Zueignungsabsicht und Bedingungen 1

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T steckt bei ihrer Bekannten B heimlich ein Armband der B ein in der Vorstellung, sich in Ruhe zuhause Gedanken darüber zu machen, ob sie es behält oder der B zurückgibt.

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Einordnung des Falls

Zueignungsabsicht und Bedingungen 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hatte zum Zeitpunkt der Wegnahme bezüglich der dauerhaften Enteignung dolus eventualis.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Täter muss den Entschluss zur Enteignung und Aneignung endgültig gefasst haben. Die Komponenten der Zueignungsabsicht können mit dem Eintritt bestimmter Bedingungen verknüpft werden. Ein fester Enteignungsvorsatz bzw. eine feste Aneignungsabsicht liegen auch dann vor, wenn der Täter die Enteignung oder Aneignung von objektiven Bedingungen abhängig macht, auf die er keinen Einfluss hat. Denn in dieser Situation ist der Täter auf unsicherer Tatsachengrundlage subjektiv bereits fest zur Enteignung/Aneignung entschlossen. T war unentschlossen und behielt sich die endgültige Entscheidung über das „Ob“ der Zueignung noch vor. Insofern hatte sie noch keinen festen Enteignungsvorsatz gefasst. Eine Strafbarkeit nach § 242 StGB scheidet aus. Trifft B später die Entscheidung, es zu behalten, macht sie sich nach § 246 StGB strafbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ukuleli

ukuleli

22.6.2023, 21:51:55

Hallo liebes Team, ich verstehe nicht, warum hier die

Zueignungsabsicht

verneint wird, weil die B sich vorbehält, später zu entscheiden, wie sie mit der Sache verfährt, während die

Zueignungsabsicht

bei einem anderen Fall bejaht wird.

BI

Bilbo

31.8.2023, 15:04:24

Die Frage stelle ich mir auch. Irgendwie erscheinen mir die Lösungen der Fälle teils etwas inkonsistent. Als wäre der Kram nicht so schon kompliziert genug...

BREE9

bree90

7.10.2023, 20:23:31

Wenn ich mich richtig erinnere, wurde in dem anderen Fall die Aneignungskomponente bejaht. Im vorliegenden Fall sehe ich die Aneignungskomponente auch erfüllt, da die Person zumindest bis zur Entscheidung wie ein Eigentümer über die Sache verfügt. Nur an der

Enteignung

skomponente fehlt es zum Zeitpunkt der Wegnahme, da die Person sich noch später darüber Gedanken machen möchte, ob sie die Sache behält oder zurückgibt. LG

KLA

KlarKarl

20.3.2024, 06:06:38

Auch die

Enteignung

lässt sich begründen, so nimmt der Täter billigend in Kauf, dass er sich später gegen die Rückgabe entscheidet.

AM

Api M.

23.3.2024, 00:29:55

Die Begründung eines

Enteignung

s

vorsatz

es macht auch für mich Sinn, allerdings genügt der Sachverhalt nicht für die Annahme einer

AneignungsABSICHT

. Der Täter hält sich schließlich die Entscheidung über eine Aneignung noch vor.

TI

Timurso

7.6.2024, 11:04:26

@[Api M.](227183) Vorsicht: Die Aneignung muss nicht dauerhaft sein. Die Dauer bis zur Entscheidung würde mir hier ausreichen, um die

Aneignungsabsicht

zu bejahen. In dieser Zeit hat der Eigentümer keine Einflussmöglichkeit und die Täterin nimmt eine dem Eigentümer gleich kommende Position ein, in der sie allein über das Schicksal der Sache entscheiden kann.

MayonnaiseOperator

MayonnaiseOperator

12.7.2024, 21:51:51

Hier stehen dem „Ob“ keine Umstände entgegen, die außerhalb der Macht des Täters stehen. Im vorliegenden Fall mag der Täter sich ja erst später dazu entscheiden, ob er die -in ihrer Vollständigkeit erfassten- Sache behält. Dabei stehen alle mit der Sache verbundenen Dinge bereits klar; anders als in den Fällen, in denen der Täter eine (bspw) volle Tasche wegnimmt, von deren Inhalt er noch keine ausreichende Kenntnis hat. In letzter Konstellation liegen Umstände vor, auf die der Täter keinen Einfluss hat. Bei einem Armband ist das offensichtlich nicht der Fall, da dieses just als einfaches Armband erkannt wird.

