Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Unterlassen

Vorsätzliches unechtes Unterlassungsdelikt (§ 13 StGB)

Schema: Vorsätzliches unechtes Unterlassungsdelikt (§ 13 StGB)

20. Dezember 2025

17 Kommentare

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Wie kannst Du die Prüfung eines vollendeten vorsätzlichen unechten Unterlassungsdelikts aufbauen (§ 13 StGB)?

  1. Tatbestandsmäßigkeit

    1. Objektiver Tatbestand

      1. Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale eines Erfolgsdelikts

        zB Tod eines anderen Menschen (§ 212 Abs. 1 StGB)

      2. Unterlassung einer geeigneten und erforderlichen Verhinderungshandlung

      3. Physisch-reale Handlungsmöglichkeit

      4. (hypothetische) Kausalität

      5. objektive Zurechnung

      6. Garantenstellung

      7. Entsprechungsklausel (§ 13 Abs. 1 2. Hs StGB)

        Die Entsprechungsklausel ist in der Klausur selten relevant.

    2. Subjektiver Tatbestand

      1. Vorsatz bzgl. objektivem Tatbestand

      2. Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale

  2. Rechtswidrigkeit

    Im Rahmen von Unterlassungsdelikten ist insbesondere an eine rechtfertigende Pflichtenkollision zu denken!

  3. Schuld

    Beim unechten Unterlassungsdelikt ist insbesondere an die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als weiterer Entschuldigungsgrund zu denken!

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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

30.7.2023, 18:01:19

Super Kapitel, echt, vielen Dank!

BR

Brödi

22.5.2024, 19:02:38

Könnte man eventuell eine Erklärung zur Entsprechungsklausel hinzufügen? Trotz Irrelevanz in Klausuren würde ich die doch gerne verstehen können

CR7

CR7

23.6.2024, 20:51:02

Entsprechungsklausel ist immer (+), wenn das Unterlassen dem typischen Unwertgehalt des Begehungsdelikts in seinen

Handlung

smerkmalen gleichsteht. Das ist problematisch bei verhaltensgebundenen Delikten. Dort wird nicht ein konkreter Erfolg herbeigeführt, sondern eine Tat

handlung

vorausgesetzt (bspw. § 225 I StGB). Quelle: Hemmer Strafrecht AT I, Rn. 606ff.

MI

Miriam

12.8.2024, 11:32:10

Ich bin mir nicht sicher, ob hier immer unterschiedliche Punkte einzuordnen sind oder dieselben aber meine waren gerade für einen Lerneffekt nicht sehr sinnvoll. Ich sollte z.B. "

Tatbestandsmerkmale

", "Rechtswidrigkeit" und "

Schuld

" einsortieren, die eigentlich immer gleich sind und daher mir nicht sehr relevant einzuordnen erscheinen. Viel interessanter wäre es, im Rahmen des objektiven

Tatbestand

s einordnen zu müssen, welcher Prüfungspunkt wann zu prüfen ist, da diese die Besonderheiten im Aufbau darstellen. Wäre es evtl. möglich das zu ändern?

GALA

galapagosgarry

10.1.2025, 21:36:45

Die auszufüllenden Prüfungspunkte sind bei jedem Durchgang unterschiedlich.

AN

Antoniusius

6.1.2025, 17:15:42

Ich finde diese Art von Aufgabe, mit welcher das Prüfungsschema auswendig gelernt wird, sehr hilfreich.

Prüfungsschemata

auswendig lernen ist eine der langweiligsten Übungen zur Vorbereitung auf das Examen. Gleichzeitig ist es so hilfreich, um sich in den Klausuren sicherer zu fühlen und zudem keine wertvolle Zeit zu verschwenden (gerade im zweiten Examen). Es wäre richtig stark, wenn man sich bei Jurafuchs für die jeweiligen Lernkapitel oder sogar Lernpläne diejenigen Aufgabentypen filtern könnte, auf welche man seinen individuellen Fokus legen möchte.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

10.1.2025, 00:13:56

Hi, vielen Dank für diese Rückmeldung! Das freut uns sehr! Wenn du über den Entdecken Screen ein Rechtsgebiet auswählst, kannst du im Untermenü oben direkt

Prüfungsschemata

wählen. Dann erhältst du nur Schemata angezeigt.

