Bekanntgabe von Verkehrszeichen

6. Juli 2025

15 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Die Straßenverkehrsbehörde ordnet die Errichtung eines absoluten Halteverbots (Verkehrszeichen 283) an. Sodann stellt die Straßenbaubehörde das entsprechende Schild auf.

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Einordnung des Falls

Bekanntgabe von Verkehrszeichen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Verwaltungsakt kann, um wirksam zu werden, auch öffentlich bekannt gegeben werden.

Genau, so ist das!

Ein Verwaltungsakt kann auch öffentlich bekannt gegeben werden. Allerdings setzt dies voraus, dass – wie § 41 Abs. 3 S. 1 VwVfG klarstellt – die öffentliche Bekanntgabe durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 VwVfG) hingegen darf auch ohne zusätzliche Rechtsvorschrift öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Individualbekanntgabe untunlich ist (§ 41 Abs. 3 S. 2 VwVfG). Sofern die öffentliche Bekanntgabe zulässig ist, kommt der Behörde bei der Entscheidung, ob ein Verwaltungsakt öffentlich oder individuell bekanntgeben werden soll, Ermessen zu.
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2. Das Halteverbotszeichen ist ein Verwaltungsakt.

Ja, in der Tat!

Der Regelungsgehalt eines Verkehrszeichens besteht aus einem Verbot, an der gekennzeichneten Stelle zu parken, und einem Wegfahrgebot für unerlaubt haltende Fahrzeuge. Ein Verkehrszeichen, welches ein Ge- oder Verbot anordnet, erfüllt die Voraussetzungen des § 35 S. 2 VwVfG. Aus Sicht der Verkehrsteilnehmer ist auch das Verkehrszeichen als solches ein Verwaltungsakt und nicht nur die straßenverkehrsbehördliche Anordnung. Das Verkehrszeichen, das ein (eingeschränktes) Halteverbot anordnet, ist eine benutzungsregelnde Allgemeinverfügung gemäß § 35 S. 2 Var. 3 VwVfG (=konkret-generelle Regelung). Somit liegt auch eine Einzelfallregelung und keine Rechtsnorm (=abstrakt-generell) vor.

3. Das Halteverbotszeichen wird jedem Verkehrsteilnehmer individuell bekanntgegeben.

Nein!

Entgegen der früheren Ansicht des BVerwG wird ein Straßenschild nicht jedem Verkehrsteilnehmer, der sich im Geltungsbereich des Verkehrszeichens aufhält, individuell im Sinne des § 41 Abs. 1 VwVfG bekanntgegeben. Auch stützt sich die öffentliche Bekanntgabe nicht auf § 41 Abs. 3 VwVfG.Nach heutiger h.M. verdrängen die Spezialvorschriften der StVO den § 41 VwVfG. Die Bekanntgabe von Verkehrszeichen erfolgt durch Aufstellen des Verkehrszeichens als eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe (vgl. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 4 StVO).

4. Das Halteverbotszeichen wird mit der öffentlichen Bekanntgabe gegenüber allen Verkehrsteilnehmern wirksam.

Genau, so ist das!

Das Halterverbotszeichen wird durch die öffentliche Bekanntgabe gegenüber allen Verkehrsteilnehmern wirksam (sogenannte „Ringsumwirkung“). Es wird damit auch gegenüber Abwesenden wirksam.Allerdings sind bei Abwesenden gegebenenfalls Besonderheiten bei dem Beginn von Rechtsbehelfsfristen zu beachten.

5. Für die ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Halteverbotszeichens muss dieses sichtbar aufgestellt werden.

Ja, in der Tat!

Für die Bekanntgabe von Verkehrszeichen gilt der sogenannte Sichtbarkeitsgrundsatz. Danach sind die Verkehrszeichen so aufzustellen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 Abs. 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht sind bei Zeichen, die sich – wie hier – an den ruhenden Verkehr und nicht an den fließenden Verkehr richten, höher. Grundsätzlich besteht aber auch hier nur eine einfache Pflicht zur Umschau und keine Pflicht zur Nachschau.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Biene 🍯

Biene 🍯

16.1.2021, 15:21:37

Ich persönlich finde die Frage, ob das neue Verkehrsschild auch für alte Verkehrsteilnehmer gilt verwirrend. Das klang für mich sehr stark nach Rückwirkung. Vielleicht sollte man diese Frage mal anders formulieren?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

17.1.2021, 15:11:24

Hallo MajaPapaya, welche Frage meinst du? Die nach der das Halteverbotszeichen mit der öffentlichen Bekanntgabe gegenüber allen Verkehrsteilnehmern wirksam wird? Für mich hört sich das nicht nach Rückwirkung an.

CAN

Cansu

15.8.2024, 10:43:08

Die Aussage über die VA-Eigenschaft damit zu begründen, dass es sich um ein Ge- und Verbotsanordnung handelt, erfüllt die Voraussetzung der „Regelung“, die im § 35 S.

1 VwVfG

steht und nicht wie in der Erklärung Normiert eine Voraussetzung des

§ 35 S. 2 VwVfG

. Der Satz 2 definiert lediglich die

Allgemeinverfügung

als solche.

schwemmely

schwemmely

5.11.2024, 15:13:49

Hallo, könnte mir jemand den letzten Satz kurz erläutern,

was m

it "Es besteht nur eine Pflicht zur Umschau und keine Pflicht zur Nachschau" gemeint ist? (steh iwi gerade auf dem Schlauch...) und könnte mir jemand noch erklären, warum die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht Zeichen an den ruhenden Verkehr höher sind?

SUP

supplanto

13.12.2024, 19:42:57

Im ruhenden Verkehr besteht die Möglichkeit, dass der Fahrer sich auch nach Abstellen des

Fahrzeug

s darüber vergewissern kann, ob Verkehrszeichen vorhanden sind. Daher sind insofern höhere Anforderungen zu stellen als im fließenden Verkehr. Zu den Pflichten eines Fahrers gehört generell sich zu vergewissern, ob ein Verkehrszeichen vorhanden ist. Eine darüber hinausgehende Pflicht zur Nachschau wird nur angenommen, wenn es dazu besonderen Anlass gibt, wie bspw. schlechte Sichtverhältnisse.

schwemmely

schwemmely

13.12.2024, 20:33:52

Danke @[supplanto](276300) :))

K.Attalla

K.Attalla

17.3.2025, 22:47:51

Hey, weiß jemand, wo die Frage der Wirksamkeit der Bekanntgabe gegenüber Abwesenden innerhalb der Verwaltungsrechtsklausur relevant werden könnte? Mir fällt keine Fallkonstellation dazu ein, weshalb ich mich mit dem Verständnis gerade etwas schwer tue. Danke vorab!


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