Irrtümliche Falschbezeichnungen in Prozesshandlungen nach §§ 133, 157 BGB analog


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K möchte die G-GbR auf Schadenersatz verklagen. Er ist aber unkonzentriert und schreibt fälschlicherweise in die Klageschrift „G-GmbH“. Immerhin stimmt die angegebene Adresse und die G-GbR erhält die Klage. Diese will sich dagegen zur Wehr setzen.

Einordnung des Falls

Irrtümliche Falschbezeichnungen in Prozesshandlungen nach §§ 133, 157 BGB analog

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die G-GbR ist parteifähig (§ 50 ZPO).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja, in der Tat!

Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, Partei in einem Rechtsstreit zu sein. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 ZPO), d.h. dass die Parteifähigkeit im Wesentlichen der Rechtsfähigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht. Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Sie beginnt für natürliche Personen mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB). Die Rechtsfähigkeit juristischer Personen ergibt sich aus der Anerkennung der Rechtsordnung (z.B. § 13 GmbHG).Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft kann eigene Rechte und Pflichten begründen. Die Außen-GbR hat nach der Rspr. eine eigene Rechtspersönlichkeit (BGHZ 146, 341). Sie ist damit auch aktiv und passiv parteifähig, kann also selbst klagen und verklagt werden.

2. Irrtümliche Falschbezeichnungen in Prozesshandlungen stehen der Auslegung (§§ 133, 157 BGB analog) offen.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja!

Auf Prozesshandlungen sind die §§ 133, 157 BGB (analog) anwendbar. Die Bezeichnung des Klagegegners steht mithin der Auslegung offen. Wie im materiellen Recht ist das tatsächlich Gewollte maßgebend, wenn ein offensichtlicher Irrtum vorliegt.

3. Analog §§ 133, 157 BGB ist die Klage der K so auszulegen, dass sie die G-GbR verklagen wollte (nicht eine G-GmbH).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Genau, so ist das!

Die vorliegende Klage ist dahingehend zu verstehen (§§ 133, 157 BGB analog), dass K die G-GbR auf Zahlung verklagen will. Die G-GbR ist damit als Partei des Rechtsstreits anzusehen.

Jurafuchs kostenlos testen


CL

claraoldeheuvel

17.1.2023, 07:54:47

Was ist wenn die Adresse falsch wäre und der Name

SE

se.si.sc

17.1.2023, 09:38:00

Klassische Antwort: Das kommt darauf an. Es dürfen eben nach der Auslegung keine Zweifel mehr an der Identität des Beklagten bestehen, die betroffene Partei muss sich aus den Angaben in Klageschrift und den beigefügten Anlagen für jeden Dritten ermitteln lassen (Thomas/Putzo, § 253 Rn. 7, vgl. auch §§ 253 IV, 130 Nr. 1 ZPO). Grds. gehört zu den notwendigen Angaben auch eine zustellungs- bzw. ladungsfähige Anschrift. Wenn jetzt, zusätzlich zur Bezeichnung als GmbH statt GbR, lediglich ein simpler Vertipper bei der Hausnummer vorliegt (zB "Rathausstr. 6" statt der richtigen Nr. 7), kann man das durch Auslegung wohl noch korrigieren. Wenn die Adresse völlig falsch ist, sogar eine vollkommen andere Straße in einer anderen Stadt nennt, wird das durch bloße Auslegung meist nicht mehr zu korrigieren sein.


© Jurafuchs 2023