+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O ist in diversen Angelegenheiten Mandant bei Rechtsanwalt R. Eines Tages täuscht T dem O vor, dass er von R beauftragt worden sei, Zahlungen entgegenzunehmen. T kassiert von O €12.000 und übergibt ihm eine Quittung, die mit dem Stempel des R versehen ist und unterzeichnet mit "i.V. T".
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Einordnung des Falls
Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB – fehlende Vertretungsmacht (Stellvertretung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Identitätstäuschung über den Aussteller scheidet aus, wenn jemand im eigenen Namen unterzeichnet (§ 267 Abs. 1 StGB).
Nein!
Maßgeblich für die Unechtheit einer Urkunde ist die Identitätstäuschung. Eine solche liegt vor, wenn zum Zwecke der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums über die Person des wirklichen Ausstellers getäuscht wird. Der rechtsgeschäftliche Verkehr wird auf einen Aussteller hingewiesen, der in Wirklichkeit nicht hinter der in der Urkunde verkörperten Erklärung steht.
Eine Identitätstäuschung kann auch dann vorliegen, wenn jemand zwar im eigenen Namen unterschreibt, sich aber je nach den Umständen tatsächlich auf einen Aussteller bezieht, der nicht als Garant hinter der urkundlichen Erklärung steht.
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2. Die Rechtsprechung differenziert bei fehlender Vertretungsmacht danach, ob dem Anschein nach eine natürliche oder juristische Person vertreten werden sollte.
Genau, so ist das!
(1) Bezieht sich die scheinbare Vertretung auf eine natürliche Person, so wird von der Rechtsprechung und h.M. angenommen, dass die Urkunde nach ihrem Inhalt und Erscheinungsbild den Erklärenden und nicht den Vertretenen als Aussteller ausweist. Begründet wird das damit, dass nur über das Bestehen der offengelegten Vertretungsmacht getäuscht werde, nicht aber über die Identität des Ausstellers.
(2) Bezieht sich die scheinbare Vertretung hingegen auf eine juristische Person, Firma oder Behörde, so gilt dies nicht: Das Vertrauen des Rechtsverkehrs sei darauf gerichtet, dass die juristische Person als Garant hinter der Erklärung steht. Die Person des Vertreters sei hierbei nebensächlich, da es bei juristischen Personen in der Natur der Sache liegt, dass diese vertreten werden.
3. Indem T dem O eine Quittung mit dem Stempel des R und der Unterschrift "i.V. T" aushändigt, hat er eine unechte Urkunde hergestellt.
Nein, das trifft nicht zu!
Die Quittung weist T als Aussteller aus. Da es sich bei R um eine natürliche Person handelt, wird für den Rechtsverkehr nur T und nicht R als Garant hinter der Erklärung angesehen. Damit liegt keine Identitätstäuschung vor. Die wahrheitswidrige Behauptung der Vertretungsbefugnis ist eine - gemäß § 267 StGB nicht tatbestandsmäßige - schriftliche Lüge. T hat sich hier allerdings des Betruges gegenüber und zulasten des O strafbar gemacht.Dass eine Urkunde bei Verwendung eines Namensstempels des Vertretenen nach ihrem Inhalt und Erscheinungsbild nur den Erklärenden als Aussteller ausweist, kann man durchaus anders sehen. In der Klausur kannst du hier mit guten Argumenten auch eine Identitätstäuschung annehmen.
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