Minderung als AGL
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Studentin S kauft bei Christ (C) eine goldene Casio-Uhr zum Angebotspreis von €30; der objektive Wert beträgt €60. Die Hintergrundbeleuchtung der Uhr funktioniert jedoch nicht, weshalb der Wert der Uhr mit Mangel nur noch €50 beträgt. C lässt die Nacherfüllungsfrist fruchtlos verstreichen.
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Einordnung des Falls
Minderung als AGL
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Kann der Käufer, statt zurückzutreten, auch den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2, 441 BGB)?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Könnte S wirksam mindern (§ 437 Nr. 2, 441 BGB)?
Ja!
3. Kann S nach Erklärung der Minderung den zu viel gezahlten Betrag von C verlangen?
Genau, so ist das!
4. Ist der Minderungsbetrag die Differenz zwischen Wert ohne und Wert mit Mangel?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jakob G.
29.1.2021, 16:22:43
Bei dem Fall mit der Armbanduhr begreife ich nicht ganz, wieso unter den Voraussetzungen der §§ 441 I, 346 I, 347 I BGB Zinsen verlangt werden können. Im Normtext habe ich dazu nichts gefunden. Die Voraussetzungen von § 290 2 BGB sind m.E. nicht erfüllt und die Norm nicht direkt anwendbar, weil sich die Uhr nicht während des Verzugs verschlechtert hat. Wird der § 290 BGB analog angewendet?
🦊LEXDEROGANS
26.2.2021, 11:13:05
@Jakob Goe, m. E. könnte hiermit Kapital
nutzungsersatzgemeint sein (direkt aus § 347 Abs. 1). Aber in der Tat wären nähere Ausführungen hierzu hilfreich...
Lukas_Mengestu
22.11.2021, 13:59:27
Hallo ihr beiden, in der Tat ergibt sich der Zinsanspruch aus § 346 Abs. 1 BGB (Nutzungen) sofern C den Kaufpreis dafür genutzt hat, Zinsen zu erzielen bzw. Wertersatz aus § 347 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn C entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft, das Geld nicht angelegt hat. Bei so geringen Beträgen wie hier dürfte die fehlende Anlage allerdings tatsächlich noch nicht gegen die ordnungsgemäße Wirtschaft verstoßen. Hierfür spricht auch, dass die frühere pauschale Verzinsungspflicht des § 347 S. 3 aF BGB im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung bewusst gestrichen wurde (vgl. BT Drs. 14/6040; Schall, in: BeckOGK, 1.5.2021, § 347 RdNr. 22). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CR7
13.3.2023, 15:10:54
Macht den Juristinnen und Juristen bitte Angst und fügt hier eine dicke Formel ein, wie sie in einem Mathematik-Lehrbuch stünde. Wir studieren doch alle Jura, weil wir nichts mit Mathe wollen studieren wollten :D
Nora Mommsen
14.3.2023, 13:38:34
Hallo F.A., wir wollen ja niemandem Angst machen :D An sich ist es aber wirklich nicht schwer, auch wenn man von Mathe sehr wenig begeistert ist. Wenn man einmal verinnerlicht hat, dass es um das Verhältnis der Beträge zueinander geht, kann man das auch in der Klausur locker hinbekommen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Timonster102
25.6.2023, 16:56:44
Käme hier auch ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 30€ in Betracht ?
Nora Mommsen
26.6.2023, 11:11:58
Hallo Timonster102, Danke für deine Frage. Ein Schadensersatzanspruch könnte sich aus Mängelgewährleistung ergeben. Dieser wird allerdings nicht 30 € betragen, da die Uhr ja durchaus noch funktioniert und nicht vollkommen wertlos ist. Die gezahlten 30 € kann S nur zurückverlangen, indem sie vom Vertrag zurücktritt. Dann kommt es gem. § 346 BGB zur Rückabwicklung Zug um Zug. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
evanici
30.8.2023, 09:10:41
Aber wäre der Anspruch aus 812 I 1 F. 1 trotzdem daneben anwendbar?
Constanze.Jauch
16.3.2024, 12:49:13
Hallo evanici, der Anspruch besteht grundsätzlich, geht aber nicht durch, da Tatbestandsmerkmal „ohne Rechtsgrund“ fehlt. Ich gehe davon aus das du denkst, dass der Gläubiger hier die 5€ (um die er mindern kann) ohne rechtsgrund Gleisüberbauung hat? In dem Moment in dem der Gläubiger aber mindert, verwandelt sich das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner in ein Rückgewährverhältnis iSd. § 346 I BGB, vgl. § 441 IV S. 2 BGB. Dieses Rückgewährverhältnis stellt indes einen Rechtsgrund iSd § 812 I 1 Alt. 1 dar.