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Autokäufer kann nach Anfechtung des Kaufvertrags vom Darlehensgeber die bereits gezahlten Kreditraten zurückverlangen
Autokäufer kann nach Anfechtung des Kaufvertrags vom Darlehensgeber die bereits gezahlten Kreditraten zurückverlangen
13. Juli 2025
17 Kommentare
4,8 ★ (25.662 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Verbraucher K kauft 2018 von Händlerin V einen „Neuwagen“. V weiß, dass das Auto nicht neu ist. Zur Finanzierung nimmt K bei der Bank B, die sich Vs Mitwirkung bedient, ein Darlehen auf. Dieses zahlt B vertragsgemäß an V aus. 2020 bemerkt K die Täuschung und ficht den Kaufvertrag an. B verlangt weiter Tilgung der vereinbarten Darlehensraten.
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Einordnung des Falls
Autokäufer kann nach Anfechtung des Kaufvertrags vom Darlehensgeber die bereits gezahlten Kreditraten zurückverlangen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Anspruchsgrundlage für den Anspruch des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer auf Rückzahlung eines Darlehens ist § 488 Abs. 1 S. 2 BGB.
Ja!
2. Infolge der Anfechtung ist der Darlehensvertrag jedoch von Anfang an nichtig, § 142 Abs. 1 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. K kann sich jedoch auch gegenüber B auf die Anfechtung des Kaufvertrags berufen, wenn die Voraussetzungen des § 359 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen.
Ja, in der Tat!
4. Die Voraussetzungen für den Einwendungsdurchgriff aus § 359 Abs. 1 S. 1 BGB sind hier erfüllt, sodass K die Zahlung weiterer Tilgungsraten verweigern kann.
Ja!
5. Darüber hinaus K kann infolge der Anfechtung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB die Rückzahlung bereits gezahlter Tilgungsraten verlangen.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. K kann die gezahlten Tilgungsraten dennoch gemäß §§ 813 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen, da ihm infolge der Anfechtung ex tunc eine Einrede gegen B zustand.
Ja, in der Tat!
7. Dieses Ergebnis ist für K ein Glücksfall, da er nun sowohl von V den Kaufpreis zurückerhält, als auch von B die Rückzahlung der Darlehensraten verlangen kann.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri
20.3.2022, 12:18:33
Könnte man nicht argumentieren, dass die Bank dadurch, dass sie sich Vs Mitwirkung bedient, in dessen Lager steht und K daher den Darlehensvertrag nach 123 I anfechten kann, da B sich die
arglistige Täuschungzurechnen lassen muss?

Lukas_Mengestu
21.3.2022, 11:58:15
Hallo Ri, in der Tat sieht die Rechtsprechung in solchen Konstellationen den Vermittler (hier: V) nicht als Dritten, sodass die
arglistige Täuschungdes V auch zur Anfechtung des Darlehensvertrages mit der Bank berechtigt hätte (vgl. Rehberg, in: BeckOGK-BGB, 1.3.2022, § 123 RdNr. 48.1 mwN). K hatte hier allerdings gegenüber der Bank im vorliegenden Fall nie die Anfechtung erklärt (vielmehr hatte diese ihm das Darlehen gekündigt). Deswegen war die Anfechtung des Darlehensvertrages selbst gerichtlich nicht zu prüfen gewesen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe
9.4.2023, 11:25:01
(a) "B bediente sich der Mitwirkung von V" finde ich etwas abstrakt. Was ist denn das Entscheidende? Dass der Darlehensvertrag durch V angestoßen wurde? Dass B über den
Kaufvertragund seine essentialia negotii informiert war? Dass B überhaupt wusste, dass Darlehen und Kauf verbunden waren? -- (b) Welche der zitierten Normen ist aus Eurer Sicht "ab
gefahren"?
m.e.l.a.n.i.e
5.7.2025, 22:50:32
Finde ich auch. Vielleicht könnte man hier noch etwas konkreter werden, was unter dem "sich Bedienen" zu verstehen ist.
David.
26.7.2023, 08:39:49
IsiRider
13.2.2024, 10:58:29
Timurso
13.2.2024, 16:16:17
Nein.
Fehleridentitätist typischerweise eine Fallgruppe, bei der zugleich das Verpflichtungs- und das
Verfügungsgeschäftangefochten werden (bzw. an einem anderen Mangel leiden). Sie wird zum Teil als Ausnahme des Trennungs- und Abstraktionsprinzip gesehen. Hier geht es jedoch um verschiedene Verpflichtungsgeschäfte, die, umso wichtiger, mit verschiedenen Vertragspartnern geschlossen wurden. Insofern kann schon deswegen die Erklärung der Anfechtung ggü. V nicht auch den Vertrag mit B anfechten, § 143 BGB. Zudem ist bei
Fehleridentität, wie der Name schon sagt, erforderlich, dass beide Geschäfte am selben Mangel leiden. Hier ist der Vertrag mit B jedoch nicht anfechtbar, da die
Täuschungdurch V passierte und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass B die
Täuschungkannte oder kennen musste,
§ 123 II BGB.
Timurso
13.2.2024, 16:17:54
Okay, letzteren Punkt muss ich mit Blick auf den Thread 2 weiter unten revidieren. Scheinbar wäre der Vertrag auch ggü. B anfechtbar.
Erik_1995
13.6.2025, 15:33:17
Weshalb wird mit keinem Wort erwähnt, dass eine Anfechtung alleine nicht zur Anwendbarkeit der §§ 355 ff. führt? Weshalb wird nicht mal die Anwendbarkeit des § 358 geprüft?