petitorische Widerklage

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Da K die Raten für ein von B unter Eigentumsvorbehalt gekauftes Fahrrad nicht mehr zahlt, tritt B wirksam vom Kaufvertrag zurück. B fährt zu K, um das Fahrrad abzuholen. K ist nicht zuhause. Da das Fahrrad vor dem Haus steht, nimmt B es mit. K erhebt Klage auf Herausgabe.

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Einordnung des Falls

petitorische Widerklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat durch die Mitnahme des Fahrrades verbotene Eigenmacht gegenüber K verübt (§ 858 BGB).

Genau, so ist das!

Nach § 858 Abs. 1 BGB handelt derjenige, der dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihm im Besitz stört, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht). Dies gilt unabhängig davon, wer das Recht zum Besitz hat. Denn § 858 BGB und die §§ 861, 862 BGB schützen den tatsächlichen Besitz. Das Fahrrad befand sich auf dem Grundstück des K und war somit in seinem Besitz. Diesen Besitz hat B der K ohne ihren Willen entzogen, indem er es mitnahm. Ansprüche, die den tatsächlichen Besitz an einer Sache schützen, werden possessorische Ansprüche genannt. Demgegenüber werden Ansprüche, die das Recht zum Besitz schützen, als petitorische Ansprüche bezeichnet.
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2. B stand ein Recht zum Besitz am Fahrrad zu.

Ja, in der Tat!

Bei einem unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen Kaufvertrag kann der Verkäufer die Sache nur herausverlangen, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist (§ 449 Abs. 2 BGB). Der Kaufvertrag begründet also zunächst ein Recht zum Besitz für den Käufer (§ 986 BGB). Durch einen wirksamen Rücktritt des Verkäufers entfällt dieses und der Vorbehaltsverkäufer ist wieder besitzberechtigt. Aufgrund der ausgebliebenen Ratenzahlungen seitens K konnte B wirksam nach §§ 323 Abs. 1, 346ff. BGB vom Vertrag zurücktreten. Dadurch ist das Recht zum Besitz des K entfallen und B ist nun wieder zum Besitz berechtigt.

3. Können Besitzrechte grundsätzlich einem Herausgabeanspruch aus § 861 BGB als Einwendung entgegenhalten werden (§ 863 BGB)?

Nein!

Nach § 863 BGB stellt ein Recht zum Besitz grundsätzlich keine Einwendung gegenüber den in §§ 861, 862 BGB genannten possessorischen Ansprüchen dar. Hierdurch soll die zügige Durchsetzung der Ansprüche aus §§ 861, 862 BGB bzw. die schnelle Wiedereinräumung des Besitzes/Beseitigung der Besitzstörung sichergestellt werden.

4. Durch eine Widerklage kann B unter Umständen dennoch die Klageabweisung erreichen.

Genau, so ist das!

Nach § 864 Abs. 2 BGB erlischt ein Anspruch aus § 861 BGB, wenn durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass der die verbotene Eigenmacht verübende ein Recht zum Besitz an der Sache hat. Zur Vermeidung widersprüchlicher Ergebnisse wendet der BGH § 864 Abs. 2 BGB analog an, wenn der Beklagte bereits im Rahmen der Besitzschutzklage eine zulässige, begründete und entscheidungsreife Widerklage auf Feststellung seines Besitzrechts (= petitorische Widerklage) erhebt. Lässt B sein Recht zum Besitz widerklageweise feststellen, erlischt dadurch nach § 864 Abs. 2 BGB analog Ks Anspruch aus § 861 BGB.

5. Wenn eine petitorische Widerklage noch nicht entscheidungsreif ist, ergeht ein Teilurteil.

Ja, in der Tat!

Nach § 864 Abs. 2 BGB analog führt eine petitorische Widerklage nur dann zum Erlöschen des possessorischen Klageanspruchs, wenn sie bereits entscheidungsreif ist. Fehlt die Entscheidungsreife, etwa weil zuerst Beweis über das Bestehen eines Besitzrechts des Beklagten erhoben werden muss, ergeht ein Teilurteil bezüglich der Klage.Damit soll verhindert werden, dass die Erhebung der petitorischen Widerklage eine zügige Durchsetzung der Ansprüche aus §§ 861, 862 BGB bzw. die schnelle Wiedereinräumung des Besitzes/Beseitigung der Besitzstörung blockiert.
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