+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A glaubt, ihr Sohn hätte den Zaun der Nachbarin N aufgrund As mangelnder Aufsicht beschädigt. N geht ebenfalls davon aus. A zahlt N €200 Schadensersatz. Später stellt sich heraus, dass die Tochter von Nachbarin X, den Zaun beschädigt hat.
Einordnung des Falls
Beidseitiger Irrtum (RGZ 44, 136, 143)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat eine Drittleistung (§ 267 BGB) für X erbracht.
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Nein, das ist nicht der Fall!
Die Drittleistung setzt voraus, dass der Leistende eine entsprechende Tilgungsbestimmung abgibt. Diese Tilgungsbestimmung muss aussagen, dass mit der Zahlung eine fremde Schuld getilgt werden soll. A ging hier von einer eigenen Verpflichtung zum Schadensersatz aus (§ 832 Abs. 1 S. 1 BGB). A wollte keine fremde Schuld der X tilgen, sondern eine eigene. Eine Drittleistung scheidet aus.
2. N hat etwas durch Leistung der A erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Ja, in der Tat!
„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jedwede Verbesserung der Vermögenslage. Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Ob eine solche vorliegt, beurteilt sich dabei aus der Sicht eines objektiven Empfängers
N hat €200 erlangt. A hat bewusst Ns Vermögen gemehrt. Bei der Zahlung der A an N handelte A in Erfüllung der vermeintlich aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB bestehenden eigenen Schuld. Auch ein objektiver Empfänger musste hier annehmen, dass A in Erfüllung der eigenen Schuld handelte.
3. A hat einen Anspruch auf Herausgabe der €200 aus Leistungskondiktion gegen N (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Ja!
Die Leistungskondiktion setzt voraus, dass der Anspruchssteller etwas durch Leistung und ohne Rechtsgrund erlangt hat. N hat €200 durch Leistung der A erlangt. Da A nicht aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet war, besteht auch kein Rechtsgrund für die Zahlung. N ist zur Herausgabe verpflichtet.