aber: Ist der Verwaltungsakt zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen, so gilt der spätere Zeitpunkt (§ 41 Abs. 2 S. 3 VwVfG). Dies schützt den Empfänger des Verwaltungsakts.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

A-MUC

A-MUC

12.9.2023, 16:35:52

Sehr angenehme Abwandlungen, nicht zu viel neuer Input durch neue Konstellationen. Merci :)

Paulah

Paulah

14.9.2023, 17:52:23

Das finde ich auch. Ich erkenne die Unterschiede viel besser, wenn es im Prinzip immer eine ähnliche Fallkonstellation ist, aber durch kleine Abwandlung auf einmal ein anderer Lösungsansatz erforderlich ist. Vielen Dank!

Nora Mommsen

Nora Mommsen

15.9.2023, 08:34:16

Es freut uns, dass euch diese Abwandlungen beim Lernen helfen! Wir merken es uns für zukünftige Konstellationen :) Beste Grüße, Nora - für das

Jurafuchs

-Team

NI

Nilson2503

30.9.2023, 12:36:12

Gilt in solchen Fällen nicht aber, dass der Empfänger nachweisen muss, dass der VA nicht spätestens am 3 Tage zugegangen ist?

Artur Schönhals

Artur Schönhals

4.11.2023, 16:04:43

Das würde dem Wortlaut des 41 II 3 VwVfG widersprechen, welcher davon spricht, dass die Behörde dies im Zweifel beweisen muss.

Artur Schönhals

Artur Schönhals

4.11.2023, 21:57:23

Nachtrag: Nach h.M ist wohl ein substantiieres Behaupten notwendig, z.B ein Zeuge, welcher den späteren Zugang bezeugen kann.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

14.1.2025, 10:29:48

Hey in die Runde, danke für euren Austausch! Hier noch ein kleiner Nachtrag: Grundsatz: Der Zugang eines Verwaltungsakts wird gemäß § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG vermutet. Die Behörde und das Gericht müssen von Amts wegen ermitteln, ob eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht. Es gibt aber nur Anlass dazu, wenn der Adressat den Zugang innerhalb der vier Tage bestreitet. Wenn der Adressat den Zugang bzw. den Zeitpunkt des Zugangs erfolgreich bestritten hat, muss nach § 41 Abs. 2 S. 3 VwVfG die Behörde beweisen, dass bzw. wann der Zugang erfolgt ist. Es stellt sich also die Frage, welche Anforderungen an das Bestreiten durch den Adressaten gestellt werden. Denn nur, wenn ein erfolgreiches Bestreiten vorliegt, kommt es überhaupt zum Tragen der Beweislastregel aus § 41 Abs. 2 S. 3 VwVfG. Bestreitet der Adressat den Zugang nicht ausreichend, bleibt es bei der gesetzlichen Vermutung des Zugangs aus § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG. Zu den Anforderungen an des Bestreiten gibt es verschiedenen Ansichten: 1. Nach überwiegender Ansicht greift die Zugangsvermutung erst dann nicht, wenn eine ernsthafte Möglichkeit eines fehlenden oder verspäteten Zugangs

substantiiert

dargelegt wird; ein pauschales Bestreiten reicht nicht aus. 2. Einige Stimmen vertreten jedoch, dass bereits ein schlichtes Bestreiten genügt, da es oft schwierig sei, die genauen Gründe für einen fehlenden Zugang zu benennen – letztlich sei dies eine Frage der Beweiswürdigung. Ich kann dazu Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10.A. 2023, RdNr. 126ff. empfehlen. Die Thematik dürfte jedoch i.R.d. ersten Examens eher keine Rolle spielen, dafür aber umso mehr im Assessorexamen. Dort hilft dann aber auch der Kommentar weiter :) Viele Grüße – Linne, für das

Jurafuchs

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