Grundfall: AK unbegründet, weil VA rechtmäßig
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Reichsbürger R erkennt die deutsche Rechtsordnung nicht an. Er begeht Ordnungswidrigkeiten und verweigert die Bezahlung der Bußgelder. Die zuständige Behörde widerruft deswegen formell rechtmäßig Rs Waffenbesitzkarte mit der Begründung, R besäße nicht die erforderliche Zuverlässigkeit. Rs Anfechtungsklage ist zulässig.
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Einordnung des Falls
Grundfall: AK unbegründet, weil VA rechtmäßig
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Anfechtungsklage ist darauf gerichtet, dass die zuständige Behörde R eine neue Waffenbesitzkarte ausstellt (§ 42 Abs. 1 VwGO).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Anfechtungsklage ist begründet, soweit der (belastende) Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Ja!
3. Der Widerruf müsste zunächst aufgrund einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage ergangen sein. In Betracht kommt hier § 45 Abs. 2 WaffG.
Genau, so ist das!
4. Ein Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig, wenn er die anwendbaren Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften einhält.
Ja, in der Tat!
5. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufs (§ 45 WaffG) liegen hier vor.
Ja!
6. Der Widerruf ist rechtmäßig und der R nicht in seinen Rechten verletzt. Die Anfechtungsklage ist unbegründet.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Saufen_Fetzt
27.2.2023, 12:50:11
Am end wäre es nice, hier noch ausdrücklich zwischen Rücknahme (Abs 1) und Widerruf (Abs 2) zu differenzieren. Es kostet auch in der Klausur nur einen Satz, aber macht Korrektoren happy.
DeliktusMaximus
11.3.2023, 23:42:55
Wenn das bloße Nichtanerkennen unserer Rechtsordnung ausreicht, um einem Reichsbürger den Waffenschein zu entziehen, warum haben dann so viele Neonazis und Reichbürger trotdzem legale Schusswaffen, wie man aus der aktuellen Diskussion entnehmen kann? Das ist keine polemische Frage. Wenn es so einfach ist, einem Staatsfeind die Waffe wegzunehmen, wo liegt dann das Problem der Gerichte und
Behörden?
Nora Mommsen
12.3.2023, 10:01:29
Hallo DeliktusMaximus, danke für deine Frage. Ein bisschen bräuchte man für die Antwort eine Glaskugel, denn eine eindeutige pauschale Antwort gibt es dazu nicht. Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen Neonazis und Reichsbürgern, wobei letztere erst seit etwa 15 Jahren verstärkt in Erscheinung treten. Zu Neonazis lässt sich sagen, dass durchaus beobachtet wird, dass diese unter Verschleierung ihrer Ansichten durch Mitgliedschaft in Sportschützenvereinen eine Waffenerlaubnis erhalten. Scheidler führt dazu aus: "Naheliegend wäre es, bei Personen, die der rechtsextremen Szene angehören, prognostisch davon auszugehen, dass sie Waffen missbräuchlich verwenden, so dass ihnen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG die Zuverlässigkeit fehlt. Einer dermaßen strengen und pauschalierenden Auslegung des
Waffengesetzes hat das BVerwG aber eine Absage erteilt: „Das Vorliegen einer ‚extremen politischen Einstellung und deren nicht verbotener Verbreitung’ besagt für sich genommen noch nichts darüber, ob der Antragsteller künftig mit Waffen und Munition ordnungsgemäß umgehen wird. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten." (Scheidler in LKRZ 2012, 86). Zu Reichsbürgern gilt ähnliches: neben der bloßen Sympathiebekundung mit der Bewegung müssen weitere Anhaltspunkte hinzutreten. Es lässt sich aber beobachten, dass Gerichte hier deutlich großzügiger die Unzuverlässigkeit annehmen und weniger konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall fordern. Wie du siehst, ist es nicht einfach eine Antwort zu geben. Politischer Wille spielt bei all dem natürlich auch eine Rolle. Viele Grüße - Nora, für das Jurafuchs-Team
Dogu
18.11.2023, 17:22:41
Welche Nummer in § 5 I bzw. II WaffG wäre im konkreten Fall verwirklicht?
Paulah
19.11.2023, 14:59:57
Im Urteil wurde auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG abgestellt.
Leo Lee
25.11.2023, 14:30:39
Hallo Dogu, wie Paulah richtigerweise anmerkt, wurde in der Entscheidung § 5 I Nr. 2 WaffG benannt, hierunter wurde dann subsumiert, dass ein Reichsbürger, der die Rechtsordnung der BRD nicht anerkennt, vermutlich nich zuverlässig mit einer Waffe umgehen wird (etwa dadurch, dass er bereit ist, seine Waffe gegen die BRD einzusetzen, die er ablehnt). Die Erwähnung findest du bei Rn. 10 ff. bei https://openjur.de/u/2169237.html :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
MenschlicherBriefkasten
23.3.2024, 14:33:17
Das klingt aber ein wenig konstruiert meiner Meinung nach.