Lebenslange Freiheitsstrafe

11. Mai 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A streitet sich mit einem Fußballfan der gegnerischen Mannschaft. Später lauert er ihm auf und ersticht ihn von hinten. Er wird dafür wegen heimtückischen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. A denkt, dass das nicht mit seinem Recht auf Leben vereinbar ist.

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Einordnung des Falls

Lebenslange Freiheitsstrafe

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der persönliche Schutzbereich des Rechts auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GG) ist eröffnet.

Ja, in der Tat!

Grundrechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Grundrechtsträger sein zu können. Sie ist Voraussetzung dafür, dass der Schutzbereich eines Grundrechts des Grundrechtsträgers eröffnet sein und den Grundrechtsträger damit schützen kann. Nur Lebende haben die Fähigkeit, Grundrechtsträger zu sein. A ist eine lebende natürliche Person und damit grundrechtsfähig. Der persönliche Schutzbereich des Rechts auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 Abs. 1 Alt. 1 GG) ist eröffnet.
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2. Es liegt ein Eingriff in das Recht auf Leben des A vor.

Nein!

Ein Eingriff in das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GG) ist jede rechtliche oder faktische staatliche Maßnahme, die den Tod eines Menschen bewirkt. Die lebenslange Freiheitsstrafe bewirkt nicht den Tod des A. Ein Eingriff in das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GG) liegt nicht vor. Die lebenslange Haft greift in die Freiheit seiner Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) ein und bedroht die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Das BVerfG hat deshalb entschieden, dass die Verhängung einer lebenslangen Strafe nur dann möglich ist, wenn der Betroffene zumindest eine Chance auf Wiedererlangung der Freiheit hat. Zudem darf sie nur zum Schutz höchster Rechtsgüter vor schwersten Delikten dienen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

23.1.2022, 11:25:20

Würde die Prüfung hier nicht schon beim sachlichen Schutzbereich scheitern? Seine biologisch-physische Existenz wird ja durch die Vollstreckung der Strafe nicht beeinträchtigt.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.1.2022, 12:59:39

Hallo QuiGonTim, in der Tat fehlt es hier an dem sachlichen Schutzbereich, weswegen dann auch kein Eingriff vorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

NEHA

Neha

1.10.2022, 22:25:01

Die erste Frage handelt aber darum, ob Art. 2 II S.1 GG tangiert ist, aber hier ist doch Art. 2 II S.2 GG einschlägig. Beim klicken auf „Stimmt nicht“ wird die Antwort als falsch gekennzeichnet. In deiner Antwort sagst du jetzt aber, dass kein Eingriff vorliege, weil der sachliche Schutzbereich bereits nicht berührt ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.10.2022, 22:35:10

Hallo Neha, hier musst Du etwas aufpassen. In der ersten Frage geht es zunächst nur um den persönlichen Schutzbereich. Dieser ist hier eröffnet, da es sich bei dem Recht auf Leben um ein jedermann Grundrecht handelt. Der sachliche Schutzbereich ist dagegen nicht eröffnet, weswegen insoweit auch kein Eingriff vorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

rivertamdea

rivertamdea

5.5.2023, 11:20:44

Da steht aber nicht "persönlicher Schutzbereich" sondern nur "Schutzbereich". Ich hätte hier auch den Schutzbereich als nicht eröffnet gesehen.

rivertamdea

rivertamdea

5.5.2023, 11:22:28

Sorry, hab mich verlesen, da steht natürlich "persönlicher Schutzbereich" 🙈

JOAC

Joachim

4.2.2025, 21:48:59

Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit maximal 15 Jahren, ist doch in der Theorie nicht der persönliche Schutzbereich für das Recht auf Leben eröffnet, sondern das Recht auf Freiheit der Person? Bei anschließender Sicherungsverwahrung, ja. Beides ist ein Recht für Jedermann, aber es wird in meinen Augen das falsche Grundrecht in der Frage behandelt, oder?

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

13.2.2025, 15:07:25

@[Joachim](287454) Die lebenslange Freiheitsstrafe dauert nicht nur 15 Jahre, sondern ist per se erstmal eine Freiheitsstrafe auf unbestimmte Zeit (§ 38 I StGB), das heißt prinzipiell für immer. Es besteht nur nach § 57a StGB die Möglichkeit der frühzeitigen Entlassung nach frühestens 15 Jahren ( § 57 I Nr. 1 StGB) wenn alle Anforderungen erfüllt sind. Da die lebenslange Freiheitsstrafe damit prinzipiell durchaus ein Leben lang dauert (auch wenn das praktisch fast nie vorkommt) ist der Schutzbereich eröffnet. Bzgl. der Sicherungsverwahrung noch eine Anmerkung: Anders als weitläufig angenommen hat die Sicherungsverwahrung auf die Zeit "hinter Gittern" bei Verhängung nebst lebenslanger Freiheitsstrafe keine Auswirkungen. Um eine Sicherungsverwahrung antreten zu müssen, muss für eine Person bei Haftentlassung eine negative Kriminalprognese bestehen (§ 67e I Nr. 1 StGB). Logisch, man muss eben gefährlich sein. Wenn das aber der Fall ist, wird die lebenslange Freiheitsstrafe gar nicht zur Bewährung ausgesetzt, siehe §§ 57a I Nr. 3 i. V. m. 57 I Nr. 2 StGB. Dafür brauchst man nämlich, logisch, eine positive Kriminalprognose. Zeitliche Auswirkungen auf die Zeit "hinter Gittern" hat die Sicherungsverwahrung tatsächlich nur bei zeitigen Freiheitsstrafen. Nur als kleine Ergänzung: Es stimmt auch nicht, dass die Sicherungsverwahrung "echtes lebenslang" wäre, wie weitläufig vermutet wird. Im Gegenteil. Nach § 67e II Var. 3 StGB muss mindestens ein mal Jährlich überprüft werden, ob die Sicherungsverwahrung noch

erforderlich

ist. Nach Ablauf von 10 Jahren sogar alle 9 Monate. Dazu kommt, dass nach 10 Jahren Sicherungsverwahrung eine Regelvermutung der Ungefährlichkeit greift (§ 67d III StGB) und sie in aller Regel für beendet zu erklären ist.


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