Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Diebstahl (§ 242 StGB)
Zueignungsabsicht und Bedingungen 1
Zueignungsabsicht und Bedingungen 1
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T steckt bei ihrer Bekannten B heimlich ein Armband der B ein in der Vorstellung, sich in Ruhe zuhause Gedanken darüber zu machen, ob sie es behält oder der B zurückgibt.
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Einordnung des Falls
Zueignungsabsicht und Bedingungen 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hatte zum Zeitpunkt der Wegnahme bezüglich der dauerhaften Enteignung dolus eventualis.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ukuleli
22.6.2023, 21:51:55
Hallo liebes Team, ich verstehe nicht, warum hier die
Zueignungsabsichtverneint wird, weil die B sich vorbehält, später zu entscheiden, wie sie mit der Sache verfährt, während die
Zueignungsabsichtbei einem anderen Fall bejaht wird.
Bilbo
31.8.2023, 15:04:24
Die Frage stelle ich mir auch. Irgendwie erscheinen mir die Lösungen der Fälle teils etwas inkonsistent. Als wäre der Kram nicht so schon kompliziert genug...
bree90
7.10.2023, 20:23:31
Wenn ich mich richtig erinnere, wurde in dem anderen Fall die Aneignungskomponente bejaht. Im vorliegenden Fall sehe ich die Aneignungskomponente auch erfüllt, da die Person zumindest bis zur Entscheidung wie ein Eigentümer über die Sache verfügt. Nur an der
Enteignungskomponente fehlt es zum Zeitpunkt der Wegnahme, da die Person sich noch später darüber Gedanken machen möchte, ob sie die Sache behält oder zurückgibt. LG
KlarKarl
20.3.2024, 06:06:38
Auch die
Enteignunglässt sich begründen, so nimmt der Täter billigend in Kauf, dass er sich später gegen die Rückgabe entscheidet.
Api M.
23.3.2024, 00:29:55
Die Begründung eines
Enteignungs
vorsatzes macht auch für mich Sinn, allerdings genügt der Sachverhalt nicht für die Annahme einer
AneignungsABSICHT. Der Täter hält sich schließlich die Entscheidung über eine Aneignung noch vor.
Timurso
7.6.2024, 11:04:26
@[Api M.](227183) Vorsicht: Die Aneignung muss nicht dauerhaft sein. Die Dauer bis zur Entscheidung würde mir hier ausreichen, um die
Aneignungsabsichtzu bejahen. In dieser Zeit hat der Eigentümer keine Einflussmöglichkeit und die Täterin nimmt eine dem Eigentümer gleich kommende Position ein, in der sie allein über das Schicksal der Sache entscheiden kann.
MayonnaiseOperator
12.7.2024, 21:51:51
Hier stehen dem „Ob“ keine Umstände entgegen, die außerhalb der Macht des Täters stehen. Im vorliegenden Fall mag der Täter sich ja erst später dazu entscheiden, ob er die -in ihrer Vollständigkeit erfassten- Sache behält. Dabei stehen alle mit der Sache verbundenen Dinge bereits klar; anders als in den Fällen, in denen der Täter eine (bspw) volle Tasche wegnimmt, von deren Inhalt er noch keine ausreichende Kenntnis hat. In letzter Konstellation liegen Umstände vor, auf die der Täter keinen Einfluss hat. Bei einem Armband ist das offensichtlich nicht der Fall, da dieses just als einfaches Armband erkannt wird.
Skra8
21.1.2024, 10:23:43
Liebes Jurafuchs-Team, ich meine nicht, dass man das uneingeschränkt so vertreten kann. Eine die
Gebrauchsanmaßungkennzeichnende Anerkennung fremden Eigentums verlangt unbedingten Rückführungswillen hinsichtlich der weggenommenen Sache (NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, 6. Aufl. 2023, StGB § 242 Rn. 93). Dementsprechend entfällt der "
Enteignungs"-
Vorsatzgrundsätzlich nur dann, wenn der Täter mit der Rückführung sicher rechnet (Schönke/Schröder/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 242 Rn. 64). Gerade diese sichere Rückführung der Sache ist hier nicht gegeben, denn der Handelnde ist sich nicht sicher, ob er die Sache behält oder nicht. Ich habe leider nicht so viel zu der vorliegenden Konstellation gefunden und wäre sehr dankbar, wenn man die Problematik hier noch einmal aufgreifen könnte.
GamaschenJoe
5.5.2024, 15:18:39
Müsste man nicht den dol. eventualis bzgl. der Enteigung bejahen und im Rahmen des dol directus ersten Grades für die Aneignungskomponente diese verneinen. Ich meine die Täterin hat ja im Moment der Wegnahme die Möglichkeit erkannt, dass sie die Eigentümerin dauerhaft aus ihrer Position verdrängt und sich damit abgefunden.
agi
11.10.2024, 17:55:10
Dolus eventualis liegt ja vor, wenn der T den Schaden/Erfolg für möglich hält und diesen billigend in Kauf nimmt. Vorliegend macht sich ja T gerade noch gar keine Vorstellung davon, ob der Erfolg bzw die
Enteignungeintreten soll oder nicht. Die Enteignugn ist noch offen und von T selbst beherrschbar
Ioannis Kalaitsidis
7.6.2024, 10:51:34
Ich nehme Bezug auf die restlichen Kommentare.
SimonMalteBetzin
5.11.2024, 15:12:51
Warum sollte der Täter, welcher sich lediglich unsicher ist, die Tat aber objektiv im gleichen modus operandi ausführt besser gestellt werden? Dies erscheint mir wenig bis gar nicht überzeugend, zumal die Variante kaum nachvollziehbar in der Realität abgrenzbar sein wird und folglich jeder durch vorspielen von Unsicherheit sich deutlich besser über § 246 stellen könnte
Lorenz
5.11.2024, 16:00:58
Die anderen Kommentare zielen ebenfalls darauf ab, aber leider gibt es noch keine Aufklärung von JuraFuchs. Man könnte sich evtl. so nähern: Problematisch ist in erster Linie der
Enteignungs
vorsatz. Dieser muss zumindest als
Eventualvorsatzbestehen. Wie andere schon bemerkt haben, behält der Täter es sich vor/billigt, die Sache nicht zurückzuführen. Daraus wird der
Eventualvorsatzbegründet. Aber vielleicht sollte man sich "klassisch" nähern.
Eventualvorsatzliegt gerade nicht vor, wenn der Täter sich nicht mit dem Erfolgseintritt abfindet ("wird schon gut gehen"). Dadurch, dass der Täter Besitz/Gewahrsam am Gegenstand hat, hat er es in den Händen, was mit diesem geschieht. Sein "Vertrauen" auf die Rückführung ist folglich fundiert. Hätte er sich mit mit der
Enteignungabgefunden, hätte er dieses schon "vollzogen". Aber genau das behält er sich vor. Schutzbehauptungen sind zwar ärgerlich, aber regelmäßig hinzunehmen. Die
Vorsatzfrage ist die Achillesferse des StR.