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Erwerb und Verlust von Grundstücksrechten

Gutgläubiger Zweiterwerb - Unwirksam bestellte Vormerkung (fehlende Bewilligung, fehlende Berechtigung)

Gutgläubiger Zweiterwerb - Unwirksam bestellte Vormerkung (fehlende Bewilligung, fehlende Berechtigung)

4. Juli 2025

2 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K und V einigten sich über einen Grundstückskauf. Zugunsten des K wurde eine Auflassungsvormerkung eingetragen. K wusste von Anfang an, dass V nicht Eigentümer des Grundstücks war, sondern E. K tritt nun seinen Eigentumsverschaffungsanspruch an den gutgläubigen G ab.

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Einordnung des Falls

Gutgläubiger Zweiterwerb - Unwirksam bestellte Vormerkung (fehlende Bewilligung, fehlende Berechtigung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Aufgrund der strengen Akzessorietät der Vormerkung wird diese durch Abtretung der gesicherten Forderung übertragen (§§ 398, 401 Abs. 1 BGB analog).

Ja, in der Tat!

Voraussetzung dafür, dass die Vormerkung mit Abtretung des gesicherten Eigentumsverschaffungsanspruchs (§ 433 Abs. 1 BGB) kraft Gesetzes auf den Zessionar (hier G) übergeht (§§ 398, 401 Abs. 1 BGB analog) ist, dass die Vormerkung wirksam zugunsten des Zedenten (hier K) entstanden ist. Mit anderen Worten: Die Forderung kann grundsätzlich nur etwas „mitnehmen“, was es bereits gibt. Ist die Vormerkung nicht wirksam entstanden, stellt sich die Frage, ob der Zessionar die Vormerkung durch Abtretung der Forderung gutgläubig erworben erwerben kann.
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2. K selbst konnte mangels Gutgläubigkeit nicht gemäß §§ 883, 885, 893 Alt. 2 (analog), 892 BGB vom Nichtberechtigten V eine Vormerkung erwerben. Bestand daher eine wirksame Vormerkung, die K auf G übertragen konnte?

Nein!

Besteht eine wirksame Vormerkung, so kann der Vormerkungsinhaber diese durch Abtretung der gesicherten Forderung an einen anderen übertragen (§§ 398, 401 Abs. 1 BGB analog). Fehlt es an der Verfügungsberechtigung des Vormerkungbestellers, kommt nur ein gutgläubier Ersterwerb der Vormerkung gemäß §§ 883, 885, 893 Alt. 2 (analog), 892 BGB in Betracht. K wusste, dass V nicht Eigentümer des Grundstücks war. K war daher nicht gutgläubig in Bezug auf Vs Berechtigung, eine Vormerkung an dem Grundstück zu bestellen. Damit bestand keine Vormerkung, die K nach §§ 398, 401 Abs. 1 BGB analog auf G hätte übertragen können.

3. G konnte keine wirksame Vormerkung nach §§ 398, 401 Abs. 1 BGB analog von K erhalten. Könnte aber ein gutgläubiger Vormerkungserwerb des G in Betracht kommen?

Genau, so ist das!

Wenn die Vormerkung zunächst nicht wirksam entstanden ist, ist fraglich, ob der Zessionar die Vormerkung bei der Abtretung des gesicherten Anspruchs kraft guten Glaubens erwerben kann. Dies ist streitig. Teilweise wird im Schrifttum der gutgläubige Zweiterwerb einer Vormerkung abgelehnt. Der BGH hingegen hält einen gutgläubigen Zweiterwerb der Vormerkung analog § 892 BGB für möglich, wenn der zu sichernde Anspruch tatsächlich besteht. Welche Argumente das Schrifttum und der BGH für ihre Ansicht anführen, erfährst du in den nächsten Aufgaben.

4. Hier besteht die zu sichernde Forderung tatsächlich. Hat G daher nach dem BGH die Vormerkung mit der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs gutgläubig erworben (§§ 398, 401 BGB analog, § 892 BGB analog)?

Ja, in der Tat!

Der BGH hingegen hält einen gutgläubigen Zweiterwerb der Vormerkung analog § 892 BGB für möglich, wenn der zu sichernde Anspruch tatsächlich besteht. K hatte tatsächlich eine zu sichernde Forderung gegen V. Diese Forderung hat K an G abgetreten. G war gutgläubig in Bezug auf das Bestehen der Vormerkung. Nach Ansicht des BGH hat er diese mit der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs nach §§ 398, 401 BGB analog, § 892 BGB analog von K erworben. Der gutgläubige Zweiterwerb einer Vormerkung ist im zweiten Staatsexamen sehr selten. Verliere Dich hier also beim Lernen nicht in den Details und schaue im Zweifel im Kommentar nach (Grüneberg, BGB, 84.A. 2025, § 885, RdNr. 12ff.).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FTE

Findet Nemo Tenetur

30.3.2025, 10:32:36

Ist die zu sichernde Forderung hier der Eigentumsverschaffungsanspruch? Und ist das bei der

Vormerkung

(also wenn es halt um Grundstückseigentum und nicht um zB Nießbrauch so geht) immer der Fall? Und hier ist dieser Eigentumsverschaffungsanspruch gegenüber V auch nicht unmöglich gem. § 275 I, weil V ja theoretisch irgendwie noch Eigentum erlangen und es dann dem K verschaffen könnte? Wenn das alles stimmt, wären dann Fälle in denen die Forderung/der Eigentumsverschaffungsanspruch nicht besteht zB solche in denen der

Kaufvertrag

unwirksam ist? Edit: Wie kann denn die Forderung nicht bestehen, aber man gleichzeitig dazu kommt zu erwägen die “

Vormerkung

” gutgläubig zweit zu erwerben, wenn dafür die Abtretung der Forderung nötig ist und ein

gutgläubiger Forderungserwerb

aber unmöglich ist? Dann sind Forderung und Eigentumsverschaffungsanspruch wohl doch nicht identisch. Kann mir dann jemand den Unterschied zwischen beiden erklären bzw für den Fall hier genau sagen, was die Forderung ist?

lionelhebe

lionelhebe

24.6.2025, 11:55:24

Du hast mMn dahingehend recht, dass die Fälle in denen die "Forderung nicht besteht" solche sind, in denen der KV unwirksam bzw. nichtig ist. Gängige Beispiele dafür sind die klassischen Fälle des BGB-AT + Formmängel: fehlende Geschäftsfähigkeit, Scheingeschäft, fehlende notarielle Beurkundung nach § 311b I BGB. Zu deinem Edit: Herrscheinde Meinung beim gutgläubigen Zweiterwerb ist gerade, dass dieser bei NICHTBESTEHEN DER FORDERUNG ausgeschlossen ist. (Arg.: Es gibt kein gutgläubigen Forderungserwerb) Möglich ist nach gewissen Meinungen der gutgläubige Zweiterwerb also nur, wenn die Forderung tatsächlich besteht, aber auf Ersterwerbsebene keine

Vormerkung

entstanden ist. (z.B: wenn der

Vormerkung

sbesteller Nichtberechtigter ist und der andere bösgläubig) In diesen Fällen scheint der Zweiterwerber schutzwürdig


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Einstieg: Schuldrechtl. Vorkaufsrecht

K und V vereinbaren notariell beurkundet, dass K ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht am Grundstück des V zustehen soll. V verkauft das Grundstück an G. K übt nun fristgemäß sein Vorkaufsrecht aus. V übereignet das Grundstück dennoch an G, der als Eigentümer eingetragen wird.

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