Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Bestimmung der öffentlich-rechtlichen Natur der Streitigkeit.


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Klassisches Klausurproblem

Einzelanwältin A nutzt zur Vorbereitung ihrer Verfahren die öffentlich zugängliche Gerichtsbibliothek des Oberlandesgerichts. Als diese wegen der Corona-Pandemie für den Publikumsverkehr geschlossen wird, klagt A auf Zugang zur Bibliothek vor dem OLG.

Einordnung des Falls

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Bestimmung der öffentlich-rechtlichen Natur der Streitigkeit.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO muss eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegen.

Ja!

Ist der Verwaltungsrechtsweg nicht bereits durch eine spezialgesetzliche Regelung eröffnet (= aufdrängende Sonderzuweiseung), richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach der Generalsklausel des § 40 Abs. 1 VwGO. Die Norm setzt voraus, dass der Streitgegenstand öffentlich-rechtlicher Natur ist. Nach der Sonderrechtstheorie / modifizierten Subjektstheorie ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die streitbestimmenden Normen einen Hoheitsträger einseitig berechtigen oder verpflichten. Es ist keine aufdrängende Sonderzuweisung ersichtlich. Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs richtet sich nach § 40 Abs. 1 VwGO.

2. Da der Streit um den Zugang zur Bibliothek eines Gerichts des ordentlichen Rechtswegs geht, sind die streitentscheidenden Normen solche des Privatrechts.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ansprüche auf Zugang zu einer Bibliothek einer öffentlich-rechtlich konstituierten Einrichtung sind öffentlich-rechtlicher Art. Hierfür ist es unerheblich, ob es sich um kommunale Bibliotheken oder Gerichtsbibliotheken handelt. Sie werden regelmäßig durch öffentlich-rechtlichen Widmungsakt eingerichtet. Ihre Nutzung wird durch öffentlich-rechtliche Benutzungsordnungen geregelt. Auch ist unerheblich, ob das Gericht, zu dem die Bibliothek gehört, dem ordentlichen Rechtsweg angehört. Der Anspruch auf Zugang zu der Gerichtsbibliothek ist öffentlich-rechtlicher Art. Die streitentscheidenden Normen sind öffentlich-rechtlich.

3. Das OLG wird die Klage als unzulässig abweisen, da nicht der Zivil-, sondern der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Nein, das trifft nicht zu!

Wendet sich ein Kläger an ein in Bezug auf den Rechtsweg unzuständiges Gericht, so hat dies nicht die Unzulässigkeit der Klage und damit die Abweisung der Klage durch Prozessurteil zur Folge. Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies - nach Anhörung der Parteien - von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges (§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG). Das OLG verweist den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht. Dies soll den Kläger schützen und das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) gewährleisten.

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M🦑

Moin 🦑

14.1.2024, 23:19:54

Hey, bei der Definition fehlt …einen Hoheitsträger, „In seiner Funktion als solcher“ berechtigen oder verpflichten. Gerade das macht doch die „modifizierte“ Subjektstheorie aus.


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