MAG

Magnum

23.1.2025, 10:17:14

Woraus ergibt sich denn die Erforderlichkeit der Verhinderungs

handlung

? Das klingt fast so, als ob man auch hier eine verletzte Sorgfaltspflicht bestimmen muss.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

5.9.2025, 12:24:47

Hallo @[Magnum](172647), "geeignet und erforderlich" soll hier gleichbedeutend mit der "gebotenen"

Handlung

sein. Die

Handlung

muss also insbesondere den Erfolg abwenden. Eine Sorgfaltspflicht muss man insofern nicht bestimmen, aber eben schon die

Handlung

, die der Täter hätte vornehmen müssen, damit der Erfolg nicht eingetreten wäre. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Jurauschgift

Jurauschgift

4.9.2025, 18:55:25

Meines Erachtens muss man die Garantenstellung vor der objektiven Zurechenbarkeit prüfen, denn das Bestehen einer Garantenstellung muss dem Unterlassens-Täter auch objektiv zurechenbar sein.

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

5.9.2025, 12:00:46

Hallo @[Jurauschgift](278993), hast du dafür eine Quelle? Meines Erachtens werden Kausalität und

objektive Zurechnung

nur hinsichtlich der Herbeiführung des Taterfolgs bei Erfolgsdelikten geprüft. Andere objektive

Tatbestandsmerkmale

wie

Handlung

en oder Eigenschaften, zu denen auch die Garantenstellung zählt, müssen dagegen nicht zugerechnet werden. Ich könnte mir insofern jetzt auch keinen Fall vorstellen, wo eine Garantenstellung vorliegt, aber nicht zugerechnet werden könnte. Die Prüfungsreihenfolge ist daher hier richtig. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Jurauschgift

Jurauschgift

5.9.2025, 15:32:15

Möglicherweise bringe ich auch etwas durcheinander. Ich versuche es mal an einem Beispiel deutlich zu machen: Sachverhalt Ein Kind droht im Schwimmbad zu ertrinken. Der anwesende Schwimmtrainer erkennt dies, greift aber nicht ein. Das Kind verstirbt. In Betracht kommt eine Strafbarkeit nach §§ 212 I, 13 StGB. 1. Quasi-Kausalität Hätte er gehandelt - z. B. Kind herausgezogen -, wäre der Tod mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben. Also liegt die „Quasi-Kausalität“ vor. 2. Garantenstellung Fraglich ist, ob der Schwimmtrainer eine Rechtspflicht zum Eingreifen hatte. Möglichkeiten: a. Obhutspflicht Hätte der Trainer konkret die Aufsicht über dieses Kind übernommen (z. B. im Rahmen einer Schwimmstunde) würde dies zu bejahen sein. b. Sicherungs- bzw. Überwachungspflicht Ein Bademeister hätte eine Garantenstellung aus (vertraglicher) Sicherungs- bzw. Überwachungspflicht für die Badegäste. Ein Trainer im öffentlichen Schwimmbad ohne direkte Betreuungsübernahme dagegen nicht zwangsläufig. Die Garantenstellung hängt also von der Reichweite seiner konkreten Pflichten im Einzelfall ab. Demnach käme eine vertragliche Pflicht (gegenüber einem Kind, das er im Training betreut) oder eine faktische Überwachungspflicht (wie beim Bademeister gegenüber allen Badegästen) in Betracht. 3.

Objektive Zurechnung

Nun kommt das Problem: Selbst wenn die Quasi-Kausalität vorliegt, stellt sich die Frage, ob der Tod ihm zugerechnet werden kann. Das hängt vom

Schutzzweck der Norm

ab: Wenn seine Garantenstellung nur das Training umfasst, nicht aber die allgemeine Sicherheit aller Badegäste, liegt der Tod außerhalb des Normzwecks. Dann würde die

objektive Zurechnung

ausscheiden. Zentrale Frage: Soll die zugrunde liegende Garantenpflicht gerade auch vor dem hier eingetretenen tödlichen Erfolg (tödlicher Badeunfall) schützen? Wenn ja —> der eingetretene Tod liegt im

