Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2023
Wann darf eine Tageszeitung aus einem Tagebuch zitieren? („Olearius Tagebuchstreit“) (BGH, Urt. v. 16.05.2023 - VI ZR 116/22)
Wann darf eine Tageszeitung aus einem Tagebuch zitieren? („Olearius Tagebuchstreit“) (BGH, Urt. v. 16.05.2023 - VI ZR 116/22)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen werden die Tagebücher vom Hauptverdächtigten O beschlagnahmt. Die S-Zeitung zitiert in einem Artikel über die mögliche politische Einflussnahme auf Entscheidungen der Finanzbehörden wörtlich aus Tagebuchpassagen des O über sein berufliches Wirken. O ist empört.
Diesen Fall lösen 80,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Wann darf eine Tageszeitung aus einem Tagebuch zitieren? („Olearius Tagebuchstreit“) (BGH, Urt. v. 16.05.2023 - VI ZR 116/22)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 13 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. O könnte einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 2 haben.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind nur Normen, die ausschließlich Individualinteressen schützen.
Nein, das trifft nicht zu!
3. § 353d Nr. 3 StGB schützt zumindest auch Individualinteressen.
Ja!
4. Eine Norm ist jedoch nur dann als Schutzgesetz einzuordnen, wenn es im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems sinnvoll erscheint, an ihren Tatbestand einen individuellen Anspruch zu knüpfen.
Genau, so ist das!
5. Aus haftungsrechtlicher Sicht muss § 353d Nr. 3 StGB als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB eingeordnet werden.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Wenn § 353d Nr. 3 StGB ein Schutzgesetz wäre, so müsste der Tatbestand der Norm erfüllt sein, damit ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB bejaht werden könnte.
Ja!
7. Nach der Auffassung des BGH sind die Tagebücher bereits nach dem allgemeinen Sprachverständnis keine amtlichen Dokumente i.S.d. § 353d Nr. 3 StGB.
Genau, so ist das!
8. O könnte seinen Unterlassungsanspruch aber auch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG herleiten.
Ja, in der Tat!
9. Die Veröffentlichungen von wörtlichen Zitaten aus Tagebüchern fallen unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
Ja!
10. Die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird indiziert.
Nein, das ist nicht der Fall!
11. Dem Recht der S auf Meinungs- und Medienfreiheit kommt vorliegend ein besonders hohes Gewicht zu.
Ja, in der Tat!
12. Die wiedergegebenen Textpassagen enthalten keine persönlichen oder privaten Details aus Os Leben. Sind die Rechte des Os durch die Veröffentlichung in einem besonders hohen Maß beeinträchtigt?
Nein!
13. O hat keinen Anspruch auf Unterlassung der wörtlichen Wiedergabe seiner Tagebucheinträge gegen S aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
as.mzkw
21.8.2024, 14:34:00
Wäre mit einem entsprechenden Hinweis auf die Norm im Bearbeitervermerk einer Klausur zu rechnen? Denn jedenfalls in NRW gehört diese nicht zum Pflichtfachstoff.
Rechtsanwalt B. Trüger
29.9.2024, 16:40:01
Ich könnte mir vorstellen, dass die Norm sogar ausdrücklich ausgeschlossen wird