Wahndelikt 4
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft am Montag an K ein Auto. K soll das Auto Mittwoch bezahlen und abholen. Dabei geht V davon aus, dass das Eigentum bereits durch Kaufvertrag übergegangen ist. Dienstag bietet D dem V einen höheren Kaufpreis. V nimmt an und übergibt D noch am selben Tag das Auto.
Einordnung des Falls
Wahndelikt 4
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch einer Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
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Ja!
2. V hat nach der herrschenden Meinung „Tatentschluss“ bezüglich einer Unterschlagung.
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Genau, so ist das!
3. Eine Mindermeinung nimmt in dem vorliegenden Fall lediglich ein Wahndelikt an.
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Ja, in der Tat!
4. V hat durch die Übergabe an D „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.
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Ja!
5. V handelte rechtswidrig und schuldhaft.
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Genau, so ist das!
Fundstellen
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Mogli
26.6.2021, 18:12:40
Inwieweit liegt hier jetzt ein Unterschied zu dem Fall mit dem Vater vor, der den Hund seines Sohnes als „anderen Mensch sieht“ und diesen versucht zu töten. Dort wurde ja der Tatentschluss einen andern Menschen zu töten verneint, da es sich um ein falsches Tatobjekt handelt. Hier könnte man doch auch eine falsches Tatobjekt annehmen, da die Sache nicht fremd war. Oder ist der Unterschied darin zu sehen, dass der Laie im ersten Fall klar erkennen kann dass es nicht um einen „Menschen“handelt
![Simon](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__mpwftaezmgoblr0ksqhyx9i41.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Simon
23.2.2022, 00:04:31
MMn liegt der Unterschied darin, dass der Vater einen Straftatbestand verwirklichen will, den es gar nicht gibt, wohingegen dies bei V anders ist. § 212 verlangt die Tötung eines anderen Menschen. Der Vater weiß natürlich, dass ein Hund kein Mensch ist. Er denkt aber, auch die Tötung eines Tieres, dessen Eigentümer eine innige Beziehung zu diesem hat (vglb. mit der Beziehung zu einem Menschen), sei strafbar. § 246 verlangt das Vorliegen einer fremden Sache. Dabei hat V durchaus verstanden, was "fremd" idS heißt (Stichwort: Parallelwertung in der Laiensphäre): nämlich dass die Sache rechtlich einem anderen zugeordnet ist und dieser damit grds. nach Belieben verfahren und andere von der Nutzung ausschließen kann. V irrt sich lediglich darüber, wann diese Zuordnung einer Sache zu einer Person eintritt. MaW: Im ersten Fall verlangt das Gesetz, dass der Täter einen Menschen töten will. Der Täter versteht aber den Begriff des "Menschen" anders als es das Gesetz tut. Im zweiten Fall verlangt das Gesetz, dass sich der Täter eine fremde Sache zueignen will. Der Täter versteht den Begriff der "Fremdheit" wie es das Gesetz tut, irrt aber über das Vorliegen des Merkmals in der Realität.
![lennart20](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__oigeynqzpjb90hq10fplecn88.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
lennart20
26.4.2023, 15:15:04
Liegt hier eine Paralellwertung in der Laiensphäre auf Tatentschlussebene vor?
![Nora Mommsen](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__1g4ube287wphue6xpdn8yy675.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nora Mommsen
27.4.2023, 12:57:52
Hallo lennart20, der Tatentschluss muss sich auf alle objektiven und deliktsspezifischen subjektiven Tatbestandsmerkmale beziehen. Die Parallelwertung in der Laiensphäre kommt dort zu tragen, wo dem Tatbestandsmerkmal nicht nur ein tatsächlicher Sinn anhaftet (wie z.B. Mensch) sondern einer juristischen Würdigung bedarf. Dort kommt es nicht darauf an, dies im einzelnen korrekt erfasst zu haben, sondern eben darauf dass die die Vorstellung des Täter im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre auf das Tatbestandsmerkmal bezog. Die Parallelwertung kommt also auch im Rahmen des Tatentschluss zum Tragen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team