Schutzzweck

dieser Pflicht —>

objektive Zurechnung

(+). Wenn nein (z.B. Vertragliche Pflicht beschränkt sich nur auf Schwimmtechnik, ohne Sicherheitsaufsicht), liegt der Tod liegt außerhalb des

Schutzzweck

s —>

objektive Zurechnung

(–). Bedeutung für die Prüfungsreihenfolge Würde man die

objektive Zurechnung

vor der Garantenstellung prüfen, entstünde ein Zirkelschluss: Man müsste klären, ob der Tod vom

Schutzzweck der Norm

erfasst wird, ohne zuvor festgestellt zu haben, ob überhaupt eine

Handlung

spflicht (und damit eine Garantenstellung) besteht. Darum: Zuerst Garantenstellung —> Pflicht zum Handeln feststellen. Dann Zurechnung —> Prüfen, ob der eingetretene Erfolg vom

Schutzzweck

dieser Pflicht umfasst ist. Wenn man im Rahmen der objektiven Zurechenbarkeit "stumpf" auf den Erfolg abstellt, ließe sich all das wohl auch über den Punkt Garantenstellung einfangen, vielleicht ist das nur Geschmackssache(?)

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

6.9.2025, 20:33:06

Hallo @[Jurauschgift](278993), was du beschreibst, klingt für mich weitestgehend nachvollziehbar. Ich kenne es aber anders. Nach meinem Verständnis prüft man erst, ob das Nichthandeln des Täter den Erfolg kausal und zurechenbar verursacht hat. Auch den

Schutzzweck der Norm

prüft man nach den normalen Maßstäben: Auf der einen Seite steht das Nichthandeln des Täters, auf der anderen der Eintritt des Erfolges, den eine Strafnorm verbietet. Dann fragt man sich, ob die Verursachung des Taterfolges durch das konkrete Nichthandeln von dieser Strafnorm umfasst ist oder nicht. Die Garantenstellung wird dabei nicht relevant. Im Anschluss prüft man, ob der Täter durch eine Garantenstellung rechtlich dazu verpflichtet war, genau den konkret eingetretenen Erfolg zu verhindern. Insofern würde die von dir in deinem Beispiel angesprochene Diskussion in diesem Punkt thematisiert werden. Ich hätte aber auch nach deinem Aufbau dieses Problem bereits in der Garantenstellung gelöst: Entweder der Schwimmtrainer hat eine Garantenstellung für das konkret ertrunkene Kind oder eben nicht. Wenn nicht, fliegt man bereits an diesem Punkt raus, ohne das in der objektiven Zurechnung über den

Schutzzweckzusammenhang

lösen zu müssen. Wahrscheinlich sind beide Wege möglich, in den einschlägigen Kommentaren habe ich dazu jedenfalls nichts eindeutiges gefunden. Allerdings müsste man das wohl auch eher in klassischen Lehr- oder Fallbüchern nachschauen. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

nulla poena sine lege

nulla poena sine lege

9.10.2025, 16:15:36

Hallo @[Tim Gottschalk](287974), auch ich habe es wie @[Jurauschgift](278993) gelernt. Bei unechten Unterlassungsdelikten ist zunächst die Garantenstellung zu klären, erst danach die

objektive Zurechnung

. Beispiel: Bei Eltern folgt diese Pflicht aus § 1626 Abs. 1

BGB

: Sie sind Beschützergaranten und müssen Leben und Gesundheit ihres Kindes sichern. Steht die Garantenstellung fest, prüft man im Rahmen der objektiven Zurechnung, ob sich im Erfolg gerade das Risiko verwirklicht hat, dessen Abwendung der

Schutzzweck

dieser Norm bezweckt. Stirbt ein erkranktes Kind, weil die Eltern notwendige Hilfe unterlassen, liegt der Erfolg innerhalb des Schutzbereichs der elterlichen Fürsorgepflicht – Zurechnung (+). Wäre der Tod hingegen auf einen völlig atypischen, vom Normzweck nicht erfassten Zufall zurückzuführen, fehlte es am

Schutzzweckzusammenhang

– Zurechnung (−). Deshalb bitte um Änderung: Erst Pflichtgrund (Garantenstellung), dann Reichweite der Pflicht (

objektive Zurechnung

mit

Schutzzweck

). Dieser Aufbau findet es sich auch u.a. in Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT Beste Grüße


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