Gutgl. Erwerb

19. Mai 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V ist Inhaber einer Buchhypothek am Grundstück des E, die einen Anspruch des V gegen K sichert. V tritt die Forderung an H ab. H will bei Fälligkeit in das Grundstück vollstrecken. K steht gegen die Forderung ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs. 1 BGB) zu. H weiß hiervon nichts.

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Einordnung des Falls

Gutgl. Erwerb

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H hat die Hypothek erworben.

Genau, so ist das!

Der Erwerb der Buchhypothek nach §§ 398, 1154, 1153 BGB setzt voraus: (1) Einigung über Abtretung, (2) Eintragung der Abtretung im Grundbuch, (3) Abtretbarkeit der gesicherten Forderung, (4) Verfügungsberechtigung. H und V haben sich hier über die Abtretung der Forderung geeinigt, die Abtretung wurde im Grundbuch eingetragen. Die Forderung war abtretbar und V verfügungsbefugt.
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2. H hat die Hypothek belastet mit der Einrede des Zurückbehaltungsrechts erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 1138 Alt. 2 ermöglicht durch die Anwendbarkeit von § 892 BGB auf Einreden (§ 1137 BGB) den gutgläubig einredefreien Hypothekenzweiterwerb. Nicht im Grundbuch eingetragene oder gelöschte Einreden gelten daher als nicht bestehend. Da H gutgläubig in Ansehung der Einredefreiheit der Hypothek war, hat er diese nach § 1138 Alt. 2 BGB i.V.m. § 892 BGB ohne Belastung mit der Einrede des Zurückbehaltungsrechts erworben.

3. H hat gegen E bei Fälligkeit der Hypothek einen Anspruch aus § 1147 BGB.

Ja!

Der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB) setzt voraus: (1) Dem Kläger steht das Grundpfandrecht zu, (2) Fälligkeit bzw. Kündigung, (3) Keine entgegenstehenden Einreden des Grundstückseigentümers.H ist Hypothekar, ferner ist die Fälligkeit anzunehmen. E kann aufgrund des gutgläubigen einredefreien Erwerbs des H die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 Abs. 1 BGB) nicht erheben.

4. E hätte keinerlei Möglichkeit gehabt, den gutgläubigen Erwerb zu verhindern.

Nein, das ist nicht der Fall!

Um sich vor einem gutgläubig einredefreien Erwerb zu schützen, hätte E als Eigentümer zweckmäßigerweise die Einrede mittels Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) und Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch vermerken lassen müssen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SH

Showstehler

6.9.2023, 11:21:37

Warum ist hier nicht § 1137 Abs. 1 S.1 BGB einschlägig? K stand doch die Einrede gegen die Forderung zu.

SH

Showstehler

6.9.2023, 11:23:34

NVM. Habs einfach falsch gelesen :I

ajboby90

ajboby90

4.6.2024, 00:41:41

Wieso GB-Berichtigung UND Widerspruch? Weil das 894 Verfahren zu lange dauert?

AN

annsophie.mzkw

15.11.2024, 10:20:14

Das habe ich mich auch gefragt. Ich erkläre es mir einerseits wie du (langsam mahlende Mühlen der Justiz :D) andererseits auch damit, dass zur Geltendmachung des

§ 894 BGB

ja eben die Zustimmung desjenigen notwendig ist, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen ist. Die Eintragung eines Widerspruchs hingegen ist nach § 899 II 1 BGB auch mittels einstweiliger Verfügung möglich, also ohne Mitwirkung des Anspruchsgegners, sollte dieser sich “quer stellen”.

BEN

benjaminmeister

13.3.2025, 19:44:21

Sinnvoll ist es wohl sicherlich beide Möglichkeiten gleichzeitig zu nutzen. Aber zwingend notwendig ist es nicht. Das Schutzniveau unterscheidet sich dann nur.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

2.4.2025, 08:56:31

Hallo @[ajboby90](222400), letztlich hast Du Dir die Frage schon selbst richtig beantwortet und die anderen haben gute Ergänzungen gegeben: Die Grundbuchberichtigung kann dauern. Wir brauchen nach

§ 894 BGB

erstmal die Zustimmung des Betroffenen. Gibt er sie nicht freiwillig, müssen wir klagen, was viel Zeit in Anspruch nehmen kann. In dieser Schwebezeit schützt sich unser Eigentümer E am besten zusätzlich mit einem Widerspruch, um sicherzugehen, dass zwischenzeitlich nichts schief geht. Der Widerspruch kann nach § 899 II BGB auch aufgrund einer einstweiligen Verfügung eingetragen werden, wie @[as.mzkw](244917) völlig richtig sagt. Wenn es sein muss, können Gerichte über solche Eilfälle tatsächlich sehr schnell entscheiden und ein eingetragener Widerspruch schützt den Eigentümer schon mal gegen den gutgläubigen einredefreien Erwerb (

§ 892

I 1 BGB: "[...], es sei denn, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen [...] ist.") Zwingend ist es natürlich nicht, beide Maßnahmen einzuleiten, benjaminmeister. Hier in der Praxis den Widerspruch völlig zu vergessen, dürfte aber als Rechtsanwalt schon ein Beratungsfehler ein, weil der Mandant in der Schwebezeit überhaupt nicht abgesichert ist. Das sind zugegebenermaßen reine Zweckmäßigkeitserwägungen, wie sie im ersten Examen typischerweise (noch) keine Rolle spielen. An dieser Stelle daher nur der Hinweis, dass es natürlich nicht nur darum geht, dem Mandanten "eine" Möglichkeit zu zeigen, seine Wünsche umzusetzen, sondern grds die beste/zielführendste Möglichkeit (oder günstigste oder ..., je nach Mandantenwunsch). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

HANDE

HanDerenoglu

1.2.2025, 20:59:16

würde man den gutgläubigen Erwerb direkt bei I. prüfen?


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Einreden des persönlichen Schuldners

V ist Inhaber einer Buchhypothek am Grundstück des E, die einen Anspruch (§ 433 Abs. 2 BGB) des V gegen K sichert. V tritt die Forderung an H ab, die Abtretung wird im Grundbuch eingetragen. H klagt nach Fälligkeit sowohl gegen E, als auch gegen K. K steht gegen die Forderung ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs. 1 BGB) zu. H weiß hiervon nichts.

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