+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der 1933 emigrierte Schriftsteller K schildert in seinem Roman "Mephisto" Aufstieg und Karriere des opportunistischen Schauspielers Hendrik H. in Nazideutschland. Vorlage war der echte Schauspieler Gustaf G., den K kannte. Dessen Alleinerbe erwirkt ein Verbot gegen Verleger V, "Mephisto" zu veröffentlichen.
Einordnung des Falls
Sachlicher Schutzbereich: Wirkbereich des Kunstvermittlers – Mephisto
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG) schützt nur die künstlerische Betätigung, nicht jedoch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks.
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Nein, das ist nicht der Fall!
Die Kunstfreiheit schützt nicht nur die künstlerische Betätigung ("Werkbereich"), sondern auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks ("Wirkbereich"). Der "Wirkbereich", in dem der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschafft wird, ist für die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG elementar. Die Gewährleistung des "Werkbereichs" reicht nicht aus, um die Freiheit der Kunst zu sichern. Ohne Erstreckung des Geltungsbereichs der Kunstfreiheit auf den "Wirkbereich" würde das Grundrecht weitgehend leerlaufen. "Werkbereich" und "Wirkbereich" sind sachnotwendig für die Begegnung mit dem Werk, sie bilden eine unlösbare Einheit.
2. Das Verbot, "Mephisto" zu veröffentlichen, berührt den sachlichen Schutzbereich der Kunstfreiheit des V.
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Ja, in der Tat!
Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG garantiert die Freiheit der Betätigung im Kunstbereich umfassend. Daher schützt die Kunstfreiheit auch den "Wirkbereich", in dem der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschafft wird.
Mit der Veröffentlichung des Romans wird dieser der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Veröffentlichung fällt in den Wirkbereich.
Der Schutzbereich der Kunstfreiheit schützt - gerade im "Wirkbereich" - auch denjenigen, der eine "unentbehrliche Mittlerfunktion" zwischen Kunstwerk und Publikum ausübt. Zu solchen Kommunikationsmittlern gehören etwa Verleger, Produzenten, Galeristen oder Agenten. Daher kann sich auch Verleger V auf die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG) berufen.