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Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis
Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
In der ABC-GbR leitet die Gesellschafterin A wiederholt Verkaufserlöse auf ihr Privatkonto um. Als die anderen Gesellschafterinnen B und C davon erfahren, wollen sie A von der Geschäftsführung ausschließen.
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Einordnung des Falls
Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A ist bisher geschäftsführungsbefugt.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. B und C können der A deren gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis entziehen.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
15.3.2024, 10:55:19
Wie wäre es bei einer A und B
GbR? Könnte A im Alleingang (als "anderer Gesellschafter") dem B die GF-Befugnis entziehen oder bleibt nur die Kündigung der Gesellschaft an sich?
Timurso
15.3.2024, 12:34:21
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das möglich ist. Einerseits spricht dagegen der
Wortlaut, der "[die] anderen Gesellschafter" im Plural voraussetzt. Andererseits würde das vom Telos her nicht passen, da nach Ausschluss des B bzw. der Kündigung keine schutzwürdige Gesellschaft aus mehreren Personen übrig bleiben würde. Und zu guter Letzt habe ich Probleme mit dem Beschluss, wenn dieser nur durch eine Person gefasst würde, die zudem im Normalfall nicht die Mehrheit der Gesellschaftsanteile hat. Dafür spricht aber natürlich, dass sich das Missbrauchspotenzial durch das Erfordernis der Pflichtverletzung in Grenzen hält und auch in einer Zweipersonengesellschaft das Argument des milderen Mittels trägt.
P K
15.3.2024, 21:50:07
Ist aus meiner Sicht eine Frage der
Vertragsauslegung. Wenn gemeinsame Geschäftsführung und nicht Einzelgeschäftsführung jedes Gters vereinbart wurde, spricht einiges dafür, dass eine solche Entziehung von den Auswirkungen auf den anderen Gter. Her ähnlich intensiv ist wie ein
Grundlagengeschäft. Er hat sich nämlich von vorneherein nur unter der Bedingung auf die Gesellschaft eingelassen, für deren Schulden er haftet (!), dass er selbst mitentscheidet. Würde der andere Gter. jetzt alleine entscheiden können, setzt man den anderen Gter. ein Risiko und einer Rollenverteilung aus, die er so nicht eingehen wollte. Gegenüber der Kündigung der Gesellschaft läge kein Minus, sondern ein Aliud vor. Bei vereinbarter Einzelgeschäftsführung, dürfte der Entscheidungskompetenz weniger grundlegende Bedeutung zukommen. Wenn man den
Wortlautvon § 715 für zwingend erachtet, müsste man die Entziehung als Minus zur Kündigung der Gesellschaft oder des Gters. wohl für zulässig erachten.
Sassun
5.9.2024, 11:27:58
Der Antworttext bezieht sich mE noch auf § 712 I a.F. (heute § 715 III). In der alten Rechtslage hieß es, wie auch in der Lösung, "Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag... GF-Befugnis kann entzogen werden". Der aktuelle
Wortlautdes § 715 V erwähnt die Einräumung der GF-Befugnis durch den Gesellschaftsvertrag gar nicht mehr. Daher bräuchte es seit 2024 die Ausführungen zur
teleologischen Extension mE nicht mehr.