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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Mitarbeiter eines Krematoriums nimmt das Zahngold eines Leichnams nach dessen Einäscherung an sich.

Einordnung des Falls

Zahngold nach Verbrennung der Leiche

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Zahngold ist eine Sache (§ 242 Abs. 1 StGB).

Ja!

Unter einer Sache versteht man jeden körperlichen Gegenstand im Sinne des § 90 BGB, unabhängig von seinem Aggregatzustand.Der menschliche Leichnam und die mit ihm fest verbundenen Teile besitzen nach herrschender Meinung Sachqualität. Das Zahngold, das in Form und Funktion ein defektes Körperteil ersetzt (Substitutiv-Implantat) gehört zur Leiche und stellt daher eine Sache im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB dar.

2. Das Zahngold ist für den Mitarbeiter fremd (§ 242 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Sache ist für den Täter fremd, wenn sie weder in dessen Alleineigentum steht noch herrenlos ist.Die Leiche als solche ist nicht eigentumsfähig. Gleiches gilt zu Beginn auch für das Zahngold, das als Substitutiv-Implantat nach allen Auffassungen einen Teil des Leichnams bildet. Anders ist dies, sofern die feste Verbindung zum Leichnam gelöst wird. Als Folge der Einäscherung steht das Zahngold nicht mehr in fester Verbindung zu dem Leichnam und ist eigentumsfähig. Leichen stehen in niemandes Eigentum und sind daher herrenlos, solange sie zur Bestattung vorgesehen sind. Somit steht auch das Zahngold in niemandes Eigentum, solange die Erben von dem Aneignungsrecht des § 958 BGB keinen Gebrauch machen. Dies ist hier nicht ersichtlich. Das Zahngold war herrenlos. Es ist keine fremde Sache im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB.In Betracht kommt aber eine Strafbarkeit wegen Störung der Totenruhe (§ 168 StGB).

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JURA

Juranus

18.12.2020, 13:57:11

Warum geht das Eigentum am Zahngold nicht im Wege der Universalsukzession auf die Erben über?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

18.12.2020, 19:20:19

Hallo Juranus, das liegt daran, dass es Teil der Leiche des Erblassers ist und diese zur Bestattung vorgesehen ist. In diesem Fall erwirbt niemand Eigentum an der Leiche und auch nicht am Zahngold.

LUKA

Lukas

6.12.2021, 18:15:33

Hallo, Steht Zahngold (im allgemeinen) vor der Implantation nicht in jemandes Eigentum? Etwa in dem des Herstellers oder desjenigen, der es implantiert bekommt (zB weil er es selbst erworben hat)? Wäre das Zahngold nach der Einäscherung trotzdem herrenlos oder würde es nicht doch nach § 1922 BGB auf die Erben übergehen, wenn der Verstorbene vor der Implantation Erwerber/ Eigentümer war?

LUKA

Lukas

6.12.2021, 18:45:59

Nachtrag: Wenn ich es nun richtig verstanden habe, ist der Todeszeitpunkt relevant, an dem das Zahngold Teil des Körpers und somit nicht eigentumsfähig war. Nach der Einäscherung ist das Zahngold dann also herrenlos, ungeachtet der vorherigen Eigentumsverhältnisse. Liege ich damit richtig?

Isabell

Isabell

18.2.2021, 12:54:45

Wenn ich mir überlege was mich als Angehörigen eine Bestattung kostet, tue ich mich jedes Mal aufs neue schwer mit der rechtlichen Bewertung Leichen seien herrenlos 😅

IUS

iustus

25.7.2021, 22:42:49

Eigentlich zahlt der Erblasser ja seine Bestattung auch selbst aus der Erbmasse, bzw. ist das so üblich, dass diese Kosten noch davon bestritten werden. Dazu bezahlt man auch für das „Werk“ der Beisetzung und nicht „die Entsorgung einer Sache“.

TAI

Taisiia

7.11.2021, 16:13:59

Ich tue mich schwer mit dem Schluss, dass da die Leiche in niemandes Eigentum steht, und sie somit herrenlos ist. Sie wurde ja nicht aufgegeben iSd 959 BGB, sondern gehörte von Beginn an keinem. Es ändert zwar nichts am Ergebnis, dennoch kann ich die Selbstverständlichkeit, mit der auf die Herrenlosigkeit geschlossen wurde, nicht nachvollziehen. Wäre es nicht vielmehr eine Kategorie, die sich ganz den Paragraphen 929 ff BGB entzieht?

TAI

Taisiia

7.11.2021, 16:21:17

Und ja, ich gebe es zu, es steht so im BGH-Urteil. Dennoch finde ich die Phrase problematisch...

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.11.2021, 10:40:48

Hallo Taisiia, vielleicht kann ich Dir an dieser Stelle Deine Bauchschmerzen nehmen. § 959 BGB ist keine Legaldefinition des Begriffs der "Herrenlosigkeit". Vielmehr beschreibt die Norm einen Fall der Herrenlosigkeit, nämlich die sogennante Derelektion. Also die Aufgabe des Besitzes der Sache durch den Eigentümer in der Absicht das Eigentum daran aufzugeben. Neben der

Dereliktion

sind Sachen aber auch herrenlos, die niemals einen Herrscher, Eigentümer oder Besitzer hatten. Und letzteres ist bei Leichen der Fall :-). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TAI

Taisiia

8.11.2021, 10:51:36

Vielen Dank!

MenschlicherBriefkasten

MenschlicherBriefkasten

22.3.2024, 17:02:07

Aber wenn das Zahngold dann von der Leiche getrennt wird, wird es ja wieder eigentumsfähig. Warum geht es dann nicht in diesem Zeitpunkt auf die Erben über, § 1922 BGB? @[Lukas_Mengestu](136780)

FABY

Faby

16.5.2023, 11:58:10

An anderer Stelle wurde geschrieben, dass nur ein Teil der Literatur zwischen Substitutiv- und Supportiv-Implantaten unterscheidet. Die "wohl überwiegende Ansicht" macht das nicht, soweit ich das verstanden habe. Wieso wird in der Lösung von Jurafuchs in diesem Fall die Ansicht eines Teils der Literatur übernommen, wo sonst der Rechtsprechung bzw. herrschenden Ansicht gefolgt wird? Sollte dies nicht zumindest kenntlich gemacht werden? :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.5.2023, 13:45:39

Hallo Faby, dies war hier etwas missverständlich dargestellt. Nach der überwiegenden Auffassung werden sämtliche Implantate mit der Einpflanzung Teile des Körpers - unabhängig der Differenzierung in Supportiv-/Substitut-Implantat. In diesem Fall handelt es sich bei dem Zahngold, welches für Zahnkronen verwendet wird um ein Substitut-Implantat. Auch nach der differenzierenden Auffassung verlieren solche Implantate mit Einbau ihre selbstständige Sachqualität. Deswegen kann der Streit hier dahinstehen. Nach allen Ansichten teilt das Zahngold zunächst das Schicksal des Körpers. Mit der Einäscherung wird die Verbindung gelöst, sodass es wieder eigenständige Sachqualität erlangt, allerdings nunmehr herrenlos ist. Ich hoffe, jetzt ist es deutlicher geworden :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SoBobo

SoBobo

12.10.2023, 10:45:22

Gerade in einem Übungsaktenvortrag gehabt und bin noch mal hier, um mir die Jurafuchs-Begründung anzuschauen 😁


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