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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs-Illustration zum Fall zur Minderung als AGL:

Studentin S kauft bei Christ (C) eine goldene Casio-Uhr zum Angebotspreis von €30; der objektive Wert beträgt €60. Die Hintergrundbeleuchtung der Uhr funktioniert jedoch nicht, weshalb der Wert der Uhr mit Mangel nur noch €50 beträgt. C lässt die Nacherfüllungsfrist fruchtlos verstreichen.

Einordnung des Falls

Minderung als AGL

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann der Käufer, statt zurückzutreten, auch den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2, 441 BGB)?

Ja, in der Tat!

Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern (§ 441 Abs. 1 S. 1 BGB). § 441 Abs. 1 S. 1 BGB knüpft das Minderungsrecht an das Rücktrittsrecht an. Zur Begründung eines Minderungsrechts müssen also die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts nach §§ 437 Nr. 2, 323 BGB bzw. §§ 326 Abs. 5 iVm 323 BGB vorliegen. Das Minderungsrecht ist wie das Rücktrittsrecht ein Gestaltungsrecht, das durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausgeübt wird.

2. Könnte S wirksam mindern (§ 437 Nr. 2, 441 BGB)?

Ja!

Die Minderung setzt voraus (1) einen Minderungsgrund, (2) eine Minderungserklärung und (3) keinen Ausschluss. Der Minderungsgrund verlangt dabei, dass die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts erfüllt sind (§§ 323, 326 Abs. 5 BGB). Ein Minderungsrecht besteht auch dann, wenn ein Rücktrittsrecht wegen 323 Abs. 5 S. 2 BGB wegen Unerheblichkeit des Sachmangels ausgeschlossen ist (§ 441 Abs. 1 S. 2 BGB). Da die Uhr bei Gefahrübergang mangelhaft war und die Nacherfüllungsfrist verstrichen ist, kann S die Minderung erklären.

3. Kann S nach Erklärung der Minderung den zu viel gezahlten Betrag von C verlangen?

Genau, so ist das!

Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten (§ 441 Abs. 4 S. 1 BGB). Durch diese Anspruchsgrundlage wird verhindert, den Käufer auf den schwächeren Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu verweisen. Der Verkäufer muss den Betrag unter den Voraussetzungen der §§ 346 Abs. 1, 347 Abs. 1 verzinsen (§ 441 Abs. 1 S. 1 BGB).

4. Ist der Minderungsbetrag die Differenz zwischen Wert ohne und Wert mit Mangel?

Nein, das trifft nicht zu!

Ziel der Minderung ist es, den von den Parteien vereinbarten Kaufpreis dem verminderten Wert der Kaufsache anzupassen. Es geht also nicht um eine bloße Verrechnung des Minderwerts, sondern um die Anpassung des Kaufpreises an das ursprünglich vereinbarte Preis-/Leistungsverhältnis. Die Herabsetzung des Kaufpreises erfolgt anteilig in dem Verhältnis, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand (Soll-Wert) zu dem wirklichen Wert (Ist-Wert) steht (§ 441 Abs. 3 BGB). Die Gleichung zur Berechnung ist dann: Wert mit Mangel x vereinbarter Kaufpreis/Wert ohne Mangel; hier also: 50 x 30/60 = €25. Die zu viel Gezahlten €5 kann S von C verlangen.

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Jakob G.

Jakob G.

29.1.2021, 16:22:43

Bei dem Fall mit der Armbanduhr begreife ich nicht ganz, wieso unter den Voraussetzungen der §§ 441 I, 346 I, 347 I BGB Zinsen verlangt werden können. Im Normtext habe ich dazu nichts gefunden. Die Voraussetzungen von § 290 2 BGB sind m.E. nicht erfüllt und die Norm nicht direkt anwendbar, weil sich die Uhr nicht während des Verzugs verschlechtert hat. Wird der § 290 BGB analog angewendet?

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

26.2.2021, 11:13:05

@Jakob Goe, m. E. könnte hiermit Kapitalnutzungsersatz gemeint sein (direkt aus § 347 Abs. 1). Aber in der Tat wären nähere Ausführungen hierzu hilfreich...

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.11.2021, 13:59:27

Hallo ihr beiden, in der Tat ergibt sich der Zinsanspruch aus § 346 Abs. 1 BGB (Nutzungen) sofern C den Kaufpreis dafür genutzt hat, Zinsen zu erzielen bzw. Wertersatz aus § 347 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn C entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft, das Geld nicht angelegt hat. Bei so geringen Beträgen wie hier dürfte die fehlende Anlage allerdings tatsächlich noch nicht gegen die ordnungsgemäße Wirtschaft verstoßen. Hierfür spricht auch, dass die frühere pauschale Verzinsungspflicht des § 347 S. 3 aF BGB im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung bewusst gestrichen wurde (vgl. BT Drs. 14/6040; Schall, in: BeckOGK, 1.5.2021, § 347 RdNr. 22). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

CR7

CR7

13.3.2023, 15:10:54

Macht den Juristinnen und Juristen bitte Angst und fügt hier eine dicke Formel ein, wie sie in einem Mathematik-Lehrbuch stünde. Wir studieren doch alle Jura, weil wir nichts mit Mathe wollen studieren wollten :D

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.3.2023, 13:38:34

Hallo F.A., wir wollen ja niemandem Angst machen :D An sich ist es aber wirklich nicht schwer, auch wenn man von Mathe sehr wenig begeistert ist. Wenn man einmal verinnerlicht hat, dass es um das Verhältnis der Beträge zueinander geht, kann man das auch in der Klausur locker hinbekommen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

TI

Timonster102

25.6.2023, 16:56:44

Käme hier auch ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 30€ in Betracht ?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.6.2023, 11:11:58

Hallo Timonster102, Danke für deine Frage. Ein Schadensersatzanspruch könnte sich aus Mängelgewährleistung ergeben. Dieser wird allerdings nicht 30 € betragen, da die Uhr ja durchaus noch funktioniert und nicht vollkommen wertlos ist. Die gezahlten 30 € kann S nur zurückverlangen, indem sie vom Vertrag zurücktritt. Dann kommt es gem. § 346 BGB zur Rückabwicklung Zug um Zug. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

30.8.2023, 09:10:41

Aber wäre der Anspruch aus 812 I 1 F. 1 trotzdem daneben anwendbar?

Constanze.Jauch

Constanze.Jauch

16.3.2024, 12:49:13

Hallo evanici, der Anspruch besteht grundsätzlich, geht aber nicht durch, da Tatbestandsmerkmal „ohne Rechtsgrund“ fehlt. Ich gehe davon aus das du denkst, dass der Gläubiger hier die 5€ (um die er mindern kann) ohne rechtsgrund Gleisüberbauung hat? In dem Moment in dem der Gläubiger aber mindert, verwandelt sich das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner in ein Rückgewährverhältnis iSd. § 346 I BGB, vgl. § 441 IV S. 2 BGB. Dieses Rückgewährverhältnis stellt indes einen Rechtsgrund iSd § 812 I 1 Alt. 1 dar.


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