Taschengeldanspruch (Fall)
5. Juli 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
F und M sind verheiratet und haben keine Kinder. F wurde zur Partnerin in einer renommierten Großkanzlei ernannt und erzielt ein hohes Einkommen. Der vermögenslose M hat daraufhin seinen Job gekündigt, um sich ganz seinem Hobby, dem Segeln, zu widmen. Den Kaufpreis für sein Segelboot hat er bei G bislang nicht bezahlt.
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Einordnung des Falls
Taschengeldanspruch (Fall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M hat gegen F einen Anspruch auf Zahlung eines Taschengelds, um damit unter anderem sein Hobby finanzieren zu können.
Ja!
2. Könnte G, nachdem er einen Titel gegen M erwirkt hat, dessen Taschengeldanspruch pfänden?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
25.8.2023, 12:47:17
Ich verstehe gerade nicht: Die Norm beginnt mit "unpfändbar sind....", aber hat die Überschrift "Bedingt pfändbar". Ich bin lost -,-

Pilea
8.10.2023, 09:39:47
Hab ich mich auch gefragt, und den § 850b II BGB gefunden, der hilfreich sein könnte. Finde es aber auch sehr knapp.

Sebastian Schmitt
18.4.2025, 17:27:41
Hallo @[Diaa](211889), @[Pilea ](189001) hat Dich schon zu Recht auf § 850b II ZPO hingewiesen, den wir auch in unserer Erläuterung zur zweiten Frage explizit nennen. Evtl erging Deine Frage noch zu einer früheren Fassung der Aufgabe und sie wurde zwischenzeitlich überarbeitet. Der Rest ergibt sich letztlich aus der genauen Lektüre des Gesetzestexts: Die in § 850b I (Nr 2) ZPO genannten Bezüge sind zwar grds (!) unpfändbar. Schon der Überschrift des § 850b ZPO zufolge und erst Recht im Zusammenspiel mit § 850b II ZPO ergibt sich aber eine eingeschränkte, bedingte Pfändbarkeit unter den Voraussetzungen des § 850b II ZPO: keine vollständige
Befriedigungdes Gläubigers durch sonstige Vollstreckung in das
Schuldnervermögen + Billigkeit. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
BrSa
25.7.2024, 11:04:49
könnte man nicht argumentieren, dass es gegen treu und glauben verstößt, wenn man extra seinen Job kündigt, um dann von seinem Partner ein Taschengeld zu erhalten? solange dies nicht abgesprochen war, versteht sich.

Cosmonaut
9.1.2025, 10:02:40
242 ist natürlich immer eine potentielle Keule des Bauchgefühl-Richters für den komplexen Einzelfall. Aber mal platt in den Raum gefragt: Verstößt es denn gegen das Moralempfinden aller billig und gerecht Denkenden, wenn man den eigenen (Bullshit-)Job kündigt, weil der Partner seine Karriere-Träume verwirklicht, um selbst nicht in der Einöde und Stupidität der beruflichen Alltäglichkeit zu versinken, sondern sich stattdessen außerhalb des Berufs in anderer Form selbst zu verwirklichen? Du siehst @[BrSa](222308), wie üblich alles Auslegungssache und in beide Seiten gangbar. 242 wird jedoch in der Praxis nur als letzter Rettungsanker in Extremfällen gebraucht. Daher denke ich ist das wirtschaftliche Umsatteln auf das von der Rspr und Lit anerkannte Taschengeld unbedenklich. Wie im Fall jedoch extreme Anschaffungen auf den Partner abwälzen zu wollen, etwaig unter Berufung auf 1357 („Schlüsselgewalt“), wäre wiederum zu hinterfragen. Allerdings bräuchte man hier mE nicht den Rückgriff auf den 242, da bereits die Angemessenheit eines Segelboots für einen Großstädterhaushalt höchst fragwürdig ist - ja, selbst wenn der Partner seine 400k € nach Hause schifft.

Sebastian Schmitt
13.6.2025, 08:51:58
Hallo @[BrSa](222308), ich verstehe Deine Bedenken und über §
242 BGBkann man natürlich immer nachdenken. In der Sache hat @[Cosmonaut](188718) allerdings mE nicht ganz Unrecht, auch wenn er das natürlich sehr überspitzt formuliert hat und ich das Ganze stattdessen lieber (möglichst) rechtlich begründen würde. Ausgangspunkt sind zunächst die Erwägungen und Aspekte, die ich gerade im Nachbarthread näher angestellt und ausgeführt habe (https://applink.jurafuchs.de/oqdnkOxW9Tb). Hier nur in aller Kürze: Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt ist (bei Zusammenleben der Ehegatten!) nach jedenfalls ganz hM (allgM?) grds unabhängig von der Bedürftigkeit des Anspruchsberechtigten. Selbst wenn letzterer seine Bedürftigkeit eigens ver
schuldet hat, soll das den Unterhaltsanspruch wohl weder entfallen lassen noch mindern. Vor dem Hintergrund fällt es mE nicht ganz leicht, diese eigentlich recht klaren Wertung mit §
242 BGBzu unterlaufen, auch wenn man darüber in Ausnahmefällen sicher diskutieren kann. Wollte man in solchen Konstellationen prinzipiell gegensteuern, wäre das aber wohl eher eine Aufgabe für den Gesetzgeber. Dem Taschengeld zahlenden Ehegatten bliebe als letzter Ausweg natürlich immerhin noch die Trennung/Scheidung. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Jenny
11.10.2024, 17:46:53
Unterliegt der Anspruch auf Taschengeld der Vollstreckung oder ist diese nach § 120 III FamFG gesperrt?
lawfulthings
25.2.2025, 17:58:48
Würde mich auch interessieren

Charliefux
17.4.2025, 17:06:34
Wäre lieb, wenn jemand aus dem Team die Frage beantworten könnte:)

Sebastian Schmitt
18.4.2025, 17:21:16
Hallo @Jenny, hallo @[lawfulthings](229918), hallo @[Charliefux](56873), in der Tat kann dieser Anspruch des einen Ehegatten gegen den anderen auch per Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden (wie praxisrelevant das ist, sei mal dahingestellt). Anderenfalls würde sich ja auch die in der Aufgabe genannte Frage nach der Pfändbarkeit dieses Anspruchs kaum stellen (§§ 850, 850b ZPO), weil wir uns sonst fragen müssten, ob denn der Gläubiger die Forderung überhaupt ohne Weiteres gegen den jeweils anderen Ehegatten durchsetzen könnte. § 120 III FamFG steht dem nicht entgegen, denn dort geht es nach dem Wortlaut allein um die genannten höchstpersönlichen Pflichten der §§ 1353 ff BGB (näher MüKoFamFG/Fischer, 4. Aufl 2025, § 120 Rn 18). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Lindasey
6.6.2025, 17:38:41
M erfüllt aber doch selber seine Verpflichtung zum Unterhalt der Familie gem. § 1360 S. 1 BGB beizutragen NICHT.. Müsste dann nicht auch ein Taschengeldanspruch aus §§ 1360, 1360a BGB auf Situationen begrenzt sein in denen der andere Ehegatte seiner Verpflichtung zum Unterhalt der Familie selber auch nachkommt, er dies allerdings durch Arbeit gem. § 1360 BGB tut. Dann hat der andere Ehegatte ja gerade kein eigenes Vermögen und demnach macht ein Taschengeldanspruch auch Sinn. Ich bin gerade durch kurzes googeln auch auf diese Kanzleiseite gestoßen => https://www.templer.de/familienrecht/ehegattenunterhalt-und-kindesunterhalt.html#:~:text=Zu%20dem%20Familienunterhalt%20gehört%20auch,
notwendigen%20Bedarfs%20der%20Familie%20ausreicht. Dort wird darauf abgestellt, dass dieser "Taschengeldanspruch" besteht, wenn der Ehegatte nicht in der Lage ist den angemessenen Unterhalt aus eigener Kraft sicherzustellen. Hier im Fall ist M ja aber gerade das möglich, er hat dazu nur "keine Lust". Etwas anderes würde meiner Meinung erst gelten, wenn der Fall so wäre, dass M nicht arbeiten kann, weil er auf die Kinder aufpasst, langfristig krank ist oder aus anderweitigen Gründen keine Arbeit finden kann.

Sebastian Schmitt
13.6.2025, 08:08:54
Hallo @[Lindasey](292087), 1. Ob M seine eigene Unterhaltspflicht erfüllt, dürfte keine Rolle spielen. § 1360 S 1 BGB begründet zwar wechselseitige Verpflichtungen der Ehegatten - die stehen aber nicht im
Synallagma. Der fehlende Beitrag des einen Ehegatten berechtigt den anderen Ehegatten also grds nicht dazu, seinen eigenen Unterhalt ebenfalls nicht zu erbringen, damit aufzurechnen oder ihn zurückzubehalten (MüKoBGB/Weber-Monecke, 9. Aufl 2022, § 1360 Rn 3; BeckOGK-BGB/Preisner, Stand 1.5.2025, § 1360 Rn 73). Ohnehin: Was in unserem Fall mit der Haushaltsführung ist, wissen wir nicht. Vielleicht übernimmt sie M, vielleicht teilen sich die beiden die Haushaltsführung, vielleicht lässt M aber auch das die F übernehmen und weigert sich, weil er sogar diese Zeit lieber zum Segeln nutzen will. Das wissen wir nach unserem Sachverhalt nicht. 2. Auf der verlinkten Seite bezieht sich der 4. Absatz, auf den Du anscheinend abstellst, auf den Unterhalt bei Getrenntleben (!) der Ehegatten (§ 1361 BGB) - dafür gelten in der Tat etwas andere Regeln. Das ist aber nicht unser Fall, hier geht es um §§ 1360, 1360a BGB. Bei Zusammenleben scheint jedenfalls ganz hM (allgM?) zu sein, dass der Unterhaltsanspruch gerade grds unabhängig von der Bedürftigkeit des Anspruchsberechtigten ist (§ 1602 I BGB). Auch ob eine eventuelle Bedürftigkeit selbst ver
schuldet ist, spielt keine Rolle (MüKoBGB/Weber-Monecke, 9. Aufl 2022, § 1360 Rn 6, vgl auch BeckOGK-BGB/Preisner, Stand 1.5.2025, jeweils mwN, auch zur Rspr). Dementsprechend dürfte es mE auch keine Rolle spielen, ob M hier einfach aus fehlender Motivation heraus nicht arbeitet. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team