Enteignung ohne Aneignung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T und O sind konkurrierende Züchter exotischer Singvögel. Um O zu schaden, öffnet T den Käfig eines seltenen, zur Züchtung eingesetzten Vogels des O sowie das Fenster. Der Vogel fliegt aus dem Käfig raus in die Freiheit.
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Einordnung des Falls
Enteignung ohne Aneignung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das subjektive Tatbestandsmerkmal der Zueignungsabsicht umfasst eine Ent- und eine Aneignungskomponente.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. T handelte mit dem Vorsatz, O dauerhaft zu enteignen.
Ja!
3. T handelte außerdem in der Absicht, sich den Vogel zumindest vorübergehend anzueignen. Er hat sich somit nach § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. T hat den Vogel aber beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB), indem er den Käfig geöffnet hat.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Raphaeljura
18.10.2023, 03:09:22
Danke für den guten Inhalt. Manchmal schon interessant, dass es Ergebnisse gibt, die gegen das Rechtsempfinden verstoßen.
Leo Lee
29.10.2023, 10:01:43
Hallo Raphaeljura, vielen Dank für die netten Worte! In der Tat ist es sehr interessant, dass Ergebnisse einen etwas faden Beigeschmack haben hinsichtlich des Gerechtigkeitsempfindens. Das ist aber wohl ein Phänomen, was der Juristerei immanent ist :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
DDoubleYou
6.12.2023, 20:09:06
Eine kleine Anmerkung zum Thema „Gerechtigkeitsempfinden“: M.E. darf man nicht vergessen, dass (es folgt ein abgedroschener Satz) das schärfste Schwert des Staates ist. Bei einer Straftat steht immerhin eine Freiheitsentziehung im Raum – also der größtmögliche Eingriff des Staates. Insoweit sollte (m.E.) in vielen Konstellationen auch das Zivilrecht reichen.
DDoubleYou
6.12.2023, 20:10:32
Eine kleine Anmerkung zum Thema „Gerechtigkeitsempfinden“: M.E. darf man nicht vergessen, dass (es folgt ein abgedroschener Satz) das Strafrecht das schärfste Schwert des Staates ist. Bei einer Straftat steht immerhin eine Freiheitsentziehung im Raum – also der größtmögliche Eingriff des Staates. Insoweit sollte (m.E.) in vielen Konstellationen auch das Zivilrecht reichen.
sin000
31.3.2024, 10:02:31
In der Antwort der vorletzten Frage wurde gesagt, dass der Vogel weggenommen wurde. Ich verstehe nicht ganz, wie neuer Gewahrsam begründet wurde, wenn die Türen/Fenster nur geöffnet wurden, aber der Täter gar nicht direkt auf den Vogel eingewirkt hat. Hätte der Täter den Vogel z.B. in die Hand genommen und zum Fenster getragen, wäre das wohl verständlicher.
robse27
17.5.2024, 12:02:00
Hallo zusammen, laut Lösung handelt es sich um eine straflose
Sachentziehung. Könnte man nicht im Öffnen des Vogelkäfigs auch eine Sachbeschädigung sehen (zwar keine Substanzverletzung, aber eine Brauchbarkeitsminderung (der Vogel wird ja nicht mehr dadurch eingefangen und der Zweck des Käfigs läuft völlig leer)? Oder scheitert es dann an der Unerheblichkeitsschwelle (da man den Käfig ja wieder einfach schließen könnte)? :) Vielleicht könnte man das dann ggf. noch in der Lösung erwähnen. LG Robert
BigLebowski
27.5.2024, 13:48:37
Hi! Deiner Argumentation folgend könnte das bloße Öffnen einer Tür bereits strafbar sein, das geht für meinen Geschmack zu weit. Denn die Brauchbarkeit des Käfigs (oder einer Tür) wird im vorliegenden Fall durch das Öffnen überhaupt nicht gemindert. Der Käfig (und die Tür) lässt sich nach wie vor problemlos nutzen. Der "Täter" würde im übrigen auch nicht ungeschoren davonkommen, immerhin haftet er deliktsrechtlich für den Sachentzug.