Zivilrechtliche Nebengebiete
Gesellschaftsrecht
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Gesetzlicher Ausgangsfall §§ 709, 714
Gesetzlicher Ausgangsfall §§ 709, 714
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B sind Gesellschafter einer Pizzeria mit Lieferdienst, der City-Service GbR. Weder Geschäftsführung noch Vertretung sind im Gesellschaftsvertrag geregelt. A kauft namens der Gesellschaft bei D eine neue Pizzaschaufel, die groß genug für Jumbo-Pizzen ist. B weiß von dem Kauf nichts.
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Einordnung des Falls
Gesetzlicher Ausgangsfall §§ 709, 714
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Kauf der Pizzaschaufel ist eine Geschäftsführungsmaßnahme.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. A hatte Geschäftsführungsbefugnis für den Kauf.
Nein!
3. A hat die Gesellschaft aber dennoch wirksam vertreten und einen gültigen Kaufvertrag abgeschlossen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ehemalige:r Nutzer:in
1.4.2021, 14:49:16
Die Aussage ist in der Allgemeinheit mE falsch. A hat die Gesellschaft nicht wirksam vertreten, weil er keine Vertretungsmacht hatte. Und A hatte keine Vertretungsmacht, weil für deren Umfang mangels spezieller Regelung im Gesellschaftsvertrag die allgemeine Zweifelsregel des § 714 greift, die ihrerseits auf die Geschäftsführungsbefugnis abstellt.
Lukas_Mengestu
5.4.2021, 18:51:10
Hallo Puchta, zunächst einmal herzlich willkommen bei Jurafuchs und vielen Dank für Deinen Hinweis. In der
Tathast Du recht, dass wir in der Frage die Zwischenschritte weggelassen haben (diese finden sich in der Erläuterung des Maßstabes). Ungeachtet dessen bleibt die fehlende Geschäftsführungsbefugnis der ausschlaggebende Faktor für die Unwirksamkeit der Vertretung. Denn – wie Du vollkommen zurecht eingewandt hast – führt die fehlende Geschäftsführungsbefugnis im konkreten Fall dazu, dass die Zweifelsregelung des § 714 BGB nicht greift und somit die Vertretungsmacht des A fehlt. Beste Grüße, Lukas – für das Jurafuchs-Team
Matthias
22.11.2024, 20:06:00
Er ist für die Rede stehende im Maßnahme (Verfügung über Gesellschaftsvermögen und Anschaffung Aktiva) zweifelsfrei nicht befugt. Denn die Geschäftsführung steht allein (gemeinsam) zu. Ergo eine Maßnahme durch einen Unbefugte. Die Befugnis richtet sich allein nach dem Innenverhältnis, die Vertretung wirkt im Außenverhältnis. Also ein Überschreiten von Dürfen und Können.
FML
8.4.2021, 17:48:26
Gibt es hier die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung des Rechtsgeschäft durch die GbR?
Lukas_Mengestu
9.4.2021, 10:09:22
Hallo FML, das ist wie bei anderen Vertretern ohne Vertretungsbefugnissen (oder zB auch bei beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen, die nachteilige Geschäfte abschließen) möglich (§ 184 Abs. 1 BGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Anonym
4.5.2024, 15:17:09
In einer Antwort taucht die Formulierung „kauft rechtsgeschäftlich“ auf. Kann ein Kauf denn „nicht rechtsgeschäftlich“ erfolgen?
MenschlicherBriefkasten
11.11.2024, 17:34:43
§ 720 III S. 1, S. 2: "Die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter erstreckt sich auf alle Geschäfte der Gesellschaft. Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsbefugnis ist Dritten gegenüber unwirksam." - Demzufolge müsste er doch hier mit Vertretungsmacht gehandelt haben. Eine Pizzaschaufel lässt sich doch als Geschäft der Gesellschaft einstufen. Ebenso würde ich den Kauf als Geschäft, welches die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr gewöhnlich mit sich bringt sehen, § 715 II S. 1 BGB, sodass auch Geschäftsführungsbefugnis gegeben ist. Was übersehe ich hier?
Sebastiano82
13.11.2024, 17:09:30
A hat im vorliegenden Fall gerade nicht mit Vertretungsmacht gehandelt. Im Sachverhalt heißt es, "Weder Geschäftsführung noch Vertretung sind im Gesellschaftsvertrag geregelt". Und wenn nix geregelt ist, greift die gesetzliche Regelung des § 720 I BGB, wonach zur Vertretung der Gesellschaft alle Gesellschafter gemeinsam befugt sind. § 720 I BGB regelt also den Grundsatz der Gesamtvertretung bei der GbR mit der Möglichkeit, vertraglich eine Einzelvertretung zu vereinbaren "es sei den...". Anders zB bei der OHG, wo die Einzelvertretung der gesetzliche Normalfall ist (§ 124 I HGB). In § 720 III BGB ist dagegen der Umfang der Vertretungsmacht geregelt. Die Vertretungsmacht gilt für alle Geschäfte der Gesellschaft und nicht etwa nur für eine bestimmte Art von Geschäften. Kurz lässt sich vielleicht formulieren, in § 720 I BGB geht es um das "Ob" der Vertretungsmacht, in § 720 III BGB um deren Umfang/Reichweite. Und da bereits gar keine Vertretungsmacht des A vorlag (§ 720 I BGB), musste auch nicht thematisiert werden, ob das konkret abgeschlossene Rechtsgeschäft hiervon gedeckt war (§ 720 III BGB).