Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Demonstrationsverbot - Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art bei Grundrechtsbeeinträchtigung


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Die Partei „Radikale Nichtwähler“ (N) meldet eine Demonstration in der Gemeinde G an. Da G Ausschreitungen der Gegenbewegung "Radikale Demokratiefreunde" befürchtet, verbietet sie die Demonstration (§ 15 Abs. 1 VersG). Die N will gegen die Entscheidung der G gerichtlich vorgehen.

Einordnung des Falls

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Demonstrationsverbot - Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art bei Grundrechtsbeeinträchtigung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor.

Genau, so ist das!

Gegenstand der Klage muss eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit sein (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO), damit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Nach der Sonderrechtstheorie / modifizierten Subjektstheorie ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die streitbestimmenden Normen einen Hoheitsträger einseitig berechtigen oder verpflichten. Hier ermächtigt § 15 Abs. 1 VersG einseitig die Gemeinde G dazu, die Demonstration zu verbieten.

2. Die Streitigkeit muss zudem nichtverfassungsrechtlicher Art sein.

Ja, in der Tat!

Neben ihrer öffentlich-rechtlichen Natur muss eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art sein (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO), damit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sowohl der Kläger als auch der Beklagte am Verfassungsleben unmittelbar Beteiligte (insbesondere Verfassungsorgane) sind (formeller Gesichtspunkt) und sich die Beteiligten um die Abgrenzung verfassungsrechtlicher Kompetenzen streiten (materieller Gesichtspunkt) (sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit).

3. Für die Streitigkeit zwischen der Partei und der Gemeinde gibt es eine aufdrängende Sonderzuweisung zum Verwaltungsrechtsweg.

Nein!

Aufdrängende Sonderzuweisungen haben Vorrang vor der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Für die Streitigkeit zwischen N und G gibt es keine aufdrängenden Sonderzuweisungen. Es kommt auf die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO an. Aufdrängende Sonderzuweisungen gibt es z.B. für Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (§ 126 Abs. 1 BBG bzw. § 54 Abs. 1 BeamtStG für Beamte (des Bundes bzw. des Landes)) oder für die Entscheidung über Eintragungen in die Handwerksrolle (§§ 8 Abs. 4, 12 HwO). Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor, genügt die Feststellung: "Aufdrängende Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich.“

4. Die Grundrechte der Partei „Radikale Nichtwähler“ sind möglicherweise berührt. Deshalb ist die Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art.

Nein, das ist nicht der Fall!

Denkbar erscheint vorliegend zwar eine Betroffenheit der Grundrechte aus Art. 8 Abs. 1 GG oder des Parteienprivilegs aus Art. 21 Abs. 1 GG. Daraus folgt jedoch noch nicht die verfassungsrechtliche Art der Streitigkeit. Es fehlt an der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit: Die Streitparteien sind weder Verfassungsorgane noch streiten sie über verfassungsrechtliche Kompetenzen. Achtung: Nur weil der Streitgegenstand am Maßstab von Grundrechten zu messen ist, handelt es sich noch nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Dies ergibt sich auch aus § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG.

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