Lockspitzel (agent provocateur) 1
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die verdeckte Ermittlerin E vermutet, dass D hinter einer Einbruchsserie steckt. Sie will ihn auf frischer Tat ertappen und schlägt ihm deswegen einen Einbruch in Vs Villa vor. Das hat E mit V abgesprochen. D wird nach dem Einsteigen in Vs Villa von der Polizei festgenommen.
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Einordnung des Falls
Lockspitzel (agent provocateur) 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. D hat sich wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls strafbar gemacht, indem er in Vs Villa eingestiegen ist (§§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 4, 22, 23 Abs. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. D hat sich zudem wegen Hausfriedensbruchs strafbar gemacht, indem er in die Wohnung des V eingestiegen ist (§ 123 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Kann zu einer bloß versuchten Tat angestiftet werden?
Ja, in der Tat!
4. E hat sich wegen Anstiftung zum versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl strafbar gemacht, indem sie D den Einbruch in Vs Villa vorschlug, §§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 4, 22, 23 Abs. 1, 26 StGB.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jonas22
18.4.2024, 21:51:02
Warum wird wegen der Strafbarkeit des Versuchs § 244 Abs. 2 zitiert? Gem. § 244 Abs. 4 (der hier einschlägig ist) ist es doch ein Verbrechen.
Nora Mommsen
19.4.2024, 12:27:10
Hallo Jonas, danke für deine Frage! In Bezug auf den Wohnungseinbruchsdiebstahl nach Abs. 4 stimmt es durchaus. Die Strafbarkeit des Versuchs einer Qualifikation ergibt sich dennoch nur aus Abs. 2, denn diese Qualifikationstatbestände steigen nicht zum Verbrechen "auf", indem auch die Qualifikation des Wohnungseinbruchsdiebstahls aus Abs. 4 erfüllt ist. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
JJO
13.8.2024, 17:53:41
Woraus folgt, dass der Anstifter
Vorsatzzur vollendeten Haupttat haben muss? Er kann doch auch bewusst zum Versuch anstiften oder nicht?
Tobias Krapp
14.8.2024, 21:34:23
Hallo JJO, danke für deine dogmatisch absolut folgerichtige Nachfrage! Es mutet wirklich zunächst widersprüchlich an: Ein Versuch ist, wie in der Aufgabe beschrieben, taugliche Haupttat, da er eine vorsätzliche rechtswidrige Tat iSd § 26 StGB ist. Warum soll dann für den
Anstiftervorsatzerforderlich sein, dass der
Vorsatzdes Anstifters sich auf die Vollendung erstrecken muss? Die Antwort entnimmt die hM dem Strafgrund der Teilnahme: Deren Unrecht besteht nach heute hM nicht schon in der reinen Beteiligung an einer fremden Strafbarkeit, sondern in dem "mittelbaren Angriff" des Teilnehmers selbst auf das von der Strafnorm geschützte Interesse. Würde der Teilnehmer auch deshalb bestraft, weil er einen anderen (= den Täter) bildlich gesprochen "in Unrecht und Schuld verstrickt", würde die Teilnahme im Ergebnis den Täter, nicht aber das Rechtsgut der Haupttat schützen. Das würde dem Strafzweck widersprechen: Nur, wenn der Teilnehmer das Rechtsgut der Haupttat angreifen will, soll er bestraft werden. Und wenn er von vornherein nur einen Versuch des Täters erreichen will, wird das Rechtsgut im Ergebnis nicht verletzt. Deswegen ist erforderlich, dass er hinsichtlich der Vollendung der Tat vorsätzlich handelt. Das muss man wirklich einmal gehört haben, denn es klingt (hoffe ich) logisch, aber ist so nicht ohne Weiteres dem Gesetz zu entnehmen. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias
JJO
15.8.2024, 08:18:34
Danke für die Rückmeldung @[Tobias Krapp](259492). Hättest du eine Fundstelle für mich, damit ich es nochmal nachlesen kann? Kann es leider noch nicht vollständig nachvollziehen.
Tobias Krapp
15.8.2024, 16:15:50
Hallo, JJO, gerne, in der Kommentarliteratur ist es meist etwas knapp, ausführlich stellt es zB Rönnau in JuS 2015, 19-22 dar. Nochmal der Versuch in Kurzform: Strafgrund der Teilnahme ist ein eigener Angriff des Teilnehmers auf ein geschütztes Rechtsgut. Ein solcher eigener Angriff kann nur vorliegen, wenn der Teilnehmer das Rechtsgut auch tatsächlich verletzen will. Beim bloßen Versuch des Täters wird das Rechtsgut aber gerade nicht verletzt. Will der Teilnehmer daher nur den Versuch des Täters, will er das Rechtsgut nicht verletzen. Dann läge kein eigener Angriff und damit auch kein Strafgrund vor. Aus dieser telologischen Sicht heraus wäre die Strafbarkeit dann abzulehnen. Daher setzt die Strafbarkeit
Vorsatzhinsichtlich der Vollendung voraus. Viele Grüße!