+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A bestellt im Internetshop des B eine heruntergesetzte Hose aus reiner Schurwolle. B bestätigt dies per E-Mail. Wegen Lieferschwierigkeiten entscheidet sich B heimlich eine ähnlich aussehende Baumwollhose zu liefern. Die Baumwollhose kostet so viel, wie die Schurwollhose nach dem Preisnachlass. A bemerkt den Austausch nicht.

Einordnung des Falls

Echter Erfüllungsbetrug

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat A bei Vertragsschluss getäuscht.

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Nein, das trifft nicht zu!

Es ist nicht festzustellen, dass B bereits bei Vertragsschluss, sprich mit Zugang der Bestätigungsmail, die Absicht hatte eine geringwertigere Hose zu liefern. Es handelt sich also nicht um die Konstellation eines Eingehungsbetrugs, bei welchem bereits im Rahmen des Vertragsschluss getäuscht wird.

2. Indem er die minderwertige Ware lieferte, hat B den A getäuscht.

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Ja!

Durch die kommentarlose Lieferung der (qualitativ schlechteren) Hose erklärt B konkludent, mittels Leistung aus der Gattung der versprochenen Sache ordnungsgemäß erfüllen zu wollen. Insoweit wirkt er bewusst irreführend auf A ein, was als Täuschung zu qualifizieren ist. Dies resultiert auch in einem Irrtum des A.

3. In der Annahme als Erfüllung liegt eine Vermögensverfügung des A.

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Genau, so ist das!

Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, durch welches das Vermögen des Betroffenen unmittelbar gemindert wird. Durch die Annahme als Erfüllung verliert A zumindest unbewusst-faktisch den Anspruch auf die Lieferung der ihm eigentlich zustehenden Hose aus reiner Schurwolle.

4. Dem A ist dadurch ein Vermögensschaden im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB entstanden.

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Ja, in der Tat!

Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn im Rahmen einer Gesamtsaldierung der mit der Vermögensverfügung verbundenen Zu- und Abflüsse beim Betroffenen eine negatives Saldo entstanden ist. A ist eine nachteilige Differenz dadurch entstanden, dass er bei Erfüllung weniger erhalten hat, als ihm vertraglich zustand. Dieser Fall, in dem die Täuschung wegen eines nach Vertragsschluss liegenden Entschlusses erst bei Erfüllung begangen wird, wird als echter Erfüllungsbetrug bezeichnet. In dieser Konstellation ist ein Schaden selbst dann anzunehmen, wenn die Leistung des Täuschenden an sich ihren Preis wert ist. Maßgeblich ist, dass A aufgrund eines Irrtums bei der Erfüllung weniger akzeptiert, als eigentlich geschuldet.

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