Anhalten eines anderen KFZ zur "Belehrung"
Diesen Fall lösen 81,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O nimmt dem T im Straßenverkehr an einer Kreuzung die Vorfahrt, wobei es fast zu einem Unfall kommt. Voller Wut folgt T dem O in die nächste Seitenstraße und verhindert, dass O rückwärts einparken kann, indem T sein Auto nah an das Fahrzeug des O stellt, ohne dass er dieses gefährdet. Dann steigt T aus, um O lautstark und beleidigend über "die allgemein herrschenden Regeln der StVO" aufzuklären.
Einordnung des Falls
Anhalten eines anderen KFZ zur "Belehrung"
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T den O beim Einparken blockiert, hat sie Gewalt angewendet (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
2. T hat O zu einem Unterlassen genötigt (§ 240 Abs. 1 StGB).
Ja!
3. T hat gerade mit der eingesetzten Gewalt das Unterlassen des O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).
Genau, so ist das!
4. Die Maßregelung seitens der T ist auch verwerflich (§ 240 Abs. 2 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs kostenlos testen
Blotgrim
15.7.2022, 17:31:28
Wäre auch eine andere Ansicht vertretbar. Schließlich könnte man den O auch erst einparken lassen, sein eigenes Fahrzeug abstellen und ihn dann zur Rede stellen, eine Blockierung des Verkehrs erscheint mir hier etwas übertrieben
![Nora Mommsen](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__1g4ube287wphue6xpdn8yy675.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nora Mommsen
2.8.2022, 13:11:53
Hallo Blotgrim, für die Bewertung der Verwerflichkeit ist es nicht entscheidend, ob auch mildere Handlungsalternativen zur Verfügung standen. Es kommt auf die konkrete Gewaltanwendung und erzwungene Handlung an - hier das kurzzeitige (!) nicht einparken können in den Parkplatz. Das erfährt nach allgemeiner moralischer Beurteilung kein derartiges Unwerturteil, dass es als verwerflich zu bezeichnen ist. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
![Simon](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__mpwftaezmgoblr0ksqhyx9i41.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Simon
1.9.2023, 17:39:30
Kann man den Zweck des Nötigungsmittels (Gewaltanwendung) nicht auch weiter fassen, und auch miteinbeziehen, dass T den O hier lautstark beschimpfen wollte? Bei einem einfachen "freundlichen Hinweis" des T kann man die Verwerflichkeit ja ablehnen, bei einer beschimpfenden Belehrung, die § 185 StGB erfüllt sieht es mE aber anders aus.
Dogu
3.11.2023, 09:20:02
Hier dient die Nötigung aber auch zur Ermöglichung einer Straftat (Beleidigung). Muss das nicht auch noch in der Lösung berücksichtigt werden? Die reine Belehrung wäre ja unschädlich.
Kind als Schaden
30.12.2023, 22:02:58
Könnte hier der Nötigungserfolg (jedenfalls) auch in der Duldung der Belehrung liegen? Ich verstehe den Sachverhalt eher so, als sei die Blockade und das daraus resultierende Unterlassen ein bloßer Zwischenschritt des T, da er i.E. ja den O beschimpfen und belehren will.