Skra8

Skra8

21.1.2024, 10:23:43

Liebes Jurafuchs-Team, ich meine nicht, dass man das uneingeschränkt so vertreten kann. Eine die

Gebrauchsanmaßung

kennzeichnende Anerkennung fremden Eigentums verlangt unbedingten Rückführungswillen hinsichtlich der weggenommenen Sache (NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, 6. Aufl. 2023, StGB § 242 Rn. 93). Dementsprechend entfällt der "

Enteignung

s"-

Vorsatz

grundsätzlich nur dann, wenn der Täter mit der Rückführung sicher rechnet (Schönke/Schröder/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 242 Rn. 64). Gerade diese sichere Rückführung der Sache ist hier nicht gegeben, denn der Handelnde ist sich nicht sicher, ob er die Sache behält oder nicht. Ich habe leider nicht so viel zu der vorliegenden Konstellation gefunden und wäre sehr dankbar, wenn man die Problematik hier noch einmal aufgreifen könnte.

GamaschenJoe

GamaschenJoe

5.5.2024, 15:18:39

Müsste man nicht den dol. eventualis bzgl. der Enteigung bejahen und im Rahmen des dol directus ersten Grades für die Aneignungskomponente diese verneinen. Ich meine die Täterin hat ja im Moment der Wegnahme die Möglichkeit erkannt, dass sie die Eigentümerin dauerhaft aus ihrer Position verdrängt und sich damit abgefunden.

AG

agi

11.10.2024, 17:55:10

Dolus eventualis liegt ja vor, wenn der T den Schaden/Erfolg für möglich hält und diesen billigend in Kauf nimmt. Vorliegend macht sich ja T gerade noch gar keine Vorstellung davon, ob der Erfolg bzw die

Enteignung

eintreten soll oder nicht. Die Enteignugn ist noch offen und von T selbst beherrschbar

IKA

Ioannis Kalaitsidis

7.6.2024, 10:51:34

Ich nehme Bezug auf die restlichen Kommentare.

SI

SimonMalteBetzin

5.11.2024, 15:12:51

Warum sollte der Täter, welcher sich lediglich unsicher ist, die Tat aber objektiv im gleichen modus operandi ausführt besser gestellt werden? Dies erscheint mir wenig bis gar nicht überzeugend, zumal die Variante kaum nachvollziehbar in der Realität abgrenzbar sein wird und folglich jeder durch vorspielen von Unsicherheit sich deutlich besser über § 246 stellen könnte

LO

Lorenz

5.11.2024, 16:00:58

Die anderen Kommentare zielen ebenfalls darauf ab, aber leider gibt es noch keine Aufklärung von JuraFuchs. Man könnte sich evtl. so nähern: Problematisch ist in erster Linie der

Enteignung

s

vorsatz

. Dieser muss zumindest als

Eventualvorsatz

bestehen. Wie andere schon bemerkt haben, behält der Täter es sich vor/billigt, die Sache nicht zurückzuführen. Daraus wird der

Eventualvorsatz

begründet. Aber vielleicht sollte man sich "klassisch" nähern.

Eventualvorsatz

liegt gerade nicht vor, wenn der Täter sich nicht mit dem Erfolgseintritt abfindet ("wird schon gut gehen"). Dadurch, dass der Täter Besitz/Gewahrsam am Gegenstand hat, hat er es in den Händen, was mit diesem geschieht. Sein "Vertrauen" auf die Rückführung ist folglich fundiert. Hätte er sich mit mit der

Enteignung

abgefunden, hätte er dieses schon "vollzogen". Aber genau das behält er sich vor. Schutzbehauptungen sind zwar ärgerlich, aber regelmäßig hinzunehmen. Die

Vorsatz

frage ist die Achillesferse des StR.


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