Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Streitgenossenschaft

Streitgenössische Drittwiderklage gegen Kläger und dessen Versicherer - keine notwendige Streitgenossenschaft trotz Rechtskrafterstreckung

Streitgenössische Drittwiderklage gegen Kläger und dessen Versicherer - keine notwendige Streitgenossenschaft trotz Rechtskrafterstreckung

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K und B sind mit ihren Autos im Straßenverkehr zusammengestoßen. K begehrt klageweise Schadensersatz von B. Auch B möchte Schadensersatz. Er erhebt Widerklage gegen K und dessen Versicherung V. K, B und V beantragen jeweils die Abweisung der gegen sie erhobenen Klage.

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Einordnung des Falls

Streitgenössische Drittwiderklage gegen Kläger und dessen Versicherer - keine notwendige Streitgenossenschaft trotz Rechtskrafterstreckung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Widerklage darf sich stets nur gegen den Kläger richten.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine der besonderen Prozessvoraussetzungen einer Widerklage ist die sog. Parteiidentität. Sie liegt vor, wenn sich die Klage zumindest auch gegen den Kläger richtet. Eine Widerklage, die sich gegen den Kläger und einen Dritten richtet, wahrt somit die Parteiidentität und wird als streitgenössische Drittwiderklage bezeichnet. Eine Widerklage, die sich nicht gegen den Kläger, sondern allein gegen einen Dritten richtet (sog. isolierte Drittwiderklage), ist dagegen mangels Parteiidentität grundsätzlich unzulässig. Nur in Ausnahmefällen lässt der BGH die isolierte Drittwiderspruchsklage zu. Mehr dazu in der Einheit zur Widerklage!
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2. Eine streitgenössische Drittwiderklage ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Parteierweiterung vorliegen (§§ 263, 267 ZPO) .

Ja!

Durch eine streitgenössische Drittwiderklage wird der Rechtsstreit auf eine weitere Person (den Dritten) ausgeweitet. Eine streitgenössische Drittwiderklage stellt somit zugleich eine Parteierweiterung dar. Folglich müssen auch die Voraussetzungen einer Parteierweiterung vorliegen. ‌

3. Ist Bs Parteierweiterung zulässig (§§ 263, 267 ZPO)?

Genau, so ist das!

Eine Parteierweiterung ist nach der sog. Klageänderungstheorie des BGH zulässig, wenn die Voraussetzungen der §§ 263, 267 ZPO vorliegen: die neue Partei muss in die Einbeziehung einwilligen oder das Gericht muss sie als sachdienlich erachten (§ 263 ZPO). Die Einwilligung der neuen Partei wird vermutet, wenn sie, ohne der Einbeziehung zu widersprechen, sich in der mündlichen Verhandlung auf die gegen sie gerichtete Klage einlässt (§ 267 ZPO).. Durch den Klageabweisungsantrag hat sich V widerspruchslos auf die gegen sie gerichtete Klage eingelassen. Es ist unerheblich, ob die Klageerweiterung auch sachdienlich ist.

4. K und V sind prozessrechtlich notwendige Streitgenossen.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine prozessrechtlich notwendige Streitgenossenschaft besteht grundsätzlich bei gesetzlich angeordneter Rechtskrafterstreckung. Eine solche liegt an sich beim Schädiger und seiner Haftpflichtversicherung vor (§ 124 VVG). Ausnahmsweise nimmt die h.M. in diesen Fällen dennoch keine prozessrechtlich notwendige Streitgenossenschaft an.  Eine einheitliche Entscheidung sei nicht zwingend, da es Einwendungen gibt, die nur der Versicherung gegenüber dem Geschädigten zustehen, sodass es Fälle gibt, in denen der Geschädigten einen Anspruch gegen den Schädiger, nicht aber gegen die Versicherung hat.. Obwohl sich ein Urteil gegen K als Schädiger auch auf V als Ks Haftpflichtversicherung erstreckt, lieg somit keine prozessrechtlich notwendige Streitgenossenschaft vor.

5. K und V sind einfache Streitgenossen.

Ja!

Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen (§ 59 Alt. 1 ZPO). Eine Rechtsgemeinschaft iSd § 59 Alt. 1 ZPO besteht unter anderem bei Klagen gegen mehrere Gesamtschuldner. B möchte Schadensersatz für dasselbe Unfallereignis aus §§ 7, 18 StVG bzw. § 115 Abs. 1 VVG i.V.m. §§ 7, 18 StVG. K und V haften nach § 115 Abs. 1 S. 4 VVG als Gesamtschuldner.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MARCE

Marcel13

21.8.2024, 17:48:33

In der Aufgabenstellung/Frage wird gesagt, dass die Beklagten sich zwar gegen die Klage verteidigen, jedoch steht nicht ausdrücklich drin, dass sie sich in der mündlichen Verhandlung rügelos einlassen. Trotzdem wird der Fall mit § 167 ZPO gelöst. Der ist doch aber nur dann anwendbar, wenn die Rüge in der mündlichen Verhandlung gebracht wird, oder?


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