Öffentliches Recht
Polizei- und Ordnungsrecht
Grundlagen
Wiederholungsfall zum Zusammenspiel verschiedener Handlungsformen (2)
Wiederholungsfall zum Zusammenspiel verschiedener Handlungsformen (2)
4. Juli 2025
6 Kommentare
4,8 ★ (18.659 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Die Exekutive erlässt dieses Mal eine Leinenzwang-Verordnung für alle Hunde ungeachtet ihrer Gefährlichkeit. H, der einen kleinen Pudel hält und gegen die Verordnung verstößt, wird durch die Polizei sofort des Ortes verwiesen.
Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Wiederholungsfall zum Zusammenspiel verschiedener Handlungsformen (2)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Verweisung von dem Ort ist auf die Ermächtigung zum Erlass von Polizeiverordnungen zu stützen.
Nein, das trifft nicht zu!
2. Der Platzverweis ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG.
Ja!
3. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt nur für polizeiliche Einzelfallmaßnahmen. Die Leinenzwang-Verordnung muss sich folglich nicht daran messen lassen.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Die Rechtswidrigkeit der Verordnung hätte H vor der Platzverweisung feststellen lassen müssen. Auch wenn sie rechtswidrig ist, hilft ihm das nun nicht mehr. Das Recht ist für die Wachen da!
Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie
20.1.2023, 11:21:06
Das hieße, falls ich in der materiellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme bin, habe ich vorher als EGL zwar die jeweils einschlägige Norm geprüft, mache aber nochmal ein Extrakapitel auf a la die Maßnahme wäre auch
rechtswidrig, wenn die in diesem Fall für die öff. Sicherheit rahmengebenden VO aufgrund ihrer
Rechtswidrigkeit nichtig wäre?

Nora Mommsen
20.1.2023, 16:16:35
Hallo Imponderabilie, danke für deine Frage. Genau - die Verordnung und ihre Rechtmäßigkeit prüft man im Rahmen des Punktes "
Öffentliche Sicherheit". Denn dazu gehört auch die
Unverletzlichkeit der Rechtsordnungund damit die Verordnung. Diese ist aber keine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage, da nur von der Exekutive erlassen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Melissa.p.u
17.5.2025, 19:11:16
Irgendwie finde ich die Frage nicht ganz schlüssig, bzw. verstehe diese Antwort darauf nicht. Kann mir das vielleicht nochmal jemand genauer erklären? „Dies wäre richtig, wenn die Verordnung trotz
Rechtswidrigkeit - wie bei Verwaltungsakten - wirksam bliebe. Diese Unterscheidung zwischen
Rechtswidrigkeit und Wirksamkeit ist jedoch gerade ein (verwaltungsaktspezifischer) Ausnahmefall. Sie ergibt sich aus § 43 Abs. 2 und 3 VwVfG. Für Gesetze gilt jedoch grundsätzlich das Nichtigkeitsdogma. Es besagt, dass eine gegen höherrangiges Recht verstoßende Rechtsnorm die ipso-iure-Nichtigkeit, also Nichtigkeit kraft Gesetzes, zur Folge hat. Diese Wirkung tritt ex tunc ein.“
WayanMajere
16.6.2025, 15:26:19
Verwaltungsakte werden bekanntlich nicht automatisch nichtig, nur weil sie
rechtswidrigsind. Insbesondere, wenn diese bestandskräftig und damit nicht mehr anfechtbar sind, muss man mit dem Verwaltungsakt prinzipiell erst mal leben. Für Verordnungen gilt dies nicht. Zwar werden auch sie von der Verwaltung erlassen - wenn bei ihnen jedoch die
Rechtswidrigkeit festgestellt wird, dann werden sie damit auch (als Verstoß gegen höherrangiges Recht) unwirksam. Liegt primär daran, dass zwar der Akteur der selbe ist (die Verwaltung), aber die Form eine andere. Verordnungen sind
Gesetze im materiellen Sinne und müssen entsprechend höheren Anforderungen genügen als Verwaltungsakte.