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Gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts beim Eigentumsvorbehalt
Gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts beim Eigentumsvorbehalt
7. April 2025
17 Kommentare
4,6 ★ (8.185 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

E bringt ihr E-Bike zu V, damit er es über den Winter verwahrt. Am 01.02. verkauft V das Fahrrad an die gutgläubige K unter Eigentumsvorbehalt. K zahlt am 01.02. die erste Rate und nimmt das Fahrrad sofort mit. Am 01.04. erzählt E der K von dem Vorfall. K bezahlt am 15.04. die letzte Rate.
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Einordnung des Falls
Gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts beim Eigentumsvorbehalt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat K am 01.02. eine Anwartschaft analog § 929 S. 1 BGB analog an dem Fahrrad erworben?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat am 01.02. gutgläubig ein Anwartschaftsrecht an dem Fahrrad erworben.
Genau, so ist das!
3. Erwirbt K am 15.04. Eigentum an dem Fahrrad, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gutgläubig ist?
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
lia222
10.8.2023, 17:51:39
ich lese überall, dass der Ersterwerb des AR über §§ 929 ff. läuft und erst der
Zweiterwerb, dh. die Übertragung des AR nach bereits erstmaliger Begründung, über §§ 929 ff. analog. Wieso wird das hier anders gemacht?
Dogu
25.11.2023, 13:32:37
Wie soll denn hier 929 direkt angewendet werden? Es wird ja gerade kein Eigentum übertragen. Der Wortlaut ist eindeutig.

CR7
12.1.2024, 16:59:58
Ich würde hier Dogu zustimmen. Es wird sich gerade nicht über die Übertragung des Eigentums geeinigt.
hannabuma
10.1.2025, 20:13:32
Korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege, aber ich stelle mir hier dieselbe Frage wie @[lia222](101694). Sowohl der reguläre als auch der gutgläubige Ersterwerb (also die Entstehung) des
Anwartschaftsrechts richten sich nach direkter Anwendung der §§ 929ff. BGB. Die Entstehung eines AWR ist zwar, wie @[Dogu](137074) feststellt, noch kein vollendeter Eigentumserwerb, jedoch handelt es sich um einen aufschiebend bedingten Erwerb des Eigentums gem. §§ 929 S. 1, 158 I BGB (direkte Anwendung). Erst der
Zweiterwerbeines AWR, also die Übertragung eines bereits entstandenen AWR von einer Person auf eine andere, richtet sich nach analoger Anwendung der §§ 929ff. BGB. Erst dann handelt es sich nicht um des Erwerb von Eigentum, sondern um den Erwerb eines AWR als
wesensgleiches Minusdes Eigentums. Dies begründet das Erfordernis einer analogen Anwendung. (siehe auch: https://www.juracademy.de/sachenrecht2/erwerb-
anwartschaftsrechts-beweglichen-sachen.html) Ich stelle mir auch die Frage, warum bei Frage 1 & 2 die Normen analog angewendet werden, obwohl es um den (gutgläubigen) Ersterwerb des AWR geht. @[Linne_Karlotta_](243622) du hattest in einer vorherigen Aufgabe im Forum die Unterscheidung zwischen direkter und analoger Anwendung bestätigt, vielleicht kannst du uns hier weiterhelfen?
benjaminmeister
26.2.2025, 15:04:02
@[hannabuma](171851) ich stimme dir mit deinen Ausführungen zu. Die Aufgabe ist offensichtlich (an mehreren Stellen) falsch. Insbesondere die Sätze "K hat geglaubt, das Fahrrad gehöre V und es gab für sie auch keine Anhaltspunkte hieran zu zweifeln. Sie war daher gutgläubig bezüglich des Bestehens des
Anwartschaftsrechts in der Person des V (§ 932 Abs. 2 BGB analog)." ergeben keinen Sinn. K war entweder gutgläubig hinsichtlich des Eigentums des V oder (nur) hinsichtlich eines
Anwartschaftsrechts. V hat K nie erzählt, dass ihm ein
Anwartschaftsrechtzustehe. MMn. sind hier auch alle Vorschriften direkt anzuwenden. Nur bei der Übertragung eines
Anwartschaftsrechts ist die Analogie heranzuziehen.
benjaminmeister
26.2.2025, 15:07:50
@[Sebastian Schmitt](263562)
Itsajourney
12.3.2025, 07:35:54
Bin auch verunsichert hinsichtlich des analogen Erwerbs.
okalinkk
14.3.2025, 21:45:50
@[hannabuma](171851) so sehe ich das auch. Es ist eine direkte Anwendung, da es um den Ersterwerb des
Anwartschaftsrechts geht

ajboby90
1.12.2023, 23:12:31
In der Subsumtion der vorletzten Frage wird geschrieben, dass K guten Glauben in die
Verfügungsbefugnishat. Dabei schütztder gute Glaube nur das Vertrauen auf die Eigentümerstellung.
Leo Lee
2.12.2023, 15:02:30
Hallo ajboby90, vielen Dank für dein Feedback! In der Tat wird auch beim gutgläubigen
Zweiterwerbnicht unmittelbar der gute Glaube in die
Verfügungsbefugnisgeschützt. Beachte allerdings, dass ebenso wenig das Vertrauen in die Eigentümerstellung geschützt wird, weil hier sich der Übertragende als "Nichteigentümer outet". D.h., geschützt wird nur das Vertrauen in die Berechtigung des V zur Übertragung des
Anwartschaftsrechts (was hier entsprechend ergänzt haben). Hierzu kann ich dir i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. aufläge, Oechsler § 932 Rn. 20 empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Ani
24.6.2024, 10:01:34
In § 932 Abs. 1 S. 1 steht „es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das EIGENTUM erwerben würde (…)“… kann man die Normen tatsächlich über den Wortlaut hinaus analog anwenden? Ich verstehe das Schutzbedürfnis des gutgläubigen Erwerbers, allerdings finde ich die Situation nicht mit derjenigen vergleichbar, in der der Erwerber auch tatsächlich direkt das volle Eigentum erwirbt.
Lorenz
26.6.2024, 17:20:31
Wieso? Der Käufer steht im Grunde genau so da. Er erhält die Ware und gibt
Geldab. Und eine Wertgrenze kennt der gutgläubige Erwerb nicht. Also reicht auch eine Anzahlung von 5€.
Ani
27.6.2024, 09:54:33
Danke @[Lorenz](37298), ich war verwirrt, weil die Norm ja gerade analog angewandt wird und hier ja im Zeitpunkt der Gutgläubigkeit gerade kein Volleigentum erworben wird. Ergibt aber Sinn, was Du schreibst :)