Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2020
Auflösung einer Versammlung wegen Störung durch Dritte
Auflösung einer Versammlung wegen Störung durch Dritte
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Bei einer Demo der rechten Partei R tauchen plötzlich linke Gegendemonstranten auf. Es bestehen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für gegen R gerichtete Angriffe. Zeit, um ausreichend polizeiliche Verstärkung anzufordern und bereitzustellen, bleibt nicht, sodass die zuständige Behörde die Versammlung der R auflöst. R hält die Auflösung für rechtswidrig.
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Einordnung des Falls
Auflösung einer Versammlung wegen Störung durch Dritte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ermächtigungsgrundlage für die Versammlungsauflösung ist § 15 Abs. 3 VersG.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Tatbestand (§ 15 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 VersG) ist erfüllt, wenn der Verdacht besteht, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird.
Nein!
3. Da mit Angriffen linksgerichteter Gruppen konkret zu rechnen war, liegt eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vor (§ 15 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 VersG).
Genau, so ist das!
4. Die zuständige Behörde darf eine Versammlung zudem nur dann verbieten bzw. auflösen, wenn Gefahren für elementare Rechtsgüter bestehen.
Ja, in der Tat!
5. Die Rechtmäßigkeit einer versammlungsrechtlichen Verfügung setzt – wie im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht – eine richtige Störerauswahl voraus.
Ja!
6. Wird die öffentliche Sicherheit nicht durch die Versammlung, sondern durch Gegendemonstranten oder Dritte unmittelbar gefährdet, müssen sich behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer richten.
Genau, so ist das!
7. R kann vorliegend als Zweckveranlasser und damit als Verhaltensstörer (§ 4 PolG NRW) in Anspruch genommen werden.
Nein, das trifft nicht zu!
8. Die Behörde durfte die Verfügung an R als Nichtstörerin richten, da die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands (§ 6 PolG NRW) vorlagen.
Ja!
9. Die Versammlungsauflösung war rechtmäßig.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
iustus
19.7.2021, 19:01:53
Als Tipp, der Vlt auch nervig für die Person ist, die es eintragen muss: Vlt die Parallelnormen der anderen Länder in die Beschreibung packen. :)
Lukas_Mengestu
20.7.2021, 10:01:11
Hallo iustus, wir hatten das in der Redaktion tatsächlich einmal diskutiert, uns aber letztlich dagegen entschieden. Grund dafür ist weniger der dahinterstehende Aufwand, als vielmehr der Umstand, dass die Hinweistexte durch die Nennung der übrigen Landesnormen schnell sehr unübersichtlich werden. Wir bemühen uns aber bei der Auswahl der Landesnormen abzuwechseln, damit alle mal Bundesländer mal an die Reihe kommen. Wir haben hier die Landesnormen nun auch verlinkt, sodass man sie leichter mit den eigenen Landesnormen abgleichen kann. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Cocos.lawstudy
16.12.2021, 19:49:19
Ich würde das auch sinnvoll finden. Idee: Vielleicht ganz unten ein extra Kästchen machen. So wie ihr manchmal eins für Klausur Hinweise habt.
medoLaw
19.5.2022, 12:10:50
Das mit der Unübersichtlichkeit kann ich verstehen. Vorschlag : Vielleicht kann man in seinem Profil ein Bundesland auswählen und entsprechend dieser Auswahl bekommt man dann immer die gewünschten Landesnormen angezeigt :)
chuck lawris
6.10.2021, 08:38:22
Mir leuchtet nicht ganz ein, wieso Gegendemonstranten in einem solchen Fall kein
Platzverweisausgesprochen werden kann, wenn denn Anhaltspunkte für Angriffe bestehen. Gegendemonstranten hätten es doch so regelmäßig in der Hand, ob andere Demonstranten das VersR wahrnehmen können - sie müssten nur aggressiv auftreten und genügend Personen sein, um die Polizei zu überfordern.
Lukas_Mengestu
6.10.2021, 10:52:10
Hi chuck lawrris, in der Tat ist einem Vorgehen gegen Störer einer angemeldeten Versammlung grundsätzlich der Vorzug zu einer Versammlungsauflösung zu geben. Die Polizei ist insoweit bereits im Vorfeld gehalten bei Anzeichen von Gegendemonstrationen ausreichend Schutzmaßnahmen zu ergreifen und genügend Einsatzkräfte einzusetzen. Kann aber im Einzelfall ausnahmsweise die Sicherheit einer Versammlung nicht mehr gewährleistet werden, so kann als ultima ratio die Auflösung der Versammlung als Nichtstörer zum Zwecke der Gefahrenabwehr durchaus rechtmäßig sein (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 BPolG bzw. die entsprechenden Vorschriften in den einzelnen Landesgesetzen). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
chuck lawris
6.10.2021, 11:08:41
Gracias :)
StellaChiara
31.7.2023, 16:10:36
mir ist nicht ganz klar, wieso nicht die Gegendemonstration aufgelöst wurde?
Leo Lee
2.8.2023, 16:28:18
Hi StellaChiara, wie du richtigerweise anmerkst ist natürlich zuerst die Gegendemonstration aufzulösen, zumal sie die Verhaltensstörerin ist. Allerdings gilt zu beachten, dass vorliegend als Begründung aufgeführt wurde, dass die Polizei aufgrund der Unübersichtlichkeit nicht genau einschätzen konnte, wie viele gewaltbereite Gegendemonstranten vorhanden waren. Deswegen war es der Polizei nicht möglich, die Demo durch R nicht hinreichend zu schützen aufgrund mangelnder Polizeikräfte. Dies ist auch der Grund, weshalb die Polizei als "Notlösung" die Demo der R - zu ihrer eigenen Sicherheit - aufgelöst hat, obwohl sie eben "nichts getan" hat. Hierzu kann nicht dir die Lektüre der Entscheidung (BVerwG 6 B 1.20, Rn. 16 f.) empfehlen :) Liebe Grüße Leo @Lukas Mengestu
Leo Lee
2.8.2023, 16:38:08
@[Lukas_Mengestu](136780)
falktghl
5.1.2024, 08:38:35
Im Ergebnis kann das Bundesland, welches stets zu wenig Polizisten absendet selbst entscheiden, wen es schützt.
Entenpulli
8.2.2024, 11:36:19
Aber auch nur, wenn es gleichzeitig eine Gegendemo gibt, die eine konkrete Gefahr für elementare
Rechtsgüterdarstellt