Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Wirksamkeit von Verwaltungsakten

Anforderungen an die Wahrnehmbarkeit von Verkehrszeichen (ÖR Rechtsprechung Jurafuchs 2016)

Anforderungen an die Wahrnehmbarkeit von Verkehrszeichen (ÖR Rechtsprechung Jurafuchs 2016)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Die Straßenverkehrsbehörde ordnet die Aufstellung eines Halteverbotszeichen an. Ein Mitarbeiter der Straßenbaubehörde stellt das Schild so auf, dass es durch ein Gebüsch am Straßenrand so verdeckt wird, dass es nicht mehr sichtbar ist.

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Einordnung des Falls

Anforderungen an die Wahrnehmbarkeit von Verkehrszeichen (ÖR Rechtsprechung Jurafuchs 2016)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Verkehrszeichen wird durch öffentliche Bekanntgabe wirksam.

Ja!

Die Bekanntgabe von Verkehrszeichen erfolgt durch Aufstellen des Verkehrszeichens als eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe (vgl. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 4 StVO). Das Verkehrszeichen wird durch die öffentliche Bekanntgabe gegenüber allen Verkehrsteilnehmern wirksam (sogenannte „Ringsumwirkung“).
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2. Für die ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Halteverbotszeichens muss dieses sichtbar aufgestellt werden.

Genau, so ist das!

Für die Bekanntgabe von Verkehrszeichen gilt der sogenannte Sichtbarkeitsgrundsatz. Danach sind die Verkehrszeichen so aufzustellen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 Abs. 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht sind bei Zeichen, die sich an den ruhenden Verkehr und nicht an den fließenden Verkehr richten, höher. Grundsätzlich besteht aber auch hier nur eine einfache Pflicht zur Umschau und keine Pflicht zur Nachschau.

3. Das Halteverbotszeichen ist wirksam.

Nein, das trifft nicht zu!

Verkehrszeichen sind nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz so aufzustellen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 Abs. 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann.Auch wenn sich das Zeichen an den ruhenden Verkehr richtet und somit höhere Anforderungen an die Sorgfaltspflicht gelten, ist das Schild laut Sachverhalt nicht durch Umschau sichtbar. Das Halterverbotszeichen genügt damit nicht dem Sichtbarkeitsgrundsatz , sodass es mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe unwirksam ist.Eine Nachschaupflicht würde nur dann in Betracht kommen, wenn die konkrete Situation Anlass dazu bietet (zum Beispiel bei Dunkelheit oder beim Vorfinden eines sehr hohen Fahrzeugs, welches das Verkehrszeichen verdecken könnte). Im Übrigen entfällt bei nachträglicher Unkenntlichkeit von Verkehrszeichen nur die innere Wirksamkeit.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

23.12.2020, 09:01:43

Den letzten Satz verstehe ich nicht, was bedeutet denn der Wegfall der "inneren Wirksamkeit"? 🤔 Wäre ja interessant, was passiert, wenn ein Gebüsch ein zunächst sichtbares Schild zuwächst.

TJU

Tr(u)mpeltier junior

23.12.2020, 20:51:03

Absolut berechtigte Frage, insbesondere da das Gesetz selbst nicht ausdrücklich zwischen äußerer und innerer Wirksamkeit differenziert. Nichtsdestotrotz geht man davon aus, dass ein Verwaltungsakt erst das Licht der Welt erblickt, wenn er zumindest 1 person ggü bekanntgegeben wird (sog. Äußere Wirksamkeit). Die Bekanntgabe erfolgt aber nicht unbedingt ggü allen Adressaten gleichzeitig. So ist es zB in baurechts klausuren häufig so, dass dem Nachbar eine Baugenehmigung erst später bekannt gegeben wird. Diesbezüglich spricht man dann von der inneren Wirksamkeit. U.a. für den Lauf der rechtsbehelfsfristen ist diese individuelle Bekanntgabe maßgeblich (wobei im baurecht noch die Besonderheit hinzukommt, dass die faktische Kenntnisnahme des Baus jedenfalls die Jahresfrist auslöst, 58 II vwgo).

TJU

Tr(u)mpeltier junior

23.12.2020, 20:54:43

Wie in der Lösung richtig ausgeführt wird, ist das Schild niemandem bekannt gegeben worden. Denn von Anfang an war es nicht zu erkennen. Damit fehlt es schon an der äußeren Wirksamkeit. Wird es dagegen später uberwuchert oder von Dreck verdeckt, so ändert dies nichts an dieser äußeren Wirksamkeit,der VA bleibt in der Welt. Der einzelne Verkehrsteilnehmer muss sich indes nicht mehr daran halten, denn ihm gegenüber ist die Bekanntgabe nicht erfolgt. Es fehlt also an der inneren Wirksamkeit.

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

23.12.2020, 21:07:31

Ah ok danke! Das Konzept kannte ich, hatte nur die Begrifflichkeiten noch nie gehört ^^

LAULAUA

LaulauAC

15.5.2024, 13:19:47

Stimmt das? Ich habe die sog. Ringsumwirkung so verstanden, dass das Verkehrszeichen ggü. allen Verkehrsteilnehmern und damit auch Abwesenden ggü. bekanntgegeben wird.

REUS04

Reus04

20.4.2023, 17:44:14

Vorher hieß es mal: „eine nicht ordnungsgemäße Bekanntgabe hat nach h.M. grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit zur Folge“. Aber hier liegt doch Unwirksamkeit vor oder?

NI

Nilson2503

30.9.2023, 15:11:23

Dafür müsste der VA aber ja dennoch zugegangen sein (§ 8 VwZG). Dadurch, dass das Schild zu keinem Zeitpunkt für jemanden sichtbar war, wurde es praktisch nie bekanntgegeben.

STE

Stella2244

12.6.2024, 21:19:26

Wie verhält sich der letzte Satz mit der inneren Unwirksamkeit zu der zuvor genannten Ringsumwirkung. ist das nicht widersprüchlich